Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit von Vereinbarungen
Leitsatz (NV)
1. § 41 AO 1977 setzt voraus, daß überhaupt ein Rechtsgeschäft vorliegt. Bejaht dies das FG für einen Kaufvertrag, nicht aber für das dem Vollzug des Kaufvertrages dienende dingliche Rechtsgeschäft, so kann auf das dingliche Rechtsgeschäft § 41 AO 1977 nicht angewendet werden.
2. An die Vertragsauslegung durch das FG ist der BFH grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden.
3. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO setzt ein Abweichen in Rechtsfragen voraus.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2, § 118 Abs. 2; AO 1977 § 41
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen.
1. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfene Rechtsfrage, welche Bedeutung § 41 der Abgabenordnung (AO 1977) für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums an GmbH-Geschäftsanteilen bei Erwerbsfällen nach § 15 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) habe, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Sie ist insbesondere weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig.
a) Das Finanzgericht (FG) hat in seiner Entscheidung die Auffassung vertreten, daß § 41 AO 1977 nur über die Unwirksamkeit des am 30. Oktober 1988 abgeschlossenen privatrechtlichen Kaufvertrags hinweghelfe. § 41 AO 1977 erfasse aber nicht solche Rechtsgeschäfte, die noch gar nicht abgeschlossen worden seien, wie im Streitfall das dingliche Rechtsgeschäft "Gesellschaftsanteilsabtretung". Geht man, wie das FG, bei Auslegung des privatschriftlichen Kaufvertrags davon aus, daß es bis zum 14. April 1989, dem Tag der notariellen Beurkundung der Abtretung der Gesellschaftsanteile (§ 15 Abs. 3 GmbHG), an einer Abtretung schlechthin fehlt, kann insoweit § 41 AO 1977, der das Vorliegen eines, wenn auch unwirksamen, Rechtsgeschäfts voraussetzt, nicht eingreifen. Dies ist eindeutig. Insoweit besteht daher kein Klärungsbedarf.
Im Zusammenhang mit der Tatfrage (vgl. zur Bindung an die Vertragsauslegung des FG z. B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 118 Rdnr. 17, m. w. N.), ob der privatschriftliche Kaufvertrag vom 30. Oktober 1988 tatsächlich nur die schuldrechtliche Verpflichtung zur Abtretung der Gesellschaftsanteile und nicht zugleich auch eine, wenn auch unwirksame, Abtretung der Anteile selbst enthält, hat die Klägerin keine Verfahrensrügen i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhoben (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).
b) Das FG hat ferner die Auffassung vertreten, daß die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis eines Rechtsgeschäfts "Gesellschaftsanteilsabtretung" nicht hätten ein treten lassen, weil die Klägerin weder im Innen- noch im Außenverhältnis die Sachherrschaft über die Anteile ausgeübt habe. Vielmehr sei ausschließlich der Verkäufer der Anteile als deren Inhaber aufgetreten. Damit hat das FG der unter Nr. 1 genannten Urteilsbegründung eine Begründungsalternative hinzugefügt, die als solche ebenfalls die Klageabweisung stützt. Insoweit fehlt es in der Beschwerdebegründung an der notwendigen Darlegung von Zulassungsgründen (vgl. z. B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 11, m. w. N.).
2. Auch die Rüge der Divergenz ist unbegründet.
Das FG hat entgegen der Auffassung der Klägerin nicht den Rechtssatz aufgestellt, daß bei formunwirksamen Rechtsgeschäften wirtschaftliches Eigentum i. S. des § 39 AO 1977 nicht begründet werden könne. Es hat vielmehr in tatsächlicher Hinsicht sowohl das Vorliegen eines (unwirksamen) Rechtsgeschäfts "Gesellschaftsanteilsabtretung" als auch ein von den Beteiligten gewolltes Eintreten des wirtschaftlichen Ergebnisses einer Anteilsabtretung verneint. Die Klägerin verkennt insoweit, daß es sich um reine Tatfragen handelt. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO setzt aber eine Divergenz in Rechtsfragen voraus. Eine Divergenz läßt sich daher auch nicht mit dem Hinweis begründen, daß der Bundesfinanzhof (BFH) in den von der Klägerin zitierten Entscheidungen zum einen eine (konkludente) Gesellschaftsanteilsabtretung bejaht hat (so BFH-Urteil vom 14. Mai 1969 VI R 174/68, BFHE 95, 537, BStBl II 1969, 501) bzw. zum anderen davon ausging, daß die Be teiligten das wirtschaftliche Ergebnis des unwirksamen Rechtsgeschäfts eintreten lassen wollten (so BFH-Urteile vom 14. Februar 1984 VIII R 41/82, BFHE 141, 121, BStBl II 1984, 550; vom 2. Mai 1984 VIII R 276/81, BFHE 141, 498, BStBl II 1984, 820; vom 5. November 1986 II R 237/85, BFHE 148, 340, BStBl II 1987, 225).
Im übrigen ergeht dieser Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juni 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 26. November 1996 (BGBl I 1996, 1810, BStBl I 1996, 1522) ohne Begründung.
Fundstellen