Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Unterkunftskostenzuschuss bei Ausbildungsförderungsbezug. Berechnung der ungedeckten angemessenen Unterkunftskosten. Einkommensberücksichtigung. Kindergeld. Absetzung der Versicherungspauschale

 

Orientierungssatz

1. Die Anwendung einer niedrigeren Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten iS von § 22 Abs 7 S 1 SGB 2 von Auszubildenden bzw Studenten (hier 165 Euro einschließlich Betriebskosten), weil Jugendliche oder junge Erwachsene unter 21 Jahren auf die Anmietung eines Zimmers zB in einer Wohngemeinschaft verwiesen werden könnten, ist mangels Rechtsgrundlage unzulässig.

2. Nach § 22 Abs 7 SGB 2 erhält ein Auszubildender iS der Norm einen Zuschuss zu seinen ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Ungedeckt sind diese Kosten nur dann, wenn sie auch nach Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen des Auszubildenden ungedeckt sind. Dabei setzt § 22 Abs 7 S 1 SGB 2 eine vollständige Bedürftigkeitsprüfung nach §§ 9, 11, 12 SGB 2 voraus, bei der das dem Auszubildenden zur Verfügung stehende Kindergeld als dessen Einkommen zu berücksichtigen ist.

3. Die Vorschrift des § 19 S 2 SGB 2, nach der der Unterkunftskostenzuschuss gem § 22 Abs 7 SGB 2 nicht als Arbeitslosengeld II gilt, hat lediglich zur Folge, dass keine Sozialversicherungspflicht eintritt. Sie ändert nicht die Einordnung des Zuschusses als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts.

4. Von dem dem volljährigen Auszubildenden zuzuordnenden Kindergeld ist die Versicherungspauschale nach § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB 2 iVm § 6 Abs 1 Nr 1 AlgIIV 2008 abzusetzen.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Höhe eines Zuschusses zu den ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1987 geborene Antragsteller (Ast.) bewohnt seit dem 01.08.2005eine Wohnung in …. Die Wohnung ist 42 m² groß (Bl. 7 der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin [VA]). Die monatliche Kaltmiete beträgt 230,00 EUR (Bl. 14 VA). Darüber hinaus zahlt der Ast. eine monatliche Nebenkostenvorauszahlung (ausschließlich Strom, Kabelfernsehgebühren und Internetanschlussgebühren) sowie eine monatliche Heizkostenvorauszahlung in Höhe von - seit dem 01.01.2008 - jeweils 50,00 EUR (Bl. 16 VA).

Der Ast. absolvierte in der Vergangenheit eine Ausbildung und besucht jetzt, seit August 2007, die … (Fachoberschule) in …. Dafür bezieht er Leistungen nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz [BAföG]) in Höhe von 236,00 Euro monatlich (Bl. 17 VA). Darin enthalten ist die in § 12 Abs. 2 Nr. 2 BAföG enthaltene Wohnkostenpauschale in Höhe von 52,00 EUR sowie der in § 12 Abs. 3 BAföG vorgesehene Erhöhungsbetrag in Höhe von 64,00 Euro, in Summe 116,00 EUR. Der Ast. erhält außerdem Kindergeld in Höhe von monatlich 154,00 EUR (Bl. 18 VA), das ihm zur Verfügung steht, sowie Geldleistungen seiner Eltern in Höhe von monatlich 245,00 EUR (Bl. 2 GA).

Am 29.11.2007 (Bl. 7 VA) beantragte der Ast. einen Zuschuss zu den ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung für Auszubildende bei der Antragsgegnerin (Ag.). Mit Bescheid vom 22.01.2008 lehnte die Ag. den Antrag mit der Begründung ab, der Ast. könne seine Kosten für Unterkunft und Heizung mit den von ihm nachgewiesenen Einkommensverhältnissen ausreichend mit eigenen Mitteln bestreiten (Bl. 32 VA).

Dagegen legte der Ast. am 07.02.2008 Widerspruch ein (Bl. 3 VA), den die Ag. mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2008 (in der VA vorgeheftet) zurückwies. Die angemessenen Mietkosten einschließlich der Betriebskosten betrügen in … für einen Schüler 165,00 EUR, da sich Jugendliche und junge Erwachsene unter 21 Jahren auf die Anmietung eines Zimmers, ggf. in einer Wohngemeinschaft, beschränken müssten. Zuzüglich Heizkosten in Höhe von höchstens 1,00 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche betrügen die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung 207,00 EUR. Dieser Betrag sei auch gedeckt, und zwar in Höhe von 116,00 EUR durch BAföG-Leistungen und in Höhe der weiteren 91,00 EUR durch das anzurechnende Kindergeld.

Am 11.04.2008 hat der Ast. vor dem Sozialgericht Schleswig um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht (Bl. 1 GA).

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, Auszubildende und Schüler könnten ebenso wenig dazu gezwungen werden, eine Wohngemeinschaft zu gründen, wie Studenten dazu, in ein Studentenwohnheim zu ziehen. Daher müsse ein Betrag von monatlich 330,00 EUR als angemessene Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt herangezogen werden. Weiterhin sei es unzulässig, eine eigenständige, d. h. von der nach BAföG gesonderte, Bedarfsberechnung vorzunehmen und das Kindergeld als Einkommen in Abzug zu bringen. Daher habe er einen Anspruch auf einen Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II in H...

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