Entscheidungsstichwort (Thema)
Interpolation zwischen § 5 Abs. 2 GrEStG und § 3 Nr. 2 GrEStG
Leitsatz (redaktionell)
§ 5 Abs. 3 GrEStG kann durch Interpolation zwischen § 5 Abs. 2 GrEStG und der Befreiungsnorm des § 3 Nr. 2 GrEStG eingeschränkt werden. Bei einer Einbringung eines Grundstücks in eine Gesamthand ist die durch eine anschließende schenkweise Übertragung eines Anteils erfolgte Anteilsminderung im Rahmen des § 5 GrEStG unschädlich, soweit der Anteilserwerber das Grundstück von dem Einbringenden hätte steuerfrei erwerben können.
Normenkette
GrESt § 5 Abs. 1-3, § 3 Nrn. 2, 6
Nachgehend
Tenor
Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 17. September 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. November 2004 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG im Rahmen der Steuervergünstigung nach § 5 GrEStG zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin wurde durch Vertrag vom 20. Dezember 2001 gegründet. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Verwaltung und Nutzung von Grundstücken sowie von Anlagen und Einrichtungen. Gründungsgesellschafter waren als Komplementärin die A Geschäftsführung GmbH (künftig: GmbH) und A als Kommanditist. Die GmbH leistete keine, A eine Einlage von 50.000 EUR.
Durch privatschriftlichen Vertrag vom 30. August 2002 und notarieller Urkunde vom 6. Dezember 2002 brachte A alle aktiven und passiven Vermögensgegenstände des Besitzeinzelunternehmens einschließlich des streitgegenständlichen Grundstücks in die Klägerin ein. Am 7. Dezember 2002 schenkte A seinen Söhnen D und E sowie Frau F jeweils einen Anteil am Kommanditkapital der Klägerin von 8.000 EUR (16 % des Kommanditkapitals).
Mit Bescheid vom 31. Juli 2003 stellte der Beklagte den Grundstückswert zum 6. Dezember 2002 für das genannte Grundstück auf 872.500 EUR fest. Er rechnete diesen Wert in vollem Umfang der Klägerin zu. Durch Bescheid vom 17. September 2004 setzte der Beklagte Grunderwerbsteuer in Höhe von 4.886 EUR für den auf F entfallenden Anteil des Grundstückswertes (16 % von 872.500 EUR = 139.600 EUR) fest; in Höhe der verbleibenden Quote von 84 % wurde die Steuer nicht erhoben. Den Einspruch der Klägerin vom 11. Oktober 2004 wies der Beklagte durch Entscheidung vom 11. November 2004 als unbegründet zurück.
Am 15. Dezember 2004 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 17. September 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. November 2004 aufzuheben.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, die Grunderwerbsteuer sei in vollem Umfang nicht zu erheben. Dem stehe § 5 Abs. 3 GrEStG nicht entgegen. Zwar habe sich der Anteil von A unmittelbar nach der Einbringung in Folge der Schenkungen an seine beiden Söhne an F um je 16% vermindert. Dennoch sei die Grunderwerbsteuer nicht anteilig nachzuerheben. Denn die Rechtsprechung des BFH habe sei langem anerkannt, dass die „relative Selbstständigkeit” und Rechtsträgerschaft der Gesamthand es nicht ausschlössen, dieser die persönlichen Eigenschaften der Gesamthänder quotal zuzurechnen. Dementsprechend habe der Beklagte im Streitfall die Steuervergünstigung des § 5 Abs. 2 GrEStG nicht versagt, soweit die Anteile auf die Söhne übergegangen seien, die das Grundstück von A kraft Gesetzes hätten steuerfrei erwerben können (§ 3 Nr. 6 GrEStG). Entgegen der Ansicht des Beklagten sei diese Betrachtung aber nicht auf § 3 Nr. 6 GrEStG beschränkt, sondern gelte für alle personenbezogenen Befreiungen des § 3 GrEStG. Mithin sei die Steuervergünstigung des § 5 Abs. 2 GrEStG auch insoweit nicht zu versagen, als sich der Anteil von A durch Übertragung auf F vermindert habe. Denn F hätte ihrerseits das Grundstück gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG grunderwerbsteuerfrei erwerben können.
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Er ist der Auffassung, eine Nichterhebung der Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG scheide – über die bereits berücksichtigte Befreiungsquote von 84 % hinaus – aus, weil insoweit A als Veräußerer des Grundstücks an der Klägerin als erwerbender Gesamthand nicht i.S.d. § 5 Abs. 3 GrEStG beteiligt geblieben sei. Die personenbezogene Befreiung von der Grunderwerbsteuer, die im Rahmen von § 5 Abs. 3 GrEStG zu berücksichtigen wäre, käme hinsichtlich F nicht in Betracht. § 3 Nr. 2 GrEStG finde hier keine Anwendung, weil im Rahmen der Schenkungsteuer der Anteilsübergang und bei der Grunderwerbsteuer trotz der Anknüpfung an diesen Anteilserwerb ein fingierter Grundstückserwerb besteuert werde. Insoweit lägen zwei unterschiedliche Rechtsvorgänge vor (koordinierter Ländererlass, vgl. etwa Erlass des Ministeriums der Finanzen des Saarlandes vom 18. Mai 2005 B/3-2-96/2005 – S 4500). D...