Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlung einer Aufwandspauschale durch die Krankenkasse an das Krankenhaus bei erfolgloser Auffälligkeitsprüfung der Krankenhausabrechnung
Orientierungssatz
1. Bei Vorliegen der Prüfvoraussetzungen des § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5 und falls die Prüfung durch den MDH nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags des Krankenhauses führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale von 300.- €. zu entrichten, sofern ein erhöhter Aufwand seitens des Krankenhauses vorliegt und das Prüfverfahren nicht aufgrund fehlerhafter Datenübermittlung seitens des Krankenhauses veranlasst worden ist.
2. Der MDK darf bei einer sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung nicht, sondern ausschließlich bei einer sog. Auffälligkeitsprüfung i. S. von § 275 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. SGB 5 eingeschaltet werden.
3. Die Anzeige eines Prüfauftrags nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5 ist ein Indiz dafür, dass tatsächlicher Prüfanlass die Auffälligkeitsprüfung gewesen ist.
4. Hat sich durch die Prüfung keine Rechnungsminderung ergeben, so hat die Krankenkasse dem Krankenhaus die Aufwandspauschale von 300.- €. zu entrichten.
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 300 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.10.2015 zu bezahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung einer Aufwandspauschale in Höhe von 300 €.
Die Beklagte leitete eine Prüfung gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ein und beauftragte hierfür den medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) mit der Fragestellung, ob die Hauptdiagnose bezüglich des im Jahre 1929 geborenen und im Krankenhaus der Klägerin vom 15.10.2014 bis 20.10.2014 behandelten Patienten C. korrekt sei. Mit Gutachten vom 05.06.2015 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass nach Einsicht in die vorgelegten Unterlagen im Beratungszimmer die Hauptdiagnose ICD-10 Z08.8 korrekt kodiert sei. Daraufhin stellte die Klägerin 300 € für den erfolgten Aufwand in Rechnung.
Mit Schreiben vom 22.06.2015 entgegnete die Beklagte, dass die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit unter Einbeziehung des MDK erforderlich gewesen sei, da die Frage zu klären gewesen sei, ob bei der Kodierung der Hauptdiagnose die Vorgaben der Kodierrichtlinien beachtet worden seien. Es würde keine Auffälligkeitsprüfung in dem Sinne vorliegen, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot durch das Krankenhaus nicht beachtet worden wäre, sondern eine Kontrolle der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Rechnung, die die Beklagte ohne medizinische Bewertung durch den MDK nicht habe durchführen können. Die Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit einer Krankenhausabrechnung würde nach der Rechtsprechung des ersten Senats des BSG einem eigenen Prüfregime unterliegen und könne keine Aufwandsentschädigung nach sich ziehen. Die Aufwandspauschale werde daher nicht entrichtet.
Die Klägerin erhob daraufhin am 15.10.2015 Leistungsklage zum Sozialgericht München. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass das Prüfregime auf sachlich-rechnerische Richtigkeit keinen Anhalt im Gesetz habe und der entsprechenden Rechtsprechung des ersten Senats des BSG daher nicht zu folgen sei. Auch die Beklagte sei selbstverständlich davon ausgegangen, dass sie eine Auffälligkeitsprüfung im Sinne von § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in Auftrag gegeben habe, wie das Schreiben des MDK vom 21.11.2014 deutlich zeigen würde. Sie müsse sich daran festhalten lassen und könne nicht nachträglich behaupten, dass in Wirklichkeit eine Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit vorliegen würde.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 300 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte habe den MDK mit einer gutachterlichen Stellungnahme zur Frage einer richtlinienkonformen Kodierung der Hauptdiagnose beauftragt. Das BSG habe mehrfach entschieden, dass eine Aufwandspauschale nur dann zu bezahlen sei, wenn eine Auffälligkeitsprüfung im Sinne von § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V eingeleitet worden sei. Dieses würde jedoch ausschließlich bei Prüfungen auf wirtschaftliche Erbringung von Krankenhausleistungen zutreffen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 21.04.2015, Az. B 1 KR 6/15 R, Rn. 18).
Die Auffälligkeitsprüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V sei nur dann einschlägig, wenn Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder der Erkrankungsverlauf Anlass für die Fallprüfung geben würde. Gründe sich demgegenüber das Prüfverfahren auf einen anderen Anlass, sei § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht einschlägig mit der Folge, dass auch eine Aufwandspauschale nicht zu entrichten sei. Der nunmehr allein zuständige erste Senat des BSG habe die zuvor abweichende Auffassung des dritten Senats des BSG ausdrücklich aufgegeben.
Bei einer sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung werde die gutachterliche Stell...