Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Übergang wirtschaftlichen Eigentums/Nichtzulassungsbeschwerde bei kumulativer Urteilsbegründung
Leitsatz (NV)
1. Die Voraussetzung tatsächlicher Sachherrschaft gilt auch dann, wenn es im Übrigen um die Frage geht, ob ein Vorstadium des rechtlichen Eigentumsübergangs eine Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO vermittelt.
2. Hat das FG seine Entscheidung kumulativ auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, ist die Zulassung der Revision nur möglich, wenn für jeden der Gründe ein Zulassungsgrund vorliegt.
Normenkette
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 91; ZPO § 227
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 15.07.2008; Aktenzeichen 6 K 696/05) |
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegt nicht vor. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Die Vorentscheidung ist entgegen der Beschwerdebegründung nicht deshalb "greifbar gesetzeswidrig" (vgl. dazu Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler --HHSp--, § 115 FGO Rz 206 ff.), weil sie den Übergang (auch) des wirtschaftlichen Eigentums auf die erwerbende GbR abgelehnt hat. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) hätte dazu die GbR die tatsächliche Sachherrschaft über das Grundstück ausüben müssen. Denn diese Voraussetzung gilt auch dann, wenn es im Übrigen um die Frage geht, ob ein Vorstadium des rechtlichen Eigentumsübergangs eine Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO vermittelt (siehe P. Fischer in HHSp, § 39 AO Rz 54). Die GbR hatte aber zunächst ersichtlich keine tatsächliche Sachherrschaft erlangt. Auch die fingierte Abnahme konnte den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht bewirken. Da nach den Feststellungen der Vorentscheidung in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang die Bank das der GbR gewährte Darlehen fällig gestellt und durch Verrechnung mit dem durch die Verkäuferin verpfändeten Festgeldkonto getilgt hatte, konnte das Finanzgericht (FG) darin ein Rückgängigmachen des Kaufpreises sehen, so dass nach den gegebenen vertraglichen Voraussetzungen schon deshalb der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht bewirkt worden war. Diese Würdigung des Sachverhalts ist jedenfalls möglich und schließt eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG von vornherein aus.
2. War das Grundstück gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO der GbR zu keinem Zeitpunkt zuzurechnen, so kommt es auf die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als grundsätzlich bedeutsam i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO herausgestellte Frage mangels Klärbarkeit nicht an, ob die Vertragsaufhebung und Kaufpreiserstattung zurück wirken. Ebenso liegt es hinsichtlich der gerügten Abweichung von der Rechtsprechung des BFH bei der Frage, ob die Einziehung von Schadensersatzansprüchen wegen Mietausfalls zu Vermietungseinkünften führen. Auch dieser Zulassungsgrund (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) kommt, wie der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) in seiner Beschwerdeerwiderung zutreffend geltend macht, nicht zum Zuge, weil das Urteil darauf nicht beruht. Hat das FG seine Entscheidung --wie hier-- kumulativ auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, ist die Zulassung der Revision nur möglich, wenn für jeden der Gründe ein Zulassungsgrund vorliegt (st. Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. Mai 1974 IV B 3/74, BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524, und vom 17. April 2000 X B 9/00, BFH/NV 2000, 1334). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn ist schon das wirtschaftliche Eigentum nicht auf die GbR übergegangen, wovon mangels eines Zulassungsgrundes (siehe unter 1.) auszugehen ist, fehlt es an der maßgebenden Bedingung für die Sonderabschreibung und es kommt auf die weiteren Fragestellungen nicht an.
3. Schließlich hat das FG auch nicht verfahrensfehlerhaft gehandelt. Es hat es mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt, den Termin zu vertagen und hat sich dabei im Rahmen des § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) gehalten. § 227 Abs. 3 ZPO ist entgegen der Beschwerdebegründung schon wegen § 91 Abs. 4 FGO im finanzgerichtlichen Verfahren unanwendbar. Überdies ist die Vertretung in der mündlichen Verhandlung durch ein anderes Mitglied der bevollmächtigten Sozietät nach zweiwöchiger Einarbeitungszeit jedenfalls zumutbar (vgl. dazu Schallmoser in HHSp, § 91 FGO Rz 103).
Fundstellen
Haufe-Index 2118214 |
BFH/NV 2009, 547 |