Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Auszubildenden auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme
Orientierungssatz
1. Ein Auszubildender wird nach § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 3 bei einer beruflichen Ausbildung nur gefördert, wenn er außerhalb des elterlichen Haushalts wohnt. Voraussetzung hierzu ist, dass der Auszubildende einen eigenen Haushalt in einer eigenen von der elterlichen Wohnung abgegrenzten Wohnung unterhält.
2. Ein Wohnen außerhalb des elterlichen Haushalts ist zu verneinen, wenn der Auszubildende nicht weitestgehend selbständig wirtschaftet, sondern sich elterlichem Gutdünken unterordnet.
3. Selbständiges Wirtschaften ist u. a. dann zu verneinen, wenn dem Auszubildenden Geld für Kleidung und Freizeit im Wesentlichen nach elterlicher Zuteilung zur Verfügung steht. Dann ist nicht entscheidend, wenn der Auszubildende im elterlichen Haus über Räumlichkeiten mit separatem Eingang verfügt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 19. September 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Berufsausbildungsbeihilfe (für eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme) für die Zeit vom 3. November 2003 bis zum 31. Juli 2004.
Die im Mai 1984 geborene Klägerin beantragte am 28. Oktober 2003 die Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe (vgl. Blatt 2 VA).
Sie wohne während der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nicht im Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils.
Ausweislich des Wohnraummietvertrages vom 29. September 2003 (vgl. Blatt 5 der Verwaltungsakte) bestand die Wohnung der Klägerin aus zwei Zimmern sowie Küche und Bad. Die Räume hatten eine Gesamtmietfläche von 30 Quadratmetern (vgl. Blatt 5 der Verwaltungsakte). Die monatliche Miete betrug 185 Euro. Neben der Miete waren Betriebskosten in Höhe von monatlich 30 Euro zu tragen. Das Mietverhältnis begann am 1. Oktober 2003 und wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen (vgl. Blatt 6 VA).
Die Beklagte bewilligte der Klägerin Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 3. November 2003 bis zum 31. Juli 2004 in monatlicher Höhe von 232 Euro. Der Mehrbedarf für den eigenen Wohnraum werde erst berechnet, wenn sie einen Nachweis darüber bringe, dass ihre Mutter als Vermieterin Eigentümerin des Hauses sei (z. B. Grundbuchauszug) und es sich um eine eigenständige, separate Wohnung handele (z. B. Mehrfamilienhaus, Bescheid vom 21. November 2003, vgl. Blatt 14 VA).
Die Klägerin legte hiergegen am 15. Dezember 2003 Widerspruch ein (vgl. Blatt 19 VA).
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens forderte die Beklagte die Klägerin auf, die erbetenen Nachweise vorzulegen und darüber hinaus den Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe bzgl. Punkt 12 zu ergänzen (vgl. Blatt 20 VA).
Die Klägerin teilte darauf mit, sie wohne seit dem 1. September 2003 in einem eigenen Haushalt. In dem Objekt besitze ihre Mutter zwei Wohneinheiten (vgl. Blatt 23 VA).
Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück. Ein Bedarf nach § 66 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) könne nicht zugrunde gelegt werden, weil die Klägerin trotz mehrmaliger Aufforderung keine Nachweise übergeben habe, die eine Unterbringung außerhalb des Haushalt ihrer Mutter beweisen würden (Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2004, vgl. Blatt 27 VA).
Die Klägerin hat hiergegen am 1. März 2004 Klage erhoben. Tatsächlich lebe sie nicht im Haushalt ihrer Mutter. Es handele sich um eine eigene abgeschlossene Wohnung, die Nachbarwohnung ihrer Mutter, die einen eigenen Eingang und eine eigene Küche habe. Infolgedessen habe sie einen Bedarf nicht in Höhe von 192 Euro, sondern in Höhe von monatlich 348 Euro. Sie habe die Wohnung selbst gemietet. Die Wohnung stehe im Eigentum der P A Gesellschaft für P. und H.. Ihre Mutter habe die Wohnung zwischenzeitlich erworben.
Die Mietzahlung an ihre Mutter sei der Gestalt erfolgt, dass ihre Mutter statt des Mietzinses den Unterhalt, der durch ihren Vater auf das Konto der Mutter gezahlt worden sei, einbehalten und als Mietzins verrechnet habe. Die Unterhaltszahlungen ihres Vaters hätten monatlich 150 Euro betragen (vgl. Blatt 17 GA).
Über die Anmietung der Wohnung habe zwischen der P. A. GmbH und ihr ein mündlicher Mietvertrag bestanden (vgl. Blatt 17 GA).
Die Mutter der Klägerin hat vor dem Sozialgericht Folgendes bekundet:
"Ich habe die zweite Wohneinheit hinzugekauft. Erste Gespräche hierüber haben bereits im Sommer 2003 mit der P. A. GmbH stattgefunden. Der Kaufvertrag konnte dann erst im November abgeschlossen werden. Ich habe die Wohnung in der Absicht gekauft, dass meine Tochter dort einziehen kann. Die bisherige Wohnung hatte nur drei Zimmer. Mein Sohn hat damals auch noch mit in dieser Wohnung gewohnt. Der Mietvertrag mit meiner Tochter über die zweite Wohneinheit wurde zum 1. Oktober 2003 mit Kenntnis von Frau S. abgeschlossen. Die Grundmiete betrug 185 Euro plus 80 Euro oder 90 Euro Nebenkosten. Genau kann i...