Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 107
Die Vorschrift enthält Sonderregelungen, die den allgemeinen Vorschriften des SGB X vorgehen. Für den Zulassungsentzug, den Entzug der Ermächtigung , der von den Zulassungseinrichtungen als Verwaltungsakt erlassen wird, nennt Abs. 6 drei Gründe. Die Aufzählung ist erschöpfend; weitere Gründe sind nicht geeignet, eine Zulassung zu entziehen.
Der erste Grund liegt darin, dass die Voraussetzungen für die Zulassung nicht oder nicht mehr vorliegen. Möglich ist z. B., dass die Zulassung aufgrund fehlender oder falscher Angaben zu Unrecht erteilt worden war, der Vertragsarzt nicht mehr hauptberuflich vertragsärztlich tätig ist oder die Approbation als Zulassungsvoraussetzung wegen Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit für die Ausübung des ärztlichen Berufs ruht oder entzogen worden ist. In diesen Fällen ist die Zulassung zu entziehen, weil es an grundlegenden Voraussetzungen der Zulassung fehlt. Das BSG hat mit Urteil v. 21.6.1995 (6 RKa 60/94) entschieden, dass ein die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllender Arzt, der sich die Vertragsarztzulassung durch Vorspiegelung falscher Tatsachen erschlichen hat, nicht unter Berufung auf den dadurch erlangten formalrechtlichen Status vertragsärztliche Leistungen erbringen oder bewirken kann. Sind Leistungen vergütet oder Verordnungen abgerechnet worden, sind sie im Wege der Schadensregulierung den Krankenkassen zurückzuzahlen. Keine Rolle spielt dabei, ob die Leistungen qualitativ einwandfrei und zur Zufriedenheit des Patienten erbracht worden sind. Verliert ein Vertragsarzt z. B. aufgrund einer Rauschgiftsucht die Eignung als Vertragsarzt, wäre die Zulassung ebenfalls zu entziehen, weil die Eignung für die vertragsärztliche Versorgung eine grundlegende Zulassungsvoraussetzung darstellt. Für die Ermächtigung von Ärzten oder Einrichtungen gilt Abs. 6 entsprechend (vgl. Abs. 4 Satz 3).
Rz. 108
An diesen Entziehungsgrund knüpft auch Abs. 6 Satz 6 an, nach dem einem MVZ, welches unter den in Abs. 1 Satz 4 HS 1 geregelten Bestandsschutz fällt, die Zulassung dann zu entziehen ist, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Abs. 1 Satz 6 HS 2 in der bis 31.12.2011 geltenden Fassung seit mehr als 6 Monaten nicht mehr vorliegen; außerdem war einem MVZ die Zulassung zu entziehen, wenn es gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30.6.2012 nachweisen konnte, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 3 entsprach.
Der hier angeführte zweite Entziehungsgrund war mit dem 30.6.2012 ausgelaufen, sodass jetzt alle zugelassenen MVZ unabhängig vom Bestandsschutz einen ärztlichen Leiter haben müssen, der selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt im MVZ tätig und in medizinischen Fragen weisungsfrei ist. In entsprechender Weise gilt dies auch für den Nachweis der kooperativen Leitung des MVZ nach Abs. 1 Satz 5.
Die Gründungsvoraussetzungen nach Abs. 1 Satz 6 HS 2 in der bis 31.12.2011 geltenden Fassung sahen vor, dass MVZ von den Leistungserbringern gegründet werden konnten, die aufgrund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung der Versicherten teilnehmen. Die so gegründeten MVZ fallen unter den Bestandsschutz des Abs. 1a Satz 4 der Vorschrift, wenn sie am 1.1.2012 bereits zugelassen waren. Bei einem mehr als 6 Monate dauernden Wegfall dieser Gründungsvoraussetzungen muss aber dem MVZ die Zulassung entzogen werden. Diese Zeitspanne sichert vor dem Hintergrund der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung den vorübergehenden Fortbestand des MVZ und gibt ausreichend Gelegenheit, die Gründungsvoraussetzungen auf den zulässigen Stand zu bringen. Erst wenn dies nicht möglich und das halbe Jahr verstrichen ist, hat der Zulassungsausschuss dem MVZ die Zulassung zu entziehen. Neben dem MVZ sind auch die KV und die Krankenkassen verpflichtet, diesen Sachverhalt an den Zulassungsausschuss zu melden, der dann von Amts wegen durch Beschluss die Zulassung entziehen würde.
Mit Wirkung zum 1.1.2020 ist in Abs. 6 Satz 3 durch Beschluss des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss des Bundestages) ein Verweisfehler korrigiert worden. Danach ist einem MVZ die Zulassung nicht nur dann zu entziehen, wenn nach dem bis 31.12.2019 geltenden Gesetzestext die Gründungsvoraussetzung des Abs. 1a Satz 1 länger als 6 Monate nicht mehr vorliegt, sondern auch dann, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Abs. 1a Satz 2 und 3 länger als 6 Monate nicht mehr vorliegen. Zu den "Gründungsvoraussetzungen" in Abs. 6 Satz 3 gehören somit alle in Abs. 1a Satz 1 bis 3 enthaltenen Voraussetzungen..
Rz. 109
Als zweiten Grund beschreibt das Gesetz, dass ein Vertragsarzt seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt. Zwar kann der Vertragsarzt in diesen Fällen ein Ruhen seiner Zulassung beantragen (Abs. 5), lässt er aber überhaupt nichts von sich hören, muss schon wegen der Konsequenzen z. B. hinsichtlich der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung einschließlich der Bedarfsplanung und der Auswirkungen auf die KV-Mitgliedschaft bzw. die A...