Einkommensanrechnung Ayurveda-Praktikum Hartz IV-Aufstockerin

Eine Selbstständige die ergänzend Hatz IV erhält muss ihre Betriebsausgaben auf das Notwendige beschränken und so wirtschaften, dass sie den Lebensunterhalt decken kann. Reisekosten zur Fortbildung in Sri Lanka wirken nicht einkommensmindernd, entschied das SG Berlin.

Hartz IV-Empfänger sind nicht immer arbeitslos. Häufig wird „aufgestockt“, wenn das Einkommen den Lebensunterhalt nicht deckt. Zu den Aufstockern zählen auch viele Selbstständige. Häufig ist dann strittig, wie hoch die tatsächlich erzielten Einnahmen sind und welche Ausgaben bei der Gewinnermittlung abgezogen werden.

Hierzu entschied das Sozialgericht (SG) Berlin mit Urteil v. 7.11.2013 (S 157 AS 16471/12), dass eine selbstständige Ayurveda- und Yogalehrerin, die ergänzend Hartz IV bezieht, so wirtschaften muss, dass

  • sie ihren Lebensunterhalt möglichst allein decken kann und
  • ihre Betriebsausgaben auf das Notwendige beschränkt.

Ein Praktikum über 7 Wochen in einem Ayurveda-Ressort in Sri Lanka fällt nicht darunter, selbst wenn es der Fortbildung dient. Das Jobcenter muss die Reisekosten bei der Einkommensermittlung nicht gewinnmindernd berücksichtigen.

Jobcenter bewilligt Hartz IV vorläufig

Die Klägerin aus Berlin-Neukölln arbeitete selbständig als Yogalehrerin und „Ayurveda-Coach“. Für den Zeitraum April bis September 2008 bewilligte ihr das Jobcenter Berlin-Neukölln zunächst vorläufig Hartz IV-Leitungen. Es war zu dieser Zeit noch unklar, wie viel sie mit ihrer selbstständigen Tätigkeit letztendlich verdienen würde.

Reisekosten nach Sri Lanka wurden gestrichen

Im März 2009 legte die Klägerin eine Übersicht über ihre tatsächlichen Einkünfte und Ausgaben im Bewilligungszeitraum vor. Das Jobcenter berechnete den Hartz IV-Anspruch neu. Die Ausgaben für eine Flugreise nach Sri-Lanka im Februar 2008 (854 EUR) wurden dabei nicht anerkannt. Das Jobcenter errechnete einen monatlichen Betriebsgewinn von 276 EUR und forderte 627 EUR zuviel gezahlte Hartz IV-Leistung zurück. Dagegen klagte die Ayurveda-Lehrerin.

Ayurveda-Fortbildung in authentischer Umgebung (nicht) nötig?

Mit ihrer im Juni 2012 erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, dass die Reisekosten eine notwendige Betriebsausgabe gewesen seien und daher den Gewinn mindern. Sie sei nach Sri Lanka gereist, um dort für 7 Wochen ein Praktikum in einem Ayurveda-Kur-Ressort zu absolvieren. Bei freier Kost und Logis habe sie in authentischer Umgebung die Heilmethoden einheimischer Ayurvedaärzte kennengelernt und hierfür auch eine Praktikumsbescheinigung erhalten.

Nur notwendige Ausgaben bei Hartz IV gewinnmindernd absetzbar

Das SG Berlin hat die Klage am 7.11.2013 nach mündlicher Verhandlung abgewiesen (S 157 AS 16471/12). Für die Einkommensermittlung Selbstständiger sei laut Gesetz der Betriebsgewinn (Differenz von tatsächlichen Betriebseinnahmen und Ausgaben) zu ermitteln. Leistungsberechtigte müssen sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen, um ihre Hilfebedürftigkeit zu verringern. Daher werden nur notwendige, unvermeidbare Ausgaben anerkannt, die den Lebensumständen eines Leistungsempfängers nicht offensichtlich widersprächen. Steuerrechtliche Vorschriften seien unbeachtlich.

Nutzen und Kosten der Sri Lanka-Reise nicht in angemessenem Verhältnis

Die Reise sei zwar betrieblich veranlasst, jedoch nicht notwendig gewesen. Die Reisekosten von 854 EUR hätten allein bereits 20% des Betriebsumsatzes ausgemacht. Ohne die Reisekosten wäre der Gewinn doppelt so hoch gewesen. Zudem habe die Klägerin während des Praktikums 7 Wochen lang keinen Umsatz erwirtschaften können.

Die positiven Effekte der Fortbildung wiegen die Nachteile nicht auf. Eine Umsatzsteigerung, z. B. durch mehr Bekanntheit der Ayurveda-Lehrerin am Markt, sei nicht zu erwarten. Auch sei die Praktikumsbescheinigung - anders als ein anerkanntes Zertifikat – nicht werbewirksam einsetzbar.

Das Urteil ist rechtskräftig, die Berufung wurde nicht zugelassen.


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