Rz. 6
Krankengeld wird während der Mitgliedschaft zeitlich unbegrenzt gezahlt, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 546 Kalendertage innerhalb von je 3 Jahren. Durch diese Begrenzung des Krankengeldanspruchs soll das Krankengeld den Lebensunterhalt nur während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit sichern. Das Krankengeld dient also als kurz- bis mittelfristige soziale Absicherung. Dauert die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten über einen längeren Zeitraum an oder ist die Arbeitsfähigkeit überhaupt nicht mehr wiederherzustellen, soll der Lebensunterhalt durch eine Rente (z. B. durch eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit i. S. d. § 43 SGB VI) sichergestellt werden.
Rz. 7
Zur Bestimmung des 3-Jahres-Zeitraumes werden sog. Blockfristen gebildet. Bei der Berechnung des 3-Jahres-Zeitraums ist nach dem Grundsatz der starren Blockfrist vorzugehen; der erstmalige Eintritt der Arbeitsunfähigkeit setzt für die ihr zugrundeliegende Krankheit – auch als dieselbe Krankheit (Rz. 10 f.) bezeichnet – eine Kette aufeinanderfolgender Blockfristen in Gang, innerhalb derer wegen derselben Krankheit jeweils bis zu 78 Wochen Krankengeld bezogen werden kann. Die erste Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit löst somit nicht nur eine Blockfrist, sondern eine Kette aufeinanderfolgenden Blockfristen aus, innerhalb der Versicherte wegen dieser Krankheit jeweils bis zu maximal 546 Tage Krankengeld beanspruchen kann.
Die erste Blockfrist wegen derselben Krankheit beginnt mit dem Tag, an dem erstmals Arbeitsunfähigkeit wegen "derselben Erkrankung" (Rz. 10 f.) eintritt. Die zweite Blockfrist beginnt am Tag nach Ablauf der ersten – also nach Ablauf von 3 Jahren. Für die Kette nacheinander folgender Blockfristen ist es unerheblich, ob dieselbe Krankheit zwischen den Arbeitsunfähigkeitszeiten in der Blockfrist fortlaufend Behandlungsbedürftigkeit verursachte (vgl. BSG, Urteil v. 7.12.2004, B 1 KR 10/03 R). Auch ist es unbedeutend, ob der Versicherte zwischendurch mehr als 3 Jahre nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig war. Somit kann wegen einer aktuell bestehenden Krankheitsursache der Beginn der Kette aufeinanderfolgenden Blockfristen in der Praxis durchaus 15 Jahre und mehr zurückliegen.
Beispiel:
Der Versicherte war wegen seiner Herzerkrankung erstmals vom 15.4.2014 bis 16.12.2014 arbeitsunfähig. Wegen der Herzerkrankung erkrankt er ab 5.6.2022 erneut arbeitsunfähig (= 2. Arbeitsunfähigkeit wegen der Herzerkrankung) – dieses Mal aber für einen sehr langen Zeitraum.
Fazit:
Die Blockfristen wegen der Herzerkrankung laufen
vom 15.4.2014 bis 14.4.2017,
vom 15.4.2017 bis 14.4.2020,
vom 15.4.2020 bis 14.4.2023,
vom 15.4.2023 bis 14.4.2026,
usw.
Wegen der ab 5.6.2022 bestehenden Herzerkrankung hat der Versicherte in der Blockfrist vom 15.4.2020 bis 14.4.2023 einen Anspruch auf Krankengeld für die Dauer von 78 Wochen (1 1/2 Jahre); da aber bereits nach knapp einem Jahr ab dem 15.4.2023 eine neue Blockfrist beginnt, kann der Versicherte wegen der Herzerkrankung dem Grunde nach ab dem 15.4.2023 für weitere 78 Wochen – zusammen also ununterbrochen knapp 2 1/2 Jahre – Krankengeld beziehen.
Rz. 8
Der Anspruch auf Krankengeld ist grundsätzlich zeitlich unbegrenzt, sofern die einzelnen Erkrankungen wegen derselben Krankheitsursache keine längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten als 546 Tage innerhalb eines 3-Jahres-Zeitraumes begründen. Wenn also eine Krankenkasse bei Beginn einer Arbeitsunfähigkeit feststellt, dass die ihr zugrunde zu legenden Krankheit innerhalb der letzten 3 Jahre keine Arbeitsunfähigkeit verursachte, kann die Krankenkasse beim Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit 78 Wochen (= 546 Kalendertage) zahlen, ohne in Gefahr zu raten, Krankengeld zu überzahlen. Werden allerdings die 78 Wochen Krankengeldbezugsdauer erreicht, endet der Krankengeldanspruch trotz fortbestehender Arbeitsunfähigkeit und lebt bei Beginn eines neuen 3-Jahres-Zeitraums ausschließlich nur unter den in § 48 Abs. 2 aufgeführten erschwerten Bedingungen wieder auf. Dieses ergibt sich indirekt aus dem Urteil des BSG v. 8.11. 2005 (B 1 KR 27/04 R) in dem es heißt: "§ 48 Abs. 1 SGB V enthält drei unterschiedliche Regelungen: Er stellt zunächst den Grundsatz der Krankengeldgewährung ohne zeitliche Begrenzung auf. Nach der schon im selben Satz geregelten ersten Ausnahme führt es zur Rechtsfolge der Begrenzung der Leistungsdauer, wenn "dieselbe Krankheit" die Arbeitsunfähigkeit bedingt. Schließlich wird ein dieser ersten Ausnahme gleichgestellter weiterer Fall von der Leistungsbegrenzung erfasst, nämlich das während der Arbeitsunfähigkeit erfolgende Hinzutreten einer weiteren Krankheit. Mit dieser Regelungstechnik stellt § 48 Abs. 1 SGB V die "hinzutretende Krankheit" bezüglich der Rechtsfolge der Leistungsbegrenzung dem Fall "derselben Krankheit" rechtlich gleich (vgl. ...); denn das Hinzutreten einer weiteren Krankheit zu einer weiter bestehenden und fortlaufend Arbeitsunfähigkeit verursachenden Erkrankung führ...