Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Berücksichtigung von Vermögen bei der Ermittlung des Hilfebedarfs, Grundstück mit Einfamilienhaus als anrechenbares Vermögen. Berücksichtigung eines Kellerraums bei der Wohnflächenberechnung. Angemessenheitsgrenze für Grundstücksflächen im ländlichen Bereich
Orientierungssatz
1. Ein Kellerraum ist bei der Ermittlung der Wohnfläche für ein selbstgenutztes Eigenheim eines Empfängers von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn er durch den Hauseigentümer möbliert wurde. Dies gilt jedenfalls dann, wenn für die Nutzung als Wohnraum eine baurechtliche Genehmigung nicht besteht.
2. Bei einem im ländlichen Bereich gelegenen Hausgrundstück eines Empfängers von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende kann auch eine Gesamtgrundstücksfläche von 875 Quadratmetern als noch angemessen angesehen werden, sodass eine Verwertungspflicht nicht besteht.
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung seiner mit dem Bescheid vom 19. Dezember 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2018 verlautbarten sozialverwaltungsbehördlichen Ablehnungsentscheidung verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum vom 01. Oktober 2018 bis zum 31. März 2019 passive Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) als Zuschuss zuzuerkennen.
Der Beklagte hat der Klägerin die ihr entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens dem Grunde nach in voller Höhe zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01. Oktober 2018 bis zum 31. März 2019 als Zuschuss.
Die im November 1957 geborene Klägerin und ihr im März 1954 geborener Lebensgefährte sind je zur Hälfte Eigentümer eines Hausgrundstückes, das mit einem unterkellerten Einfamilienhaus (Erd- und Dachgeschoss) bebaut ist, das seit der Fertigstellung in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts von beiden gemeinsam bewohnt wird. Das Grundstück besteht aus zwei Flurstücken mit insgesamt 875 Quadratmetern (Flur X, Flurstück XX: 494 Quadratmeter, Flur X, Flurstück XY: 381 Quadratmeter). Die Wohnfläche des Hauses beträgt nach Auffassung des Beklagten mindestens 116,24 Quadratmeter, wobei er hierzu auch einen im Keller befindlichen, voll möblierten, 21,47 Quadratmeter großen Raum zählt, in dem der Lebensgefährte der Klägerin seinen täglichen Mittagsschlaf abhält. Der Lebensgefährte bezog - unter Zugrundelegung eines am 29. Januar 2014 eingetretenen Versicherungsfalls (ein unter 3 Stunden täglich herabgesunkenes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) - eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von März 2017 bis November 2019 (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg vom 28. März 2017), deren Nettozahlbetrag im streitigen Zeitraum monatlich 646,36 Euro betrug; seit Dezember 2019 bezieht er eine Altersrente.
Den von der Klägerin und ihrem Lebensgefährten am 30. August 2018 gestellten Antrag, ihnen ab dem 01. Oktober 2018 jeweils Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Zuschuss zu gewähren, lehnte der Beklagte für den Zeitraum vom 01. Oktober 2018 bis zum 31. März 2019 mit der Begründung ab, das selbstgenutzte Hausgrundstück sei bei einer Wohnfläche des Hauses von 116,24 Quadratmetern nicht von angemessener Größe im Sinne des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II, dies wäre vielmehr nur der Fall, wenn die Wohnfläche 90 Quadratmeter nicht überschreite. Die genannte Wohnflächengrenze könne zwar nicht als quasi normative Größe herangezogen werden, sondern bedürfe beim Vorliegen besonderer Umstände einer Anpassung. Solche Umstände lägen aber nicht vor. Bei dem Hausgrundstück handele es sich daher um verwertbares Vermögen, dessen Verkehrswert (nach Abzug noch bestehender Verbindlichkeiten) die Vermögensfreibeträge übersteige (Bescheid vom 24. September 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2018). Stattdessen bewilligte der Beklagte der Klägerin für den streitigen Zeitraum darlehensweise Arbeitslosengeld II (Bescheid vom 25. September 2018 in der Gestalt des weiteren Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2018 ≪Oktober 2018 bis November 2018≫, Änderungsbescheid vom 20. Dezember 2018 ≪Dezember 2018 bis März 2019≫.
Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2018 - bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangen am gleichen Tage - hat die anwaltlich vertretene Klägerin (nur) gegen die mit dem Bescheid des Beklagten vom 24. September 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2018 verlautbarte sozialverwaltungsbehördliche Ablehnungsentscheidung des Beklagten Klagen erhoben, mit denen sie ihr auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss gerichtetes B...