Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Begründung eines Ordnungsgeldbeschlusses wegen Nichterscheinens eines Verfahrensbeteiligten im Termin
Orientierungssatz
1. Die richterliche Entscheidung über die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach § 202 SGG i. V. m. § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO wegen des Nichterscheinens eines Beteiligten im Termin ist eine Ermessensentscheidung. Diese ist nach § 142 Abs. 2 SGG zu begründen und hat Ermessenserwägungen zum Grund und zur Höhe zu enthalten. Fehlen solche, ist der ergangene Ordnungsgeldbeschluss aufzuheben.
2. Zweck des § 141 Abs. 3 ZPO ist nicht die Ahndung einer vermeintlichen Missachtung des Gerichts, sondern die Förderung der Sachverhaltsaufklärung. Kann der Prozessbevollmächtigte des Klägers krankheitsbedingt einen Gerichtstermin nicht wahrnehmen, so ist eine Vertagung zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör unabhängig vom Nichterscheinen des Klägers notwendig. Dies schließt eine Auferlegung von Ordnungsgeld bei Nichterscheinen des Beteiligten aus.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 7. April 2014 insoweit aufgehoben, als gegen den Beschwerdeführer wegen unentschuldigtem Nichterscheinens vor Gericht ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 € verhängt wurde.
Die Kosten des Beschwerdeführers hat die Staatskasse zu tragen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Die Beteiligten stritten in der Hauptsache darüber, ob die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer für die Zeit vom 21. bis 30. September 2010 Krankengeld zu zahlen hat.
Mit Verfügung vom 20. Januar 2014 hat die Vorsitzende der 38. Kammer des Sozialgerichts Gotha Termin zur mündlichen Verhandlung für den 7. April 2014 um 10:30 Uhr bestimmt und das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers angeordnet. Die Ladung ist ihm mit Postzustellungsurkunde am 24. Januar 2014 zugestellt worden. Mit am 4. April 2014 um 10:48 Uhr beim Gericht eingegangenen und am 7. April 2014 um 7:00 Uhr zur Geschäftsstelle gelangten Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte um “Abstandnahme„ von dem Termin und Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat die Vorsitzende am 7. April 2014 um 10:30 Uhr die mündliche Verhandlung eröffnet, festgestellt, dass der persönlich geladene Beschwerdeführer und sein Prozessbevollmächtigter nicht anwesend waren und folgenden Beschluss verkündet:
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1. |
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“Gegen den Kläger wird wegen unentschuldigten Nichterscheinens vor Gericht ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 € verhängt. |
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2. |
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Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Rechtsstreit mutwillig und missbräuchlich erscheint. Sollte der Rechtsstreit fortgeführt werden, können Gerichtskosten gem. § 192 I SGG verhängt werden. |
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3. |
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Neuer Termin wird bestimmt auf Montag, den 5. Mai 2015, 11:30 Uhr, Saal 4. Das persönliche Erscheinen des Klägers wird angeordnet.„ |
Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen. Die Verhandlung wurde um 10:55 Uhr beendet.
Nach einem Aktenvermerk der Justizangestellten Z. vom 7. April 2014 ist der Beschwerdeführer an diesem Tag um 11:50 Uhr persönlich bei Gericht erschienen und hat erklärt, er habe von seinem Prozessbevollmächtigten die Mitteilung erhalten, dass er nicht bei Gericht erscheinen brauche. Er habe Urlaub und wäre gekommen, wenn er nicht diese Information erhalten hätte. Sein Prozessbevollmächtigter liege derzeit im Krankenhaus.
Die Klage ist zwischenzeitlich zurückgenommen worden.
Gegen den am 14. April 2014 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 21. April 2014 beim Thüringer Landessozialgericht Beschwerde gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes eingelegt und u.a. vorgetragen, sein Prozessbevollmächtigter sei am 6. April 2014 auf die Intensivstation eingeliefert worden. Nachdem sich das SG nicht zum Antrag vom 4. April 2014 geäußert hatte, habe die Ehefrau des Prozessbevollmächtigten sich auf die Suche nach einer Kanzleivertretung begeben. Um 10:00 Uhr habe die Kammervorsitzende angerufen und mitgeteilt, sie erwarte, dass wenigstens der Beschwerdeführer erscheinen werde. Die Ehefrau des Prozessbevollmächtigten habe ihr mitgeteilt, sie versuche diesen zu erreichen. Er werde wahrscheinlich nicht rechtzeitig um 10:30 Uhr erscheinen. Bei seiner Ankunft habe ihm die Justizangestellte um 11:45 Uhr mitgeteilt, die Richterin wünsche ihn nicht zu sehen.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 7. April 2014 insoweit aufzuheben, als gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 € festgesetzt wurde.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Beschwerdeakte sowie der beigezogenen Prozessakte des Sozialgerichts Gotha (S 38 KR 2086/11) Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung war.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Gotha leidet an erheblichen Verfahrensmängeln und ist aufzuheben.
Der Vorsitzende kann nach § 111 Ab...