Leitsatz (amtlich)
Die Aufzucht und Veräußerung von Hunden ist regelmäßig gewerblich.
Normenkette
EStG § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 15 (Abs. 1) Nr. 1, § 15 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) züchtet Dackel. In den Streitjahren 1973 bis 1975 hielt er ca. 50 Muttertiere und 10 Vatertiere. Aus dem Verkauf von Welpen erzielte er Betriebseinnahmen von jährlich 35 000 DM bis 45 000 DM. Daneben unterhielt er ein Tierheim nebst Hundepension; hieraus erzielte er Betriebseinnahmen von jährlich ca. 4 000 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) veranlagte den Kläger nach einer Betriebsprüfung mit gewerblichen Gewinnen. Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit folgender Begründung ab: Einkünfte aus Dackelzucht seien nicht Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Es handele sich nicht um Tierzucht und Tierhaltung i. S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Hunde seien keine Tiere, die der Verwertung der aus dem Boden gewonnenen pflanzlichen Erzeugnisse dienten bzw. von der landwirtschaftlichen Nutzfläche abhängig sein könnten. Diese Einschränkung ergebe sich aus § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG i. V. m. § 51 Abs. 2 bis 4 des Bewertungsgesetzes (BewG). Die Anlage 1 zu § 51 Abs. 4 BewG führe nicht Hunde auf. Pelztiere seien nicht Hunden vergleichbar, weil es möglich sei, das Futter für Pelztiere überwiegend aus landwirtschaftlich genutzten Flächen zu gewinnen. Der Kläger könne sich nicht auf das zur Zierfischzucht ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. Oktober 1960 IV 93/60 U (BFHE 72, 14, BStBl III 1961, 7) berufen. Bei der Fischzucht sei nicht ein Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen Betrieb erforderlich.
Der Kläger rügt mit der Revision, die das FG zugelassen hat, einen Widerspruch zu dem klaren Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG: Hunde seien Tiere. Der BFH habe im Urteil in BFHE 72, 14, BStBl III 1961, 7 eine Auslegung des § 13 EStG gegen dessen Wortlaut abgelehnt. Allerdings dürften nach dem Gesetz bestimmte Vieheinheiten je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche nicht überschritten werden. wobei es nur darauf ankomme, daß die Tiere ihre Futtergrundlage überwiegend in der Landwirtschaft finden könnten. Die Aufzählung der Tiere in der Anlage 1 zu § 51 Abs. 4 BewG sei nicht abschließend; sonst wäre die Sonderbehandlung der Pelztiere in § 51 Abs. 5 BewG unverständlich. Der fehlende Umrechnungsschlüssel für Hunde könne in Anlehnung an die Haltung von Zuchtkaninchen mit 0, 025 Einheiten je Hektar angesetzt werden. Die eigengenutzte landwirtschaftliche Fläche würde danach eine Haltung von ca. 400 Hunden erlauben. Der tatsächliche Hundebestand habe indessen nur ca. 60 Tiere betragen. Der Gewinn, der nach Durchschnittssätzen zu ermitteln sei (§ 13a EStG), sei niedriger als der Freibetrag des § 13 Abs. 3 EStG.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat im Ergebnis zu Recht Einkünfte aus Gewerbebetrieb angenommen. Die Einkünfte des Klägers aus der Dackelzucht sind nicht Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2 bis 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung gehören zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft auch die Einkünfte aus der Tierzucht und Tierhaltung, wenn nicht mehr als die Zahl der dort bestimmten Vieheinheiten je Hektar der regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Fläche erzeugt oder gehalten wird; die Tierbestände sind nach dem Futterbedarf in Vieheinheiten umzurechnen; § 51 Abs. 2 bis 5 BewG ist anzuwenden. § 51 Abs. 4 BewG verweist wegen der Umrechnung auf Anlage 1 zum Bewertungsgesetz, die einen Umrechnungsschlüssel für folgende Tierarten angibt: Pferde, Rindvieh, Schafe, Ziegen, Schweine und verschiedene Geflügelarten. Hunde sind nicht mit aufgeführt.
Die Aufzählung in Anlage 1 zum Bewertungsgesetz ist nicht abschließend. Der Kläger weist zutreffend auf § 51 Abs. 5 BewG hin, wonach Pelztiere, die ebenfalls nicht in Anlage 1 aufgeführt sind, dennoch zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören, wenn die erforderlichen Futtermittel überwiegend von den landwirtschaftlich genutzten Flächen gewonnen werden. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß durch die erst 1965 eingeführte Bezugnahme auf § 51 Abs. 4 BewG (vgl. Gesetz über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen vom 15. September 1965, BGBl I 1965, 1350) Tiere, die herkömmlicherweise der Landwirtschaft dienen können, von einer landwirtschaftlichen Tierzucht und Tierhaltung ausgeschlossen werden sollten. Dabei ist u. a. an Esel, Maulesel und Maultiere zu denken, die nicht in der Anlage 1 zum Bewertungsgesetz aufgeführt sind, aber seit jeher dem landwirtschaftlich nutzbaren Vieh zugeordnet sind (siehe § 481 BGB). Auch die Verwaltung sieht den bewertungsrechtlichen Katalog nicht als abschließend an. Abschn. 124a Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1972 bis 1975 ergänzt ihn um Kaninchen, Abschn. 124a Abs. 2 EStR 1978 sogar um Damtiere. Der Gesetzgeber wollte, wie den Materialien zu § 13 EStG 1965 und § 51 BewG 1965 zu entnehmen ist, dem Wandel der Landwirtschaft in Richtung auf eine verstärkte Tierveredelungswirtschaft Rechnung tragen (Bundestags-Drucksache IV/1488 S. 46, IV/3568 S. 6), also die bisherige landwirtschaftliche Tierzucht und Tierhaltung nicht einengen.
Innerhalb der landwirtschaftlichen Tierzucht und Tierhaltung wird unterschieden zwischen der Zubehörtierhaltung und der speziellen Tierhaltung (gemeinsame Ländererlasse vom 10. Juli 1964 S 3110-4-VC 1, S 2140-18-VB 1, L 1400-10-VA 2, BStBl II 1964, 106). Im ersten Fall hält sich die Tierhaltung nach dem Gesamtbild und der Verkehrsauffassung im üblichen Rahmen der Landwirtschaft, wobei es genügt, daß der Boden die wesentliche Futtergrundlage abgeben kann; im zweiten Fall bestimmt die Tierhaltung das Gesamtbild des Betriebs so entscheidend, daß dieser nur dann der Landwirtschaft zugerechnet werden kann, wenn das Futter tatsächlich im wesentlichen aus dem Boden gewonnen wird (BFH-Urteil vom 19. Juli 1955 I 203/53 U, BFHE 61, 215, BStBl III 1955, 281). Die Unterscheidung war in § 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1934 angelegt und wurde in § 13 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz Nr. 2 EStG 1959 im Anschluß an das BFH-Urteil in BFHE 61, 215, BStBl III 1955, 281 ausdrücklich formuliert. § 13 EStG 1965 hat sie im wesentlichen aufgegeben und stellt bei dem Ansatz von Vieheinheiten je Hektar im Sinne der Zubehörtierhaltung auf die mögliche Futtergrundlage ab; eine spezielle Tierhaltung ist noch die Pelztierzucht (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i. V. m. § 51 Abs. 5 BewG; Abschn. 124a Abs. 5 EStR). Es kann unentschieden bleiben, ob bei einer Ergänzung des § 51 BewG um weitere Tierarten diese der Zubehörtierhaltung oder der speziellen Tierhaltung zuzurechnen wären. Beide Tierhaltungen erfordern jedenfalls einen Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Bodennutzung (gemeinsame Ländererlasse vom 10. Oktober 1964, a. a. O.). Landwirtschaftliche Tierzucht und Tierhaltung muß stets ihre Grundlage in der Bodenbewirtschaftung finden (BFH-Urteil vom 16. November 1978 IV R 191/74, BFHE 126, 220, BStBl II 1979, 246; siehe auch Bundestags-Drucksache IV/1488 S. 46). Der Betrieb des Klägers erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Der Kläger vertritt die Auffassung, daß jede Tierzucht und -haltung landwirtschaftlich sein könne, sofern nur eine ausreichende Futtergrundlage vorhanden ist. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zu beurteilen ist die im Inland betriebene Landwirtschaft. Was ihr zuzurechnen ist, richtet sich zunächst nach dem herkömmlichen Begriff der deutschen Landwirtschaft, wie er sich im kontinentaleuropäischen Bereich entwickelt hat. Das schließt nicht Fortentwicklungen aus. So wurde z. B. die Möglichkeit einer landwirtschaftlichen Pelztierzucht anfangs verneint (Urteile des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 6. März 1930 III A 113/29, RStBl 1930, 253; vom 12. Juli 1933 VI A 843/33, RStBl 1933, 1114), aber nach Einführung des § 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1934 unter der Voraussetzung bejaht, daß zur Tierzucht überwiegend Erzeugnisse verwendet werden, die im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb gewonnen sind (Begründung zum Einkommensteuergesetz 1934, RStBl 1935, 33, 41). Letztlich bestimmt die Verkehrsauffassung, welche Tierarten in welchem Ausmaß und für welche Zwecke landwirtschaftlich gezüchtet und gehalten werden können. Im Vordergrund steht die Viehzucht und -haltung. Der Begriff der Tierzucht und -haltung geht jedoch darüber hinaus (RFH-Urteil vom 19. Oktober 1928 I A 213/28, RFHE 24, 185, 187, RStBI 1929, 26). Zu eng erscheint die möglicherweise der Vorentscheidung zugrunde liegende Auffassung, daß nur pflanzenfressende Tiere landwirtschaftlich gezogen und gehalten werden können. § 13 EStG läßt nicht erkennen, daß lediglich die Fleischveredelung erster Stufe Landwirtschaftlich sein könnte.
Hunde dienen der deutschen Landwirtschaft herkömmlicherweise zum Hüten und als Wachtiere (Busch in Roemer/Scheibe/Schmidt/ Woermann, Handbuch der Landwirtschaft, 1954, S. 116). Darüber hinaus werden sie - das gilt auch für Dackel - als Jagdtiere eingesetzt und sind insoweit, sofern die Jagd mit dem Betrieb einer Landwirtschaft (oder Forstwirtschaft) im Zusammenhang steht (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 EStG), Gegenstand der Erzielung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Es ist nicht ersichtlich, daß sich diese herkömmlichen landwirtschaftlichen Nutzungen des Hundes verändert oder erweitert hätten. Ausgeweitet hat sich indessen immer mehr die Hundehaltung außerhalb der Land- und Forstwirtschaft: die Haustierhaltung (aus Liebhaberei, aus Freude am Tier, zwecks Erfüllung von Luxusbedürfnissen), die Gebrauchshundhaltung (Polizeidienst, Blindenführung) und wohl auch die Versuchstierhaltung. Soweit Hunde für diese Zwecke gezüchtet werden, handelt es sich nicht um Land- und Forstwirtschaft, gleichviel, ob der Züchter die Fütterung der Mutter-, Vatertiere und Welpen aus eigenen landwirtschaftlichen Flächen bestreitet oder bestreiten kann. Die Züchtung von Hunden zwecks Veräußerung für nichtlandwirtschaftliche und nichtforstwirtschaftliche Zwecke steht nicht mehr im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Bodennutzung. Die deutsche Landwirtschaft versteht sich als Urproduktion vorwiegend für Zwecke der Ernährung und vergleichbare Nutzzwecke (z. B. Gewinnung von Wolle und Pelzen für Bekleidung). Die Züchtung und Abgabe von Haustieren (Hunde, Katzen oder Singvögel) liegt außerhalb land- und forstwirtschaftlicher Übung (Kuhn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz 1925, 4. Aufl., 1926, § 26 Anm. 3). Gleiches gilt für die Züchtung von Polizei-, Blinden- und Versuchshunden.
Mit Strutz (Kommentar zum Einkommensteuergesetz 1925 § 26 Anm. 12) wird eine Hundezucht dann als landwirtschaftlich (ggf. forstwirtschaftlich) angesehen werden können, wenn sie einen land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb darstellt, z. B. hauptsächlich der Züchtung von Wach- und Jagdhunden für den eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Strutz (a. a. O.) hält darüber hinaus ausnahmsweise auch eine Hundezucht (z. B. von Jagdhunden) in einem (speziellen) landwirtschaftlichen Hauptbetrieb für denkbar. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob dem zu folgen wäre. Denn ein solcher Fall liegt nicht vor.
Der Kläger hat nicht geltend gemacht, daß er Dackel nur für land- oder forstwirtschaftliche Wach-, Hüte- oder Jagdzwecke verkauft hätte. Er betreibt auch keine Landwirtschaft (Forstwirtschaft), zu der die Dackelzucht ein Nebenbetrieb sein könnte. Das BFH-Urteil in BFHE 72, 14, BStBl III 1961, 7 zur Zierfischzucht betraf die Auslegung des § 13 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1955. Der IV. Senat des BFH hat für die hier maßgebende Fassung des § 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1965 die Auffassung vertreten, daß das o. a. Urteil nicht mehr anwendbar sei (nichtveröffentlichtes Urteil vom 28. Oktober 1976 IV R 50/73). Davon abgesehen, befindet sich der Senat in Übereinstimmung mit den vom IV. Senat im Urteil in BFHE 72, 14, BStBl III 1961, 7 angewandten Auslegungsgrundsätzen. Der Kläger übersieht, daß der Zusammenhang der Tierzucht und -haltung mit dem Betrieb einer Landwirtschaft (Forstwirtschaft) im Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG zum Ausdruck kommt. Damit entfällt die Annahme einer Land- und Forstwirtschaft. Die sonstigen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs (§ 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung) sind nicht in Zweifel gezogen worden.
Das Tierheim und die Hundepension, die nur einen geringen Teil der gesamten Betriebseinnahmen erbringen, sind unselbständige Teile der Dackelzucht und teilen deren gewerblichen Charakter.
Fundstellen
Haufe-Index 413439 |
BStBl II 1981, 210 |
BFHE 1981, 29 |