Entscheidungsstichwort (Thema)
Absenkung der vom Grundsicherungsträger übernommenen Unterkunftskosten auf die Angemessenheitsgrenze
Orientierungssatz
1. Soweit die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft den angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder zumutbar ist, die Aufwendungen zu senken, längstens jedoch für sechs Monate.
2. Eine Kostensenkung ist u. a. möglich durch Umzug, teilweise Untervermietung oder durch Verhandlungen mit dem Vermieter.
3. War der Grundsicherungsberechtigte nicht gehindert, sich um eine Kostensenkung zu bemühen, so ist der Grundsicherungsträger berechtigt, die Übernahme der Kosten für die Unterkunft sechs Monate nach der Kostensenkungsaufforderung auf die angemessenen Kosten zu beschränken.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 23. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2015 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig sind zwischen den Beteiligten dieses sozialgerichtlichen Verfahrens Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere die Bedarfe für Unterkunft und Heizung.
Der 1960 geborene Kläger lebt gemeinsam mit seiner 1944 geborenen Mutter in einer 130 qm großen Vier-Zimmer-Wohnung zu einer Nettokaltmiete von monatlich 1.690,- Euro zuzüglich 130,- Euro Heiz- sowie 187,45 Euro Nebenkosten.
Auf seinen Erstantrag vom 14. August 2014 bewilligte der Beklagte ihm mit Bescheid vom 5. September 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für August 2014 bis Januar 2015 in Höhe von monatlich 1.386,22 Euro und übernahm von seinen tatsächlichen Unterkunftskosten die Hälfte, da die andere Hälfte auf die Mutter entfiel. Mit Schreiben vom gleichen Tag forderte er den Kläger auf, die Unterkunftskosten zu senken, da die Wohnung unangemessen teuer sei. Er wurde darauf hingewiesen, dass die tatsächliche Miete nur noch bis 31. März 2015 berücksichtigt werde. Aufgrund einer Änderung der Mietobergrenzen des Beklagten informierte dieser den Kläger am 8. Oktober 2014, dass die angemessenen Unterkunftskosten monatlich 610,- Euro zuzüglich Heizkosten betragen würden; die tatsächliche Miete werde nur bis 30. April 2015 berücksichtigt. In der Weiterbewilligung für den Zeitraum Februar bis Juli 2015 übernahm der Beklagte wieder die Hälfte der tatsächlichen Unterkunftskosten.
Mit Bescheid vom 23. Juli 2015, geändert durch Bescheid vom 29. November 2015, bewilligte der Beklagte Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum August 2015 bis Januar 2016 in Höhe von monatlich 1.059,51 Euro. Hierbei übernahm er nur noch die aus seiner Sicht angemessene Miete: Er berücksichtigte nunmehr monatlich nur noch 494,03 Euro der Nettokaltmiete sowie 115,98 Euro der Nebenkosten, also gesamt 610,01 Euro, was seiner Mietobergrenze entsprach, zuzüglich 50,50 Euro Heizkosten. Ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht München sowie die hierzu eingelegte Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht blieben erfolglos. Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23. Juli 2015 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2015 als unbegründet zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 23. Dezember 2015 durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage zum Sozialgericht München erhoben. Der Beklagte habe anteilig die volle Hälfte der tatsächlichen Unterkunftskosten zu übernehmen. Aufgrund einer schweren Erkrankung sei es dem Kläger nicht zumutbar gewesen, in der Zeit zwischen 10. November 2014 und 21. Juli 2015 einen Umzug durchzuführen. Seine Bemühungen um eine andere Wohnung seien erfolglos geblieben. Auch müsse er sich um seine kranke Mutter kümmern. In der großen Wohnung hätte die Familie ursprünglich zu viert gelebt, bis sein Bruder und seine Großmutter verstorben seien.
Der Kläger hat dem Gericht sehr umfangreiche, unsortierte Unterlagen übermittelt, zuletzt über 500 Seiten am 5. Februar 2018 einen Tag vor der mündlichen Verhandlung. Darin findet sich eine Bewerbung um eine Vier-Zimmer-Wohnung in H. von Juli 2015 sowie zahlreiche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die auch den Zeitraum 10. November 2014 bis 21. Juli 2015 betreffen, diesen aber nicht lückenlos abdecken. Nach diesen Attesten war der Kläger arbeitsunfähig vom 10. November bis 28. Dezember 2014, vom 5. bis 12. Januar 2015, vom 16. bis 20. Februar 2015, vom 3. bis 10. März 2015, vom 17. bis 24. März 2015, vom 22. bis 26. Juni 2015, vom 2. bis 9. Juli 2015 sowie vom 14. bis 21. Juli 2015.
Mit Schreiben vom 17. Januar 2018, Eingang bei Gericht am 2. Februar 2018, hat der Kläger beantragt, die Klage auf die Bescheide vom 2. Februar, 20. Juli 2016 sowie 17. Januar 2017 zu erstrecken.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 23. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2015 dahingehend abzuändern, dass ihm für den Zeitraum von August 2015 bis Januar 2016...