Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 18. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juni 2015 sowie des Bescheids vom 11. August 2016 verurteilt, der Klägerin die mit Schreiben vom 20. Januar 2015 beantragten Straffungsoperationen an Bauch, Brust, Oberarmen und Oberschenkeln als Sachleistung zu gewähren.

2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für Straffungsoperationen an Bauch, Oberarmen, Oberschenkeln und Brüsten.

Mit Schreiben vom 20. Januar 2015 beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für eine postbariatrische Wiederherstellungsoperation. Seit einer Schlauchmagenoperation im Jahr 2013 habe sie ca. 60 Kilogramm an Gewicht verloren und leide aufgrund der starken Hautüberschüsse an Infektionen und entzündlichen Veränderungen in den Hautfalten, die auch nach konservativen Maßnahmen stets wiederkehrten. Ihre Bewegungsfreiheit sei eingeschränkt, und sie leide bei körperlicher Betätigung aufgrund der “losen" Haut an Schmerzen. Zudem sei sie durch die starken Hautüberschüsse körperlich entstellt. Die medizinische Notwendigkeit eines operativen Eingriffs bestätigten diverse medizinische Atteste.

Die Beklagte teilte der Klägerin am 21. Januar 2015 mit, dass sie die Antragsunterlagen an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) zur Begutachtung weitergeleitet habe.

Mit Bezugnahme auf die Stellungnahme des MDK am 26. Februar 2015 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für den beantragten Eingriff mit Schreiben vom 18. März 2015 ab. Eine Beeinträchtigung der Körperfunktionen sowie therapierefraktäre Hautinfekte seien nicht nachweisbar. Eine entstellende Wirkung läge ebenfalls nicht vor.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 17. April 2015 Widerspruch ein.

Am 31. März 2015 erhob sie Klage beim Sozialgericht München. Ein Anspruch auf Sachleistungen ergebe sich aus § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V. Die Genehmigungsfiktion ersetze den positiven Bewilligungsbescheid und sei keine Genehmigung zweiter Klasse. Eine Prüfung der medizinischen Notwendigkeit sei nicht erforderlich. Auch durch Verzögerungen beim MDK könne sich die Beklagte nicht entlasten.

Die Beklagte erwiderte in ihrem Schreiben vom 18. Mai 2015, dass § 13 Abs. 3a SGB V nur Kostenerstattungsansprüche, aber keine Sachleistungsansprüche erfasse. Mithin gelte die Genehmigungsfiktion nur für Leistungen, die medizinisch erforderlich seien. Da es sich bei der Klägerin um eine rein kosmetische Operation handele, sei dies nicht der Fall.

Mit Bescheid vom 9. Juni 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und lehnte die Kostenübernahme ab, da eine Operation am - krankenversicherungsrechtlich betrachtet - gesunden Körper keine Behandlung darstelle, die medizinisch notwendig sei.

Mit Schreiben vom 18. August 2015 legte die Klägerin eine vertragsärztliche Verordnung der Drs. D. und E. vom 27. Juli 2015 für eine Wiederherstellungsoperation der überschießenden Hautlappen vor und verwies in diesem Zusammenhang auf das Urteil des SG München vom 16. April 2015 (S 2 KR 974/14).

In der Sitzung am 11. August 2016 hat der Beklagtenvertreter den Eintritt der Genehmigungsfiktion anerkannt und zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt, dass er die Genehmigungsfiktion nach Ablauf der Anhörungsfrist gemäß § 45 SGB X zurücknehme. Da die Leistung bislang weder selbst beschafft noch eine Vermögensdisposition getroffen worden sei, wirke das öffentliche Interesse daran, dass keine rechtswidrigen Leistungen gewährt werden höher, als die schutzwürdigen Interessen eines Einzelnen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juni 2015 sowie des Bescheids vom 11. August 2016 zu verurteilen, der Klägerin die beantragte Sachleistung an Bauch, Brust, Oberarmen und Oberschenkeln zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die vom Gericht beigezogene Verwaltungsakte und die Gerichtsakte.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage führt in der Sache zum Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung der beantragten Straffungsoperationen als Sachleistung durch die Beklagte, da die gesetzliche Genehmigungsfiktion eingetreten ist und diese von der Beklagten nicht wirksam aufgehoben wurde. Die ergangenen entgegenstehenden Bescheide waren daher rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.

1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 1, 5 SGG) statthaft.

Mit der echten Leistungsklage kann die Verurteilung zu einer Leistung begehrt werden, auf die ein Rechtsanspruch besteht, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Ein solcher Fall ist bei Eintritt der gesetzlichen Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V gegeben (vgl. SG Augsburg, Urteil vom 12.04.2016, S 10 KR 50/15; SG Augsburg, Urteil vo...

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