0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 31 des Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG) v. 14.10.2020 (BGBl. I S. 2115) mit Wirkung zum 20.10.2020 in das SGB V eingefügt. Das PDSG hat mit den neuen Kapiteln 11 und 12 die bisherigen Regelungen zur Telematikinfrastruktur übernommen und umfassend neu strukturiert. Ferner werden sie weiterentwickelt und im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Vorgaben differenziert ausgestaltet. § 383 übernimmt das in § 291f enthaltene geltende Recht. Anpassungen wurden zum besseren Verständnis und zur Klarstellung aufgenommen.
1 Allgemeines
Rz. 2
Für einen elektronischen Brief zwischen den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten, Psychotherapeuten und medizinischen Versorgungszentren (§ 72 Abs. 1) wird eine Pauschale gezahlt. Zahnärzte werden von der Regelung nicht erfasst. Die Briefe werden seit dem 1.4.2021 ausschließlich durch den Übermittlungsdienst "Kommunikation im Medizinwesen" (KIM) versandt. Der Dienst wird von der Gesellschaft für Telematik (gematik) zugelassen und sorgt für größtmögliche Sicherheit. Die Vergütung ist auf 23,40 EUR pro Quartal je Praxis gedeckelt. Ärzte und Psychotherapeuten erhalten für die Einrichtung von KIM zusätzlich einmalig 100,00 EUR je Praxis. Die Vorschrift dient insgesamt der Förderung der Nutzung des elektronischen Briefes in der vertragsärztlichen Versorgung durch finanzielle Anreize für dessen Nutzung; andererseits macht sie die bisherige Nutzung des Telefax durch Begrenzung der hierfür vorgesehenen Kostenpauschalen weniger attraktiv (Kania, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 383 Rz. 7).
2 Rechtspraxis
2.1 Pauschale (Abs. 1)
Rz. 3
Leistungserbringer in der vertragsärztlichen Versorgung (§ 72 Abs. 1) erhalten neben der Erstattung für Investitions- und Betriebskosten (§ 378 Abs. 1) eine pauschale Abgeltung für elektronische Arztbriefe (Satz 1). Die Pauschale ist an Voraussetzungen geknüpft:
- Der Arztbrief wird durch sichere elektronische Verfahren versandt; der Versand durch Post-, Boten- oder Kurierdienste entfällt.
- Die beteiligten Leistungserbringer legen eine Bestätigung (Abs. 4) vor, dass die verwendeten informationstechnischen Systeme den durch Richtlinien vorgegebenen Anforderungen entsprechen.
- Der Arztbrief ist mit einer elektronischen Signatur versehen, für die ein Heilberufsausweis verwendet wurde.
Rz. 4
Die Höhe der Pauschale vereinbaren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV; Satz 2). Darüber wurde die TI-Finanzierungsvereinbarung als Anlage 32 zum BMV-Ä geschlossen (www.kbv.de/media/sp/Anlage_32_TI-Vereinbarung.pdf; abgerufen: 5.5.2021). Die Pauschalen ergeben sich wiederum als Anlage 8 der TI-Finanzierungsvereinbarung. Der Einheitliche Bewertungsmaßstab enthält für die Abrechnung die Ziffern (Gebührenordnungsposition – GOP) 86900 und 86901 mit einer Pauschale von 0,55 EUR (Stand: 1.7.2020). Davon erhalten der Sender 0,28 EUR und der Empfänger 0,27 EUR. Die Pauschale ist je Arzt und Quartal auf 23,40 EUR gedeckelt. Zusätzlich wird für den Versand in den nächsten 3 Jahren eine Strukturförderpauschale von 10,99 Cent pro Brief gezahlt (GOP 01660). Die Pauschale wird auch gezahlt, wenn die Praxis den Höchstwert von 23,40 EUR erreicht hat. Briefe in Papierform oder Faxe werden daneben nicht vergütet.
Rz. 5
Ein sicheres elektronisches Verfahren (Satz 1 Nr. 1) erfordert geeignete technische Maßnahmen, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen und den elektronischen Arztbrief gegen unberechtigte Zugriffe schützen (Satz 3). Dazu werden Richtlinien durch die KBV erlassen (Abs. 2). Dem Anbieter eines entsprechenden informationstechnischen Systems ist durch die KBV zu bestätigen, dass sein System die Vorgaben der Richtlinie erfüllt (Abs. 4).
Rz. 6
Der Ersatz des konventionellen Versandes durch elektronische Briefe führt dazu, dass die Pauschalen für die Kosten des konventionellen Versandes, die in der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung enthalten sind, durch die Pauschalen im Rahmen des Zuschlags substituiert werden (BT-Drs. 18/5293 S. 58). Der Wegfall des Arztbriefs in Papierform ist deswegen bei der Anpassung des Behandlungsbedarfes (§ 87a Abs. 4) zu berücksichtigen (Satz 4).
2.2 Richtlinie (Abs. 2)
Rz. 7
Die KBV regelt in einer Richtlinie Einzelheiten zu den Anforderungen an ein sicheres elektronisches Verfahren sowie an informationstechnische Systeme für elektronische Arztbriefe. Dazu hat sie Einvernehmen mit dem GKV-Spitzenverband, der gematik und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) herzustellen. Die Richtlinie ist zum 1.4.2021 in Kraft getreten (www.kbv.de/media/sp/RL-eArztbrief.pdf; abgerufen: 5.5.2021). Die Richtlinie regelt das Nähere
- über Inhalt und Struktur des elektronischen Briefes,
- zur Abrechnung der Pauschale und
- zur Vermeidung einer nicht bedarfsgerechten Mengenausweitung.
2.3 Sicherheit (Abs. 3)
Rz. 8
Der Vertragsarzt darf für den elektronischen Arztbrief nur die sichereren Verfahren der gematik nach § 311 Abs. 6...