0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 43a trat durch das Erste SGB XI-Änderungsgesetz (1. SGB XI-ÄndG) v. 14.6.1996 (BGBl. I S. 830) zum 1.7.1996 in Kraft. Mit dem SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen v. 19.6.2001 (BGBl. I S. 1046) und dem Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch (SGB XII) v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) wurden in Satz 1 die Formulierungen dem jeweiligen Gesetz angepasst. Die Leistungsbeträge wurden mit dem Gesetz zur Umstellung von Gesetzen und anderen Vorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens auf Euro (Achtes Euro-Einführungsgesetz) v. 23.10.2001 (BGBl. I S. 2702) auf EUR umgestellt. Das Gesetz zur Ergänzung der Leistungen bei häuslicher Pflege von Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf (Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz – PflEG) v. 14.12.2001 (BGBl. I S. 3728) fügte Satz 3 an und regelte den Anspruch auf anteiliges Pflegegeld während der häuslichen Pflege. Der Leistungsbetrag wurde zum 1.1.2015 mit dem Ersten Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetz – PSG I) v. 17.12.2014 (BGBl. I S. 2222) erhöht. Mit dem Zweiten Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2424) traten mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und der Einführung der 5 Pflegegrade zum 1.1.2017 notwendige Folgeänderungen in Kraft.
1 Allgemeines
Rz. 2
Gemäß § 71 Abs. 4 sind u. a. stationäre Einrichtungen, in denen die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker oder behinderter Menschen im Vordergrund des Zwecks der Einrichtung stehen, keine Pflegeeinrichtungen i. S. d. § 71 Abs. 2.
Das BMA gab mit Einführung der 2. Stufe der Pflegeversicherung (1.7.1996) u. a. die Zahl von rund 140.000 behinderten Menschen bekannt, die in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe leben. Ob behinderte Menschen in solchen Einrichtungen Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen können, war lange umstritten. Mit § 43a wurde der Streit, wenn auch nicht für alle Beteiligten zufriedenstellend, beendet.
Als Behindertenhilfe-Einrichtungen in diesem Sinne gelten nur solche, in denen sich der behinderte Mensch internatsmäßig aufhält; bei teilstationärer Eingliederung (z. B. Werkstatt für Behinderte) werden i. d. R. keine Leistungen der Pflegeversicherung in der Einrichtung erbracht, so dass dem behinderten Menschen die vollen Leistungen der ambulanten häuslichen Pflege zustehen.
2 Rechtspraxis
2.1 Leistungsumfang
Rz. 3
Mit der Begründung, dass Pflege in Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen von sekundärer Bedeutung sei, beteiligt sich die Pflegeversicherung bei Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 pauschal mit 10 % des aktuellen Heimentgelts nach § 75 Abs. 3 SGB XII, höchstens mit 266,00 EUR (bis 31.12.2016: 256,00 EUR bei Pflegebedürftigen mit Pflegestufe 1 bis 3) monatlich, an den aufwendungsfähigen Kosten.
Generell übernahmefähig sind unter Verweis auf § 43 Abs. 2 die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege.
Die dem Pflegebedürftigen zustehenden pauschalierten Leistungen nach dieser Vorschrift werden mit befreiender Wirkung von der Pflegekasse unmittelbar an die Behinderteneinrichtung gezahlt. Eine Vereinbarung nach § 13 Abs. 4 SGB XI auf Landesebene zwischen den Pflegekassen und den Trägern der Sozialhilfe über die Zahlung des Leistungsbetrages von der Pflegekasse direkt an den Sozialhilfeträger kann weiterhin angewendet werden.
Die Pflegekasse beteiligt sich bei Pflegebedürftigen, die in Pflegegrad 1 eingestuft sind und in Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen leben, nicht an den pflegebedingten Aufwendungen. Die Leistungen der Eingliederungshilfe (§ 55 SGB XII) erstrecken sich auch auf die Pflegeleistungen in der Einrichtung.
Werden Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen i. S. d. § 43a erbracht, so umfasst die Leistung nach Maßgabe von § 55 SGB XII auch die Pflegeleistungen in der Einrichtung. Stellt der Träger der Einrichtung fest, dass der behinderte Mensch so pflegebedürftig ist, dass die Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, vereinbaren der Träger der Sozialhilfe und die zuständige Pflegekasse mit dem Einrichtungsträger, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird, wobei den angemessenen Wünschen des behinderten Menschen Rechnung zu tragen ist.
2.2 Unterbrechungen, Wochenenden, Ferien
Rz. 4
Pflegebedürftige behinderte Menschen ab Pflegegrad 2, die sich nur wochentags in der stationären Einrichtung aufhalten und am Wochenende und in den Ferien zu Hause gepflegt werden, erhalten für jene Tage Pflegesachleistungen. Der Leistungsbetrag von 266,00 EUR wird auf den Sachleistungshöchstanspruch des jeweiligen Pflegegrades angerechnet.