0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit dem Gesetz zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege (Gesundheitsversorgungs-und Pflegeverbesserungsgesetz – GPVG) v. 22.12.2020 (BGBl. I S. 3299) mit Wirkung zum 1.1.2021 eingeführt worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die COVID-19-Pandemie hat auch für die Praxen der Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte erhebliche wirtschaftliche Folgen. Um Insolvenzen zu verhindern und die Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgungsstrukturen zu gewährleisten, sah bereits die vom BMG erlassene COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung (COVID-19-Vst-SchutzV) v. 30.4.2020 (BAnz. AT 04.05.2020 VI) u. a. die Bereitstellung von Liquiditätshilfen für Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte vor (§ 1 SchutzV, der mit "Liquiditätshilfe für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte" überschrieben war). Durch Art. 4 des GPVG ist der § 1 SchutzV mit Wirkung zum 1.1.2021 aufgehoben worden.
Die Regelungen des § 1 SchutzV wurden nunmehr durch die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.2021 aufgrund der zeitlichen Dimension der COVID-19-Pandemie weitgehend gesetzlich festgelegt, um ein rechtssicheres Handeln der beteiligten Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZVen) und Krankenkassen über die Beendigung des § 1 SchutzV hinaus zu gewährleisten.
Entsprechend der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss des Bundestages) ist wegen der bis in das Jahr 2021 zu erwartenden anhaltenden COVID-19-Pandemie mit der Vorschrift die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Zahnarztpraxen und die Aufrechterhaltung der Versorgungsstruktur auch im Jahr 2021 sichergestellt worden. Ziel der Vorschrift ist es, die finanziellen Auswirkungen zu überbrücken, welche sich in den Jahren 2020 und 2021 bei Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzten infolge der COVID-19-Pandemie aus der verminderten Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen ergeben.
2 Rechtspraxis
Rz. 3
Bereits anhand der Überschrift der Vorschrift wird deutlich, dass es sich um Sonderregelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie handelt, die nach Abs. 1 Satz 1 ein zeitlich und inhaltlich begrenztes Abweichen von der Gesamtvergütung vertragszahnärztlicher Leistungen nach § 85 Abs. 2 Satz 1 erforderlich machen. Die Sonderregelungen sind im Gesetz konkret vorgegeben, sodass eine schiedsamtliche Regelung i. S. d. § 89 grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Eine Ausnahme davon besteht lediglich dann, wenn nach dem Gesetzestext das Nähere durch die regionalen Partner der vertragszahnärztlichen Gesamtverträge zu vereinbaren ist, sich die Gesamtvertragspartner aber nicht einig werden.
2.1 Gesetzlich festgelegte Abschlagszahlungen der Krankenkassen (Abs. 1)
Rz. 4
Nach Abs. 1 Satz 1 haben die Krankenkassen, abweichend von § 85 Abs. 2 Satz 1, für das Jahr 2020 und das Jahr 2021 jeweils 90 % der im Jahr 2019 gezahlten Gesamtvergütung für vertragszahnärztliche Leistungen als Abschlagszahlung an die zuständige KZV zu leisten. Dabei haben die KZVen wie bereits im Jahr 2020 geschehen so auch im Jahr 2021 die Möglichkeit erhalten, auf den Ausgleichsmechanismus zu verzichten. Nach Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt die Festlegung der Abschlagszahlung nicht, wenn die zuständige KZV gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen der Festsetzung schriftlich widersprochen hat bzw. widerspricht. Im Jahr 2020 hatte der Widerspruch auf der Rechtsgrundlage der COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung bis zum 2.6.2020 zu erfolgen; in 2021 kann die KZV bis zum 1.2.2021 der Festsetzung schriftlich widersprechen.
Diese gesetzliche Festlegung der Abschlagszahlung hat nach der Begründung zum Ziel, den Partnern der vertragszahnärztlichen Gesamtverträge bei der jährlichen Fortschreibung der Gesamtvergütung für die Jahre 2020 und 2021 den notwendigen Gestaltungsspielraum zu geben, die durch die COVID-19-Pandemie bedingte Abnahme der vertragszahnärztlichen Leistungen zu berücksichtigen. Dabei ist auch berücksichtigt worden, dass die Auswirkungen der Pandemie auf das vertragszahnärztliche Leistungsgeschehen regional unterschiedlich sind. Die Gesamtvertragspartner vor Ort sollen daher mit ihren vertragszahnärztlichen Vereinbarungen sicherstellen, dass ein angemessenes Vergütungsniveau für die vertragszahnärztlichen Leistungen erhalten bleibt.
2.2 Ausgleich etwaiger Überzahlungen (Abs. 2)
Rz. 5
Weil nach der Gesetzesbegründung spätestens nach dem Ende der COVID-19-Pandemie im vertragszahnärztlichen Bereich erhebliche Nachholeffekte eintreten werden, sind die von den Krankenkassen geleisteten Überzahlungen über das tatsächliche Leistungsgeschehen hinaus in den Folgejahren von den KZVen vollständig an die Krankenkassen zurückzuerstatten.
Übersteigt die von den Krankenkassen an eine KZV im Jahr 2020 gezahlte Abschlagszahlung die im Jahr 2020 tatsächlich erbrachten vertragszahnärztlichen Leistungen, sind die dadurch entstandenen Überzahlungen von der KZV gegenüber den Krankenkassen in den Jahren 2021 bis 2023 vollständig auszugleichen (Abs. 2 Satz 1). Entsprechendes gilt, wenn die im Jahre 2021 von den Krankenkassen an eine KZV gezahlte Gesamtvergütung nach Abs. 1 die in 2021 erbrachten vertragszahnärztliche...