Die neue EU-Zinsrichtlinie
Wesentlicher praxisrelevanter Inhalt der neuen Richtlinie sind die folgenden Punkte:
- Die Qualität der Auskünfte, die zur Feststellung der Identität und des Wohnsitzes der wirtschaftlichen Eigentümer herangezogen werden, wird verbessert. Dazu sollen die Zahlstellen künftig neben Geburtsdatum und Geburtsort auch die jeweilige Steuer-Identifikationsnummern oder vergleichbare Ordnungsnummern übermitteln. Zudem werden auch Auskünfte zu gemeinsamen Konten bzw. zu gemeinsam gehaltenem wirtschaftlichen Eigentum qualitativ verbessert.
- Es wird ein Transparenzkonzept (Look-through-approach) eingefügt. Danach werden die Zahlstellen bei Zahlungen an bestimmte Einrichtungen oder Rechtsvereinbarungen mit einer Niederlassung oder Geschäftsleitung in bestimmten Ländern oder Gebieten verpflichtet, alle ihnen vorliegenden Angaben zum tatsächlichen wirtschaftlichen Eigentümer zu nutzen. Damit soll sichergestellt werden, dass bei einer natürlichen Person als wirtschaftlicher Eigentümer, die nicht im betreffenden Mitgliedstaat ansässig ist, die Zinsrichtlinie nicht mehr umgangen werden kann.
- In dem Zusammenhang wurden umfangreiche Anlagen (im Sinne einer “Schwarzen Liste“) erstellt, in denen die betroffenen, in den Drittländern ansässigen Einrichtungen und Rechtsvereinbarungen aufgeführt sind. Damit dürfte das Manko behoben sein, dass die Zinsrichtlinie bisher nur für Zinszahlungen anzuwenden war, die unmittelbar an natürliche Personen innerhalb der EU erfolgten. Wurde eine Einrichtung oder Rechtsvereinbarung zwischengeschaltet, konnte dies leicht umgangen werden.
- Ebenso soll es damit gelingen, eine Umgehung der Richtlinie durch eine einfache Umleitung von Zinszahlungen über außerhalb der EU ansässige Wirtschaftsteilnehmer zu verhindern. Durch die internationale Verflechtung der Finanzinstitute mit Zweigstellen, Tochterunternehmen, verbundene Unternehmen, Holdinggesellschaften, etc. ist es bisher möglich, die Zinsrichtlinie auszuhebeln. Die Wirtschaftsteilnehmer werden nun verstärkt in die Pflicht genommen, indem diese bei solchen Konstellationen als Zahlstelle mit entsprechend weitergehenden Pflichten gelten.
- In sachlicher Hinsicht wird der Begriff der Zinserträge erweitert. Insbesondere werden auch Erträge aus Finanzinstrumenten einbezogen, die in Bezug auf den Umfang des Risikos, die Flexibilität und die vereinbarte Rendite Forderungen gleichwertig sind.
- Zudem sollen auch Lebensversicherungen, die eine Ertragsrendite garantieren, unter die Zinsrichtlinie fallen. Gleiches gilt, wenn die Leistung zu mehr als 40 % an Erträge aus Forderungen oder gleichwertige Erträge gekoppelt ist.
- Bei Investmentfonds mit Sitz in der EU werden aktuell nur Erträge erfasst, die durch zugelassene Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) erzielt werden. Künftig werden generell auch Erträge von Nicht-OGAW einbezogen und damit alle Investmentfonds unabhängig von deren Rechtsform berücksichtigt.
- Zu Investmentfonds außerhalb der EU bzw. des EWR wird klargestellt, dass durch die Richtlinie Zinsen und gleichwertige Erträge aus all diesen Fonds unabhängig von ihrer Rechtsform bzw. der Art ihrer Platzierung erfasst werden.
- Der Begriff der Zinszahlung wird klarer definiert, sodass neben Direktanlagen auch indirekte Anlagen berücksichtigt werden können. Ferner kommt es zum Einbezug von Erträgen, die durch Organisationen in anderen Ländern für gemeinsame Anlagen erzielt werden.
- Zuletzt soll das Verfahren der freiwilligen Auskunftserteilung gleichwertig neben das aufwendigere “Bescheinigungsverfahren“ treten. Der wirtschaftliche Eigentümer mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat damit ein Wahlrecht, wie er die Erhebung einer Quellensteuer vermeiden will.
Damit wird durch die neue Richtlinie 2014/48/EU vom 24.03.2014 (Amtsblatt der EU v. 15.4.2014, L 111/50) die bisherige Richtlinie 2003/48/EG für den Bereich der Besteuerung von Zinserträgen punktuell nachgebessert bzw. erweitert. Es wird sich zeigen, ob die Maßnahmen ausreichen, um künftige Gestaltungen wirksam zu unterbinden. Die EU-Staaten sind aufgefordert, die weitere Entwicklung zu beobachten und regelmäßig zu berichten.
Die Umsetzung in nationales Recht muss bis zum 1.1.2016 erfolgen und eine Anwendung ab dem Jahr 2017 sicher gestellt sein.
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