Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsförderungsrecht: Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Anforderungen an die Folgenabwägung im sozialgerichtlichen Eilverfahren über die vorläufige Verlängerung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung
Orientierungssatz
Kann im sozialgerichtlichen Eilverfahren über die Verlängerung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht erfolgen, ist im Rahmen einer Folgenabwägung über die vorläufige Verlängerung der Erlaubnis zu entscheiden. Dabei stellt mit Blick auf den Eigentumsschutz und die Berufsfreiheit des Unternehmens eine vorläufige Zuerkennung der Erlaubnis regelmäßig das gebotene Abwägungsergebnis dar, da in diesem Fall die möglichen Nachteile aus einer später abzuändernden Entscheidung auch mit Blick auf die Interessen der Beschäftigten weniger folgenreich sind.
Tenor
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege einer gerichtlichen Regelungsanordnung im Sinne von § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung über den 2. März 2019 hinaus für ein weiteres Jahr bis zum 2. März 2020, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, zu erteilen.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Eilverfahrens zu tragen.
3. Der endgültige Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.
Gründe
Gem. § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine Einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Dies ist vorliegend der Fall. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 = BVerfGE 5,237). Dabei sind die grundrechtlichen Belange des Betroffenen umfassend in die Abwägung einzustellen.
Wird mit der Versagung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung in die durch Artikel 12 Grundgesetz (GG) und Artikel 14 GG geschützte Berufs- und Gewerbefreiheit des Betroffenen eingegriffen, sind solche Maßnahmen nur unter strengen Voraussetzungen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft (vgl. u. a. BVerfG vom 2. März 1977 - 1 BvR 124/76 = BVerfGE 44,105).
Erginge die Einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich der Widerspruch bzw. eine Klage in der Hauptsache später als begründet, so entstünden der Antragstellerin schon jetzt schwere und kaum wieder gut zu machende Nachteile. Sie hätte ihre Geschäftstätigkeit bezüglich der Arbeitnehmerüberlassung einzustellen. Es steht zu befürchten - wie der Bevollmächtigte der Antragstellerin darlegt - den Kundenkreis zu verlieren und die Leiharbeitnehmer kündigen zu müssen und somit nicht wiedergutzumachende wirtschaftliche Folgen würden eintreten. Hätte der Widerspruch bzw. die Klage in der Hauptsache später keinen Erfolg, könnte die Antragstellerin ihre Arbeitnehmerüberlassung vorübergehend weiter betreiben. Die Folgen einer solchen zeitlichen Verzögerung der Betriebseinstellung fallen auch in Ansehung der Rechte der Leiharbeitnehmer weniger ins Gewicht (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Januar 2018 - L 18 AL 209/17 B ER -juris).
Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass nach summarischer Prüfung es gravierende Versagensgründe gem. § 3 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) nicht erkennen kann. Insbesondere liegen keine arbeitsrechtlichen Verstöße zum Nachteil der Arbeitnehmer oder der Leiharbeitnehmer vor.
Zu berücksichtigen ist hierbei ferner, der Entscheidungsvorschlag des Prüfteams vom ... auf den Verlängerungsantrag, wonach keine/unwesentliche Beanstandungen (Kommentarlose Verlängerung) festgestellt wurden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Streitwert war gem. § 197 a Abs. 1 SGG nach der wirtschaftlichen Bedeutung gem. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz auf 5.000,- € festzusetzen.
Fundstellen
Dokument-Index HI13545462 |