Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe. Hauptsacheverfahren. Nichterreichen des Wertes des Beschwerdegegenstandes. keine Anwendbarkeit von § 127 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 ZPO
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschwerde gegen einen Beschluss eines Sozialgerichts, in dem die Gewährung von Prozesskostenhilfe in einem Hauptsacheverfahren abgelehnt wird, ist auch dann zulässig, wenn im Hauptsacheverfahren der Berufungsstreitwert des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht wird.
2. Eine restriktive Auslegung der Zulässigkeit von Rechtsmitteln und damit von wesentlichen Verfahrensrechten der Beteiligten erfordert eine klare Entsprechung im Wortlaut der Norm.
3. § 127 Abs. 2 S. 2 2. Halbsatz ZPO ist im sozialgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 20. Juni 2008 aufgehoben und ihm unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. G., ..., ..., Prozesskostenhilfe ab dem 27. Mai 2008 ohne Ratenzahlung bewilligt.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe
I.
Der 1928 geborene Beschwerdeführer bezieht Leistungen nach der Pflegestufe III und ist stationär in einem Pflegeheim untergebracht. Er begehrte von der Beklagten die Zurverfügungstellung eines Multifunktionsrollstuhls mit Fixationseinrichtung, der laut Kostenvoranschlag insgesamt 586,14 € kostete. Nachdem die Beklagte dies mit Bescheid vom 18. Januar 2007 abgelehnt und der Widerspruch keinen Erfolg hatte, hat der Beschwerdeführer am 2. August 2007 Klage erhoben und am 28. September 2007 beantragt, ihm Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen. Mit Verfügungen vom 18. März 2008 hat die damals zuständige Vorsitzende der 13. Kammer von der Beklagten unter Hinweis auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Münster vom 23. Juni 2005 eine weitere Stellungnahme erbeten und die Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers aufgefordert, hinsichtlich des PKH-Antrags weitere Unterlagen vorzulegen. Nach einem Kammerwechsel (nunmehr Zuständigkeit der 4. Kammer) hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Mai 2008 einen Vergleich des Inhalts vorgeschlagen, dass sie nach Vorlage einer ärztlichen Verordnung die Kosten für einen standardgemäßen Pflegerollstuhl übernimmt und 50 v.H. der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers dem Grunde nach trägt. Am 27. Mai 2008 ist beim SG ein Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers mit zusätzlichen Unterlagen für das PKH- Verfahren eingegangen. Unter dem 17. Juni 2008 haben sie mitgeteilt, dass grundsätzlich mit dem Vergleichsangebot der Beklagten Einverständnis bestehe; hinsichtlich der Kosten sei der Kläger jedoch nur gewillt, die Hälfte der Kosten zu tragen, wenn eine positive Entscheidung über den PKH- Antrag erfolge; insoweit werde vor Abschluss des Vergleiches um eine Entscheidung über ihn gebeten. Mit Beschluss vom 20. Juni 2008 hat das SG den Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt. Es bestehe kein Anspruch auf Kostenübernahme. Der begehrte Multifunktionsrollstuhl mit Fixationseinrichtung diene nicht dazu, eine Behinderung auszugleichen, sondern sei als Pflegehilfsmittel anzusehen. Ein solches habe die Pflegeeinrichtung im Rahmen der stationären Pflege bereitzustellen.
Daraufhin haben die Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 4. Juli 2008 das Vergleichsangebot der Beklagten angenommen und gegen den ablehnenden PKH- Beschluss am 16. Juli 2008 Beschwerde erhoben und zur Begründung ausgeführt, die PKH- Beschwerde sei statthaft. Der Ausschlusstatbestand des § 172 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) greife nicht ein. Der Statthaftigkeit der Beschwerde stehe darüber hinaus nicht entgegen, dass der Gegenstandswert der Hauptsache die Berufungssumme nicht erreiche. In § 172 Abs. 3 SGG seien die Tatbestände des Beschwerdeausschlusses für das sozialgerichtliche Verfahren abschließend normiert. Eine Anwendung von § 127 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) über § 73a SGG komme deshalb nicht in Betracht. Entgegen den Ausführungen der ersten Instanz besitze die Rechtssache hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die früher zuständige Vorsitzende der 13. Kammer habe einen Hinweis erteilt, der seine Auffassung gestützt habe. Vor diesem Hintergrund habe sich die Beklagte bereiterklärt, einem Vergleich zuzustimmen. Erst mit Änderung der Zuständigkeit von der 13. zur 4. Kammer habe sich die Auffassung des Gerichts geändert. Da innerhalb eines Gerichts unterschiedliche Beurteilungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten bestanden hätten, müsse eine hinreichende Erfolgsaussicht anerkannt werden. Darüber hinaus sei die Erfolgsaussicht zu bejahen, wenn die Beteiligten zum Vergleich bereit seien.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 20. Juni 2008 aufzuheben und ihm unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. G., ..., ..., Prozesskostenh...