Finanzverwaltung: Steuerliche Behandlung der Reisekosten

Das BMF hat seinen Erlass zur "Steuerlichen Behandlung der Reisekosten von Arbeitnehmern" neu gefasst. Berücksichtigt werden insbesondere die neuere BFH-Rechtsprechung mit Schwerpunkten bei der ersten Tätigkeitsstätte, der Mahlzeitengestellung und der doppelten Haushaltsführung sowie die ab 2020 geltenden Rechtsänderungen, u. a. bei den Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen.

Das Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 24.10.2014 (BStBl I S. 1412) und ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Nachfolgend stellen wir Ihnen die wichtigsten Neuerungen sowie verbleibende Zweifelsfragen vor:

Neues zur ersten Tätigkeitsstätte

Bezüglich des steuerfreien Reisekostenersatzes  und der Höhe der abzugsfähigen Werbungkosten für Auswärtstätigkeiten kommt es entscheidend darauf an, ob Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte haben oder nicht. In der Steuererklärung kann für die Fahrt zur ersten Tätigkeitsstätte nur die sog. Entfernungspauschale geltend gemacht werden. Eine erste Tätigkeitsstätte ist gegeben, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin

  • arbeitsrechtlich
  • einer (von der Wohnung getrennten) ortsfesten betrieblichen Einrichtung
  • beim Arbeitgeber oder einem Dritten (z.B. Kunden)
  • dauerhaft zuordnet und
  • der/die Betroffene dort zumindest in geringem Umfang tätig wird.

Erste Tätigkeitsstätte allgemein

Das neue BMF-Schreiben enthält folgende Neuerungen zur Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte:

  • Als erste Tätigkeitsstätte kommt auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet, wie z. B. eine Werksanlage, ein Betriebsgelände, Zechengelände, Bahnhof oder ein Flughafen in Betracht (BFH, Urteile v. 11.4.2019, VI R 40/16 und VI R 12/17, BStBl II S. 546 und 551).
  • Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ein Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er/sie arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zum ausgeübten Berufsbild gehören (BFH, Urteil v. 4.4.2019, VI R 27/17, BStBl II S. 536 und BFH, Urteil v. 11.4. 2019, VI R 40/16). Danach haben z.B. viele Beamte und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst eine erste Tätigkeitstätte, im Urteilsfall ging es um einen Streifenpolizisten. Ebenfalls hat der BFH erste Tätigkeitsstätten bei fliegendem Personal am Heimatflughafen bestätigt.
  • Die Zuordnung durch den Arbeitgeber kann außerhalb des Dienst- oder Arbeitsvertrags erfolgen (auch mündlich oder konkludent) und ist unabhängig davon, ob sich der Arbeitgeber der steuerlichen Folgen bewusst ist. Sie kann sich auch ergeben aus: Tarifvertrag, Protokollnotizen, dienstrechtlichen Verfügungen, Einsatzplänen, Reiserichtlinien, Reisekostenabrechnungen, dem Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines Dienstwagens für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte oder vom Arbeitgeber vorgelegten Organigrammen BFH, Urteil v. 11.4. 2019, VI R 40/16 und BFH, Urteil v. 4.4.2019, VI R 27/7).
  • Eine Zuordnung ist unbefristet, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt. Der Umstand, dass ein Arbeitnehmer jederzeit einer anderen Tätigkeitsstätte zugeordnet werden könnte, führt nicht zur Annahme einer befristeten Zuordnung (BFH, Urteil v. 4.4.2019, VI R 27/7).

Befristete Beschäftigungsverhältnisse und Leiharbeit

Wird ein befristetes Beschäftigungsverhältnis vor Ablauf der Befristung schriftlich durch bloßes Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts verlängert, liegt ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vor. Für die Frage, ob eine Zuordnung für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses erfolgt, ist daher ab dem Zeitpunkt der Verlängerung auf das einheitliche Beschäftigungsverhältnis abzustellen (BFH, Urteil v. 10.4. 2019, VI R 6/17, BStBl II S. 539).

Damit veröffentlicht die Verwaltung zwar die Rechtsprechung zu befristeten Beschäftigungsverhältnissen, das hilft aber bei Leiharbeitnehmern regelmäßig nicht weiter. Das BMF bleibt dabei, dass diese eine erste Tätigkeitsstätte haben können, wenn sie ausnahmsweise dauerhaft (§ 9 Absatz 4 Satz 3 EStG, "bis auf Weiteres" also unbefristet, für die gesamte Dauer des Leiharbeitsverhältnisses oder länger als 48 Monate) in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Entleihers tätig werden sollen. Die Frage einer ersten Tätigkeitsstätte bei Leiharbeitnehmern ist aber erneut in einem Revisionsverfahren beim BFH streitig (Aktenzeichen VI R 32/20). Nach dem vorinstanzlichen Urteil (Niedersächsisches FG, Urteil v. 28.5.2020, 1 K 382/16) hatte der Kläger an seinem Einsatzort beim Entleiher eine erste Tätigkeitsstätte. Der Einsatz war sowohl für den Kläger als Mitarbeiter als auch den Arbeitgeber von vornherein so gestaltet, dass der Kläger bis auf Weiteres, also nicht befristet beim Entleiher eingesetzt werden sollte.

Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte

Erste Tätigkeitsstätte ist übrigens auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird (§ 9 Absatz 4 Satz 8 EStG). Die Dauer einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme ist für die Einordnung einer Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte dabei unerheblich. Ausreichend ist, wenn der Auszubildende/Studierende die Bildungseinrichtung anlässlich der regelmäßig zeitlich befristeten Bildungsmaßnahme nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) aufsucht (BFH, Urteil v. 14.5.2020, VI R 24/18).

Zuletzt hat der BFH jedoch entschieden, dass Studierende, die einen Teil des Studiums an einer anderen (weiteren) Hochschule (hier Auslandssemester) absolvieren können bzw. müssen, an der anderen Hochschule keine weitere erste Tätigkeitsstätte begründen. Entsprechendes gilt in der Regel auch für Studierende, die im Rahmen ihres Studiums ein Praxissemester oder Praktikum ableisten können bzw. müssen und dabei ein Dienstverhältnis begründen (BFH, Urteil v. 14.5.2020, VI R 3/18). Dieses Urteil ist im neuen BMF-Schreiben noch nicht enthalten.

Hinweis - Ausbildungskosten als Sonderausgaben: Von dieser Rechtsprechung profitieren allerdings regelmäßig nur Studierende, die bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder eine Bachelorstudiengang) abgeschlossen haben. Aufwendungen für die erste Ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) sind hingegen vom Werbungskostenabzug ausgenommen (§ 9 Abs. 6 EStG). Der Aufwand wird nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt und wirkt sich steuerlich nur aus, wenn die/der Studierende im Jahr der Aufwandsentstehung über steuerpflichtige Einkünfte verfügt.

Neues zu den Spesen

Arbeitnehmer können für tatsächlich entstandene Verpflegungsmehraufwendungen aufgrund einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit nach der Abwesenheitszeit von Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gestaffelte Verpflegungspauschalen als Werbungskosten ansetzen oder in entsprechender Höhe einen steuerfreien Arbeitgeberersatz erhalten. Die Berücksichtigung der Pauschalen für die Verpflegungsmehraufwendungen ist im In- und Ausland auf die ersten drei Monate einer beruflichen Tätigkeit an ein und derselben Tätigkeitsstätte beschränkt.

Wird Arbeitnehmern vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, werden die Pauschalen gekürzt, und zwar

  • um 20 % für ein Frühstück und
  • um jeweils 40 % für ein Mittag- und Abendessen.

der für die 24-stündige Abwesenheit geltenden höchsten Verpflegungspauschale. Steht Arbeitnehmern keine Verpflegungspauschale zu (z. B. weil die Tätigkeit weniger als 8 Stunden beträgt oder die sog. Dreimonatsfrist abgelaufen ist), so ist eine Versteuerung der Mahlzeit mit dem Sachbezugswert vorzunehmen.

Neuerungen 2020/21

Für eintägige auswärtige Tätigkeiten ohne Übernachtung kann ab 2020 ab einer Abwesenheit von mehr als acht Stunden von der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte eine Pauschale von 14 Euro berücksichtigt werden (früher 12 Euro, § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 3 EStG). Für die Kalendertage, an denen Arbeitnehmer 24 Stunden abwesend sind, kann ab 2020 eine Pauschale von 28 Euro vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt bzw. als Werbungskosten in der Steuererklärung geltend gemacht werden (früher 24 Euro, § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 1 EStG). Für den An- und Abreisetag einer solchen mehrtägigen auswärtigen Tätigkeit kann eine Pauschale von jeweils 14 Euro steuerlich angesetzt werden (früher 12 Euro, § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 2 EStG).

Zu den je nach Staat unterschiedlichen Pauschalen für Auslandstätigkeiten ab dem Jahr 2021 hat das BMF gerade eine geänderte Tabelle herausgegeben (BMF, Schreiben v. 3.12.2020 - IV C 5 - S 2353/19/10010 :002). Änderungen ergeben sich gegenüber den Verpflegungsmehraufwendungen 2020 beispielsweise für die Schweiz. Die Pauschalen bei Reisen dorthin betragen ab 2021 bei vollen Abwesenheitstagen (24 Stunden) 64 Euro (bisher 62 Euro) und für den An- und Abreisetag sowie bei Abwesenheit von mehr als acht Stunden 43 Euro (bisher 41 Euro).

Bei Mahlzeitengestellung ergibt sich für Auswärtstätigkeiten im Inland ab 2020 eine Kürzung der jeweils zustehenden Verpflegungspauschale um 5,60 Euro für ein Frühstück und jeweils 11,20 Euro für ein Mittag- und Abendessen. Im Ausland hängen die Kürzungen von der jeweiligen höchsten Verpflegungspauschale ab.

Beispiel 1: Eine Mitarbeiterin ist von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr auswärts bei verschiedenen Kunden im Inland beruflich tätig. In der Mittagspause kauft sie sich eine Pizza und ein Wasser für 8 Euro. Weil sie anlässlich einer eintägigen beruflichen Auswärtstätigkeit mehr als acht Stunden von ihrer Wohnung abwesend ist, kann sie grds. eine Verpflegungspauschale von 14 Euro beanspruchen. Würde sie die Rechnung für die mittags verzehrte Pizza und das Wasser ihrem Arbeitgeber vorlegen und erstattet bekommen, könnte sie nur noch eine gekürzte Verpflegungspauschale von 2,80 Euro (14 Euro -11,20 Euro) beanspruchen.

In den zahlreichen weiteren Beispielen des Erlasses sind die ab 1.1.2020 geltenden gesetzlichen Beträge für Verpflegungsmehraufwendungen, die neuen Kürzungsbeträge und die Sachbezugswerte 2020 berück¬sichtigt. Ab 2021 steigen die Sachbezugswerte auf 1,83 Euro für ein Frühstück und 3,47 Euro für ein Mittag- oder Abendessen.

Mahlzeitenkürzung

Hinsichtlich der Mahlzeitenkürzung ist im Erlass auf folgende Neuerungen hinzuweisen:

  • Eine Mahlzeit, die zur Kürzung der Verpflegungspauschale führt, kann nach Verwaltungsauffassung auch ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Imbiss wie z.B. belegte Brötchen, Kuchen und Obst sein. Die u.a. auf Flügen gereichten kleinen Tüten mit Chips, Salzgebäck, Schokowaffeln, Müsliriegeln oder bei anderen Anlässen zur Verfügung gestellte vergleichbare Knabbereien sowie unbelegte Backwaren (BFH, Urteil v. 3.7.2019, VI R 36/17) erfüllen hingegen nicht die Kriterien für eine Mahlzeit. Sie führen zu keiner Kürzung der Pauschalen. Im Urteilsfall hatte ein Arbeitgeber seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern täglich unbelegte Brötchen kostenlos zur Verfügung gestellt. Nach der Entscheidung des BFH sind unbelegte Brötchen auch in Kombination mit einem Heißgetränk kein Frühstück. Selbst für ein einfaches Frühstücks müsse jedenfalls noch ein Aufstrich oder ein Belag hinzutreten. Damit lagen im Urteilsfall steuerfreie Aufmerksamkeiten vor.
  • Das Zurverfügungstellen einer Mahlzeit durch den Arbeitgeber und damit die Kürzung erfordert nicht, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin die Mahlzeit auch tatsächlich einnimmt. Aus welchen Gründen die Mahlzeit nicht eingenommen wird, ist insoweit unerheblich (BFH, Urteil v. 7.7.2020, VI R 16/18). Im Urteilsfall wurden einem Soldaten sämtliche Mahlzeiten vom Dienstherrn bereitgestellt. Der Kläger nahm jedoch nur am Mittagessen teil, die anderen Mahlzeiten organisierte er sich selbst. Trotzdem waren die Pauschalen (bis auf Null) zu kürzen.
  • Bei Nichteinnahme kann der Arbeitgeber aber eine weitere gleichartige Mahlzeit zur Verfügung stellen (soweit insgesamt der Höchstbetrag von 60 Euro für übliche Mahlzeiten nicht überschritten wird). Ein Werbungskostenabzug bei der Einkommen-steuerveranlagung für eine auf eigene Veranlassung eingenommene Verpflegung anstelle der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Mahlzeit ist hingegen ausgeschlossen.

Beispiel 2: Ein Mitarbeiter verschläft auf dem vom Arbeitgeber gebuchten (Inlands-)Flug das Frühstück. Nach seiner Ankunft nimmt er ein Frühstück zum Preis von 16 Euro im Flughafenrestaurant ein. Er reicht die Frühstücksrechnung beim Arbeitgeber ein und erhält die Kosten in voller Höhe erstattet. Damit wird auch das zweite Frühstück vom Arbeitgeber gestellt. Die Verpflegungspauschale ist wie folgt zu berechnen:

  • Anreisetag: 14,00 Euro
  • Kürzung für gestelltes Frühstück insgesamt : ./. 5,60 Euro
  • verbleibende steuerfreie Verpflegungspauschale: 8,40 Euro

Übernachtung im LKW

Zur Abgeltung der notwendigen Mehraufwendungen, die Arbeitnehmern während einer Auswärtstätigkeit auf einem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug entstehen, kann ab 2020 einheitlich im Kalenderjahr eine Pauschale von 8 Euro für jeden Kalendertag berücksichtigt werden, an dem der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale beanspruchen könnte.

Nach dem Erlass kann die Pauschale auch von mitfahrenden Arbeitnehmern beansprucht werden, die ebenfalls im Fahrzeug übernachten, wenn der Arbeitgeber keine weiteren Erstattungen für Übernachtungskosten leistet bzw. keine weiteren Übernachtungskosten als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Neues zur doppelten Haushaltsführung

Notwendige Mehraufwendungen, die Beschäftigen wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind Werbungskosten in der Steuer-erklärung (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG), und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung begründet oder beibehalten wird. Abzugsfähig sind die Fahrtkosten für die erste und letzte Fahrt zwischen Haupt- und Zweitwohnung (in Höhe der tatsächlichen Kosten) und für wöchentliche Familienheimfahrten (in Höhe der Entfernungs-pauschale von 0,30 Euro je km, ab 2021 in Höhe von 0,35 Euro ab dem 21. Entfernungskilometer). Außerdem können Mehraufwendungen für Verpflegung (für die ersten 3 Monate), Telefonkosten sowie Umzugskosten angesetzt werden. Daneben sind die Aufwendungen für die Unterkunft selbst bis maximal 1.000 Euro monatlich ansetzbar.

Der überarbeitete Verwaltungserlass enthält Neuregelungen insbesondere zu folgenden Punkten:

Lage von Hauptwohnung, Zweitwohnung und erster Tätigkeitsstätte

Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Haushalt unterhält (Hauptwohnung) und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (Zweitwohnung). Aus Vereinfachungsgründen konnte nach bisheriger Verwaltungsauffassung von einer Zweitunterkunft oder -wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte dann noch ausgegangen werden, wenn der Weg von der Zweitunterkunft oder -wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte weniger als die Hälfte der Entfernung der kürzesten Straßenverbindung zwischen der Hauptwohnung (Mittelpunkt der Lebensinteressen) und der ersten Tätigkeitsstätte beträgt.

Der BFH hat hingegen entschieden, dass eine doppelte Haushaltsführung nicht vorliegt, wenn die Hauptwohnung, d.h. der "eigene Hausstand", ebenfalls am Beschäftigungsort belegen ist. Das soll der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige von dieser seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann (BFH, Urteil v. 16.11.2017, VI R 31/16, BStBl II 2018 S. 404).

Der neue Verwaltungserlass setzt diese Rechtsprechung um und regelt die Fälle wie folgt:

  • Eine Fahrzeit von bis zu einer Stunde je Wegstrecke unter Zugrundelegung individueller Verkehrsverbindungen und Wegezeiten kann in der Regel als zumutbar angesehen werden. Dann liegt keine doppelte Haushaltsführung vor.
  • Beträgt die Entfernung zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte mehr als 50 km, ist davon auszugehen, dass sich die Hauptwohnung außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte befindet und eine doppelte Haushaltsführung ist grds. möglich.
  • Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass die Zweitwohnung noch am Ort der ersten Tätigkeitstätte belegen ist und damit ein Doppelhaushalt grds. möglich ist, wenn die Entfernung zwischen Zweitwohnung oder -unterkunft und erster Tätigkeitsstätte nicht mehr als 50 km beträgt.
  • Liegt die Zweitwohnung mehr als 50 km von dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte entfernt, ist zu prüfen, ob die erste Tätigkeitsstätte von der Zweitwohnung oder -unterkunft noch in zumutbarer Weise täglich erreicht werden kann (Fahrtzeit bis zu einer Stunde, siehe oben).

Das Beziehen der Zweitwohnung oder -unterkunft muss zudem aus beruflichen Gründen erforderlich sein. Aus Vereinfachungsgründen kann nach dem Erlass von einer beruflichen Veranlassung des Beziehens der Zweitwohnung oder -unterkunft ausgegangen werden, wenn

  • die kürzeste Straßenverbindung von der Zweitwohnung oder -unterkunft zur ersten Tätigkeitsstätte weniger als die Hälfte der kürzesten Straßenverbindung zwischen der Hauptwohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beträgt
  • oder die Fahrzeit zur ersten Tätigkeitsstätte für eine Wegstrecke halbiert wird.

Beispiel 3: Ein Mitarbeiter hat seine Hauptwohnung in Berlin und in Cottbus seine erste Tätigkeitsstätte. Die Entfernung von Berlin (Hauptwohnung) nach Cottbus beträgt 100 km und die Fahrzeit mit der Bahn 50 Minuten. Der Arbeitnehmer nimmt sich in Forst eine Zweitwohnung. Die Entfernung von dieser Zweitwohnung nach Cottbus (erste Tätigkeitsstätte) beträgt 30 km. Auf Grund der Entfernung von mehr als 50 km zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte liegt die Hauptwohnung nicht am Ort der ersten Tätigkeitsstätte. Die Zweitwohnung in Forst liegt 30 km entfernt und damit noch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte. Es liegt eine doppelte Haushaltsführung vor. Da die kürzeste Straßenverbindung von der Zweitwohnung zur ersten Tätigkeitsstätte (30 km) auch weniger als die Hälfte der Straßenverbindung zwischen Hauptwohnung in Berlin und erster Tätigkeitsstätte beträgt (1/2 von 100 km = 50 km), kann auch von einer beruflichen Veranlassung der doppelten Haushaltsführung ausgegangen werden.

Höchstbetrag für Unterkunftskosten

Der Höchstbetrag von 1.000 Euro monatlich umfasste nach bisheriger Verwaltungsauffassung sämtliche entstehenden Aufwendungen für die Zweitwohnung. Nach der Rechtsprechung des BFH gehören jedoch Kosten für Einrichtungsgegenstände und Hausrat nicht zu den Aufwen¬dungen für die Nutzung der Unterkunft (BFH, Urteil v. 4. 4..2019, VI R 18/17, BStBl II S. 449).

Der Erlass enthält nunmehr eine überarbeitete Aufzählung: Der Höchstbetrag umfasst danach sämtliche entstehenden Aufwendungen wie Miete, Betriebskosten, Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung oder -unterkunft, Zweitwohnungsteuer, Rundfunkbeitrag, Miet- oder Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze, Aufwendungen für Sondernutzung (wie Garten), die vom Arbeitnehmer selbst getragen werden, nicht jedoch Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist. Sie können als sonstige notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden. Übersteigen die Anschaffungskosten für Einrichtung und Ausstattung (ohne Arbeitsmittel) insgesamt nicht den Betrag von 5.000 Euro einschließlich Umsatzsteuer, ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass es sich um notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt. Wird die Zweitwohnung oder -unterkunft möbliert angemietet, überschreitet die Miete den Höchstbetrag und enthält der Mietvertrag keine Aufteilung der Miete für die Überlassung der Wohnung und der Einrichtung und Ausstattung, ist die Miete im Schätzwege aufzuteilen (BFH, Urteil v. 4. 4..2019, VI R 18/17).

Hinweis - Stellplatz und Garage: Aufwendungen für einen separat angemieteten Garagenstellplatz sollen nach dem neuen Erlass unverändert in den Höchstbetrag einzubeziehen sein. Dem hat aber aktuell das FG Saarland widersprochen: Auch dort ging es um den zusätzlichen Abzug für Einrichtungs-gegenstände sowie darüber hinaus um einen Stellplatz. Nach dem Urteil gehören auch die Aufwendungen für einen separat angemieteten PKW-Stellplatz zum Parken des Dienstwagens nicht zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft, sondern zu den sonstigen abziehbaren Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung (FG Saarland, Gerichtsbescheid v. 20.5.2020, 2 K 1251/17). Die Revision ist zugelassen, ein Aktenzeichen wurde aber vom BFH bisher nicht veröffentlicht.

Beendigung

Bei Beendigung der doppelten Haushaltsführung ist eine Vorfälligkeitsentschädigung wegen vorzeitiger Ablösung einer Hypothek aufgrund der Veräußerung der Zweitwohnung nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen (vgl. BFH, Urteil v. 3.4.2019, VI R 15/17, BStBl II S. 446). Mit Beendigung der doppelten Haushaltsführung und der Veräußerung der Wohnung wird nach der Entscheidung des BFH Veranlassungszusammenhang zur Anstellung aufgelöst. Auch dieses Urteil setzt die Verwaltung um

BMF, Schreiben v. 25.11.2020, IV C 5 - S 2353/19/10011 :006