Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. GdB-Feststellung. kein GdB für Adipositas per magna. Schwerbehinderteneigenschaft. Gesamt-GdB von 50. Gesamt-GdB-Bildung. Gesamtvergleich. Erforderlichkeit schwerer Funktionsstörungen. typisches Bild eines Schwerbehinderten
Orientierungssatz
1. Eine Adipositas per magna (hier bei einem Körpergewicht von 140 kg und einem Body-Mass-Index von 42,7) bedingt nach Teil B Nr 15.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Anlage zu § 2 VersMedV) keinen Grad der Behinderung (GdB).
2. Ein Gesamtbehinderungsgrad (GdB) von 50 ist nicht gerechtfertigt, wenn keine schweren Funktionsstörungen - wie etwa die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, der Verlust einer Hand oder eines Beines im Unterschenkel oder eine Aphasie (Sprachstörung) mit deutlicher Kommunikationsstörung vorliegen (vgl Nr 19 Abs 2 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht - AHP) und der behinderte Mensch nicht dem Bild eines Schwerbehinderten entspricht.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 15. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Grad der Behinderung des Klägers nach dem Schwerbehindertenrecht.
Der 1954 geborene Kläger beantragte im Juni 2015 beim Beklagten erstmals die Feststellung von Behinderungen. Als Gesundheitsstörungen gab er an: Oberschenkelverkürzung/Bruch, feuchte Rippenfellentzündung, Bruch der Elle rechts und einen Leberriss. Der Beklagte zog verschiedene Befundberichte und für die Verwaltungsberufsgenossenschaft erstellte Gutachten bei und stellte nach Einholung einer versorgungsärztlichen Äußerung von Z vom 21. Dezember 2016 (Bl. 75 f. d. VwA.) mit Bescheid vom 04. Januar 2017 (Bl. 79 f. d. VwA.) mit Wirkung ab 22. Juni 2015 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 sowie die Voraussetzungen der dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit auf der Grundlage einer Funktionseinschränkung des rechten Armes, einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und des rechten Beins mit Beinverkürzung fest. Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 13. Januar 2017 Widerspruch, der durch Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2017 zurückgewiesen wurde.
Gegen die Bescheide erhob der Kläger am 15. Juni 2017 Klage zum Sozialgericht. Das Sozialgericht holte weitere Befundberichte ein und wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 15. Oktober 2018 ab. Ein höherer GdB als 30 sei nicht gerechtfertigt. Gegen die am 19. Oktober 2018 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, die am 15. November 2018 Landessozialgericht eingegangen ist und mit der der Kläger einen höheren GdB erstrebt und mit der er u. a. die unzureichende Sachaufklärung durch das Sozialgericht beanstandet.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 15. Oktober 2018 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 04. Januar 2017 und des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2017 zu verpflichten, bei ihm ab 22. Juni 2015 einen GdB von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Im Berufungsverfahren wurde ein im Verfahren S 10 U 3569/17 (Sozialgericht Gotha) eingeholtes orthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten von D vom 26. November 2018 sowie die Akten des Verfahrens S 47 R 748/18 (Sozialgericht Gotha) beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der geheimen Beratung.
Entscheidungsgründe
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30.
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Streitgegenstand ist der Bescheid vom 04. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2017 (§ 95 SGG), gegen die sich die vom zulässigerweise vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 51 Abs. 1 Nr. 7 SGG) erhobene und statthafte (vgl. Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 17. April 2013, Az.: B 9 SB 3/12 R) Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) richtet, mit der er die Abänderung der angefochtenen Bescheide und die Feststellung eines GdB von mindestens 50 begehrt. |
Der Beklagte ist die nach § 152 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der ab 01. Januar 2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I 2016, S. 3234) zuständige Behörde. Danach stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörd...