Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwillige Versicherung. Beitragsbemessung. hälftige Berücksichtigung des Ehegatteneinkommens. Satzungsregelung. Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler. hinreichende Rechtsgrundlage. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die vom GKV-Spitzenverband erlassenen Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler stellen als untergesetzliche Normen ab 1.1.2009 eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung dar.
2. Eine Satzungsbestimmung aufgrund der Ermächtigung des § 240 Abs 1 SGB 5 idF vom 20.12.1988 darf eine Beitragsbemessung nach der Hälfte der Einnahmen des Ehegatten auch dann vorsehen, wenn die eigenen geringeren Einnahmen des Mitglieds seinen Lebensunterhalt decken. Auch dann prägen die höheren Einnahmen des Ehegatten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds iS von § 240 Abs 1 S 2 SGB 5 vom 20.12.1988 mit, denn grundsätzlich haben die nicht getrennt lebenden Ehepartner, die im gemeinsamen Unterhaltsverband gleichwertige Leistungen erbringen, auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinschaftlich Erwirtschafteten, das ihnen zu gleichen Teilen zuzurechnen ist (vgl BSG vom 28.9.2011 - B 12 KR 9/10 R = Die Beiträge Beilage 2012, 132). Etwas anderes ergibt sich nicht für die Zeit ab dem 1.1.2009.
3. Die Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten bei der Festsetzung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung nach § 2 Abs 4 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die Höhe der von der Klägerin vom 01.05. bis 30.06.2011 zu entrichtenden Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung. Streitig ist hierbei insbesondere, ob bei der Festsetzung der Beiträge das Einkommen ihres Ehemannes zu berücksichtigen ist.
Die … geborene, verheiratete und kinderlose Klägerin ist seit 01.07.1994 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Der Ehemann der Klägerin ist privat krankenversichert.
Ausweislich des an die Eheleute gerichteten Steuerbescheides für das Jahr 2009 erzielte der Ehemann der Klägerin in diesem Jahr Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 2.647,00 €, aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 5.053,00 € sowie aus einer privaten Rentenversicherung in Höhe von 14.859,00 €, somit insgesamt in Höhe von 22.559,00 €. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 2.432,00 €. Ausweislich des am 06.04.2011 bei dem Beklagten eingegangenen Einkommensfragebogen erhält die Klägerin daneben eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 282,85 € monatlich.
Auf der Grundlage der zugrunde zu legenden monatlichen Gesamteinkünfte beider Ehegatten in Höhe von 2.356,93 € berechneten die Beklagten die von der Klägerin zu entrichtenden Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung und teilten ihr mit Bescheid vom 30.05.2011 mit, dass sie ab 01.05.2011 als neuen Beitrag für die Krankenversicherung 177,29 € monatlich und zur Pflegeversicherung einen Betrag in Höhe von 22,98 € monatlich, also insgesamt im Monat einen Betrag in Höhe von 200,27 € zu entrichten habe.
Hiergegen legte die Klägerin am 28.06.2011 Widerspruch mit der Begründung ein, ihre Beiträge würden auch nach dem Einkommen ihres Ehegatten berechnet, auf das sie in keiner Weise Einfluss habe. Ihr Ehegatte bezahle demnach zwangsweise einen Beitrag an die Beklagten, obwohl er mit diesen nicht das Geringste zu tun habe. Gegenüber Ehegatten, die in einer gesetzlichen Krankenkasse Mitglied seien, stelle dies eine ungleiche Behandlung dar, die gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße.
Der bei den Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss Kranken- und Pflegekasse wies mit Widerspruchsbescheid vom 22.11.2011 diesen Widerspruch als unbegründet im Wesentlichen mit der Begründung zurück, das Einkommen des Ehemannes, der nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sei, habe bei der Beitragsberechnung anteilig berücksichtigt werden müssen. Die zugrunde liegenden Regelungen seien eingehalten worden und rechtskonform. Eine Ungleichbehandlung von Familien, in denen ein Ehepartner nicht gesetzlich krankenversichert sei, sei vom Gesetzgeber gewollt und finde sich nicht nur in den Bestimmungen zur Beitragsberechnung.
Hiergegen hat die Klägerin am 21.12.2011 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage mit dem Begehren erhoben, ihre Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ohne Einbeziehung der Einnahmen ihres Ehemannes als beitragspflichtiges Einkommen festzusetzen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgebracht, die vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) festgesetzten Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, auf die die Beklagten ihre Entscheidungen stützten, seien keine rechtmäßige und taugliche Berechnungsgrundlage für die Beiträge von f...