Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der Steuerbefreiungsvorschriften des § 3 GrEStG auf eine Gesamthand. interpolierende Betrachtungsweise. Grunderwerbsteuer
Leitsatz (redaktionell)
Ein striktes Beharren auf der selbstständigen Rechtsträgerschaft von Gesamthandsgemeinschaften gegenüber ihren Gesellschaftern würde zu nicht vertretbaren Ergebnissen führen. Die grunderwerbsteuerlichen Befreiungsvorschriften sind deshalb nicht buchstabengetreu anzuwenden, sondern es ist durch Auslegung, erforderlichenfalls auch mittels Interpolation mehrerer Befreiungsvorschriften, der objektiv erkennbare und abstrakt abgrenzbare Wille des Gesetzgebers aus dem Zusammenhang des Gesetzes zu erschließen, ohne allerdings den Anwendungsbereich der jeweiligen Befreiungstatbestände zu erweitern. Diese Überlegungen führen im Ergebnis dazu, den Rechtsgedanken des § 3 Nr. 6 GrEStG in der Weise auf die … Vergünstigungsvorschrift des § 5 GrEStG zu übertragen, dass bei einer Verwandtschaft in gerader Linie zwischen demjenigen, der ein Grundstück auf eine Gesamthand überträgt, und den an dieser Gesamthand beteiligten Gesamthändern das Nichtbeteiligtsein des Grundstücksveräußerers an der Gesamthand der Gewährung der Vergünstigung nach § 5 GrEStG nicht entgegensteht.
Normenkette
GrEStG 1997 § 3 Nr. 6 S. 1; GrEStG § 5 Abs. 1, 3
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit Gesellschaftsvertrag vom 30. April 2001 wurde die … Grundstücks GbR (Klägerin – Klin –) gegründet. Zweck der Gesellschaft ist nach § 2 des Vertrags das Halten. Verwalten und Vermieten von eigenem und fremden Grundbesitz und sonstigen Vermögenswerten. Gesellschafter zum Gründungszeitpunkt waren … mit einer vermögensmäßigen Beteiligung von 0 % und ihre beiden Söhne … und … mit
jeweils 50 %. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts dieses Gesellschaftsvertrags wird auf ihn Bezug genommen (Bl. 131–137 der Grunderwerbsteuer … – GrESt – Akten Band I des Beklagten – Bekl –).
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 4. Mai 2001 (Vertrag I, Bl. 3–15 der GrESt – Akten Band I des Bekl) übertrugen die Eheleute … und … das ihnen als Miteigentümer zu je ½ gehörende Grundstück … in … (77 ar 11 qm) auf die Klin. Unter II. 1. dieses Vertrags finden sich folgende Regelungen:
„Die Übertragung des Grundbesitzes erfolgt, soweit Herr … und Herr … an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Vollzug der Übertragung zu jeweils 35 % beteiligt sind, schenkweise seitens beider Elternteile, betreffend des zuvor von Herrn … gehaltenen Miteigentumsanteils zu 100 % schenkweise zugunsten seiner beiden Söhne und betreffende des zuvor von Frau … gehaltenen Miteigentumsanteils schenkweise zu jeweils 20 %, 60 % des von ihr zuvor gehaltenen Miteigentumsanteils erfolgt als Einbringung zugunsten von Frau … so dass sie nach Vollzug zu 30 % Vermögens- und kapitalmäßig an der GbR beteiligt ist. Die Übertragung erfolgt mit Wirkung zum 1.5.2001 (Einbringungsstichtag).”
Nach Abschnitt II. 4. des Vertrags gehen Besitz, Nutzen und Gefahren hinsichtlich des übertragenen Grundbesitzes mit Wirkung zum Einbringungsstichtag auf die Gesellschafter der Klin über. Nach Abschnitt IV. (Vorbehalt von Versorgungsleistungen) behalten sich … und … gegenüber den beiden Beschenkten als Gesamtschuldner eine lebenslängliche, wertgesicherte monatliche Versorgungsrente i.H.v. insgesamt DM 3.500 (…) sowie i.H.v. DM 2.000 (…) vor.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 4. Mai 2001 mit Anlage (Vertrag II, Bl. 16 bis 21 der GrESt – Akten Band I des Bekl) übertrugen … und … ihre an der Klin gehaltenen Gesellschaftsanteile i.H.v. jeweils 35 % auf die … GmbH mit Wirkung zum 5. Mai 2001 mit der Folge, dass Eigentümer des Grundstücks … in … nunmehr … zu 30 % und die … GmbH zu 70 %, untereinander verbunden in Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wurden.
Mit nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid über GrESt vom 18. Mai 2001 setzte der Bekl wegen des Einbringungsvertrags vom 4. Mai 2001 (Vertrag I) GrESt i.H.v. … DM fest. Mit Verwaltungsakt vom 7. August 2001 wurde vorstehender GrESt – Bescheid aus verfahrensrechtlichen Gründen (§ 125 AO) aufgehoben (Bl. 52 der GrESt – Akten Band. I des Bekl).
Mit nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid über GrESt vom 16. August 2001 setzte der Bekl erneut die GrESt wegen des Einbringungsvertrags vom 4. Mai 2001 (Vertrag I) auf … DM fest (Bl. 62 und 63 der GrESt – Akten Band I des Bekl). Hiergegen richtete sich der Einspruch der Klin vom 27. August 2001.
Nach Ergehen eines Bescheids über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 4. Mai 2001 für die wirtschaftliche Einheit in … vom 12. Oktober 2001 (Bl. 147 der GrESt – Akten Band I des Bekl) erließ der Bekl am 12. November 2001 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid über GrESt, mit dem die GrESt auf nunmehr … DM festgesetzt wurde. Dabei wurden vom Bekl 30 % der Bemessungsgrundlag...