Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnsteuerpflicht von Abfindungszahlungen im Falle des Wegzugs

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Lohnversteuerung von Abfindungszahlungen durch den Arbeitgeber in sog. Wegzugsfällen hat nicht nur dann zu unterbleiben, wenn eine entsprechende Freistellungsbescheinigung vorgelegt wird, sondern auch dann, wenn nach Anwendung eines DBA kein Besteuerungsrecht Deutschlands besteht.

 

Normenkette

EStG § 39 Abs. 4 Nr. 5, § 38 Abs. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 4; DBA RUS Art. 4; EStG § 42d Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Beklagten, die Klägerin im Wege eines Haftungsbescheides für Lohnsteuer auf die Zahlung einer Abfindung eines nicht in Deutschland ansässigen Arbeitnehmers in Anspruch zu nehmen. Nachrangig bestreitet die Klägerin – für den Fall der Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme dem Grunde nach – die Rechtmäßigkeit der Höhe ihrer Inanspruchnahme.

Dem Streitfall liegt ein in allen Punkten unstreitiger Lebenssachverhalt zu Grunde. Die Klägerin beschäftigte vom 15. April 1996 bis zum 30. Juni 2013 den hier betroffenen Arbeitnehmer A – im Folgenden: Arbeitnehmer –. Der Arbeitnehmer war zunächst von 1996 bis zum 30. Juni 2001 (B) und vom 1. Juli 2001 bis zum 31. März 2011 (C) im Inland beschäftigt. Im Rahmen eines Entsendevertrages (vom 1. Juli 2010, korrigiert am 4. Februar 2011, Lohnsteuerakte) arbeitete er seit dem 1. April 2011 für die E Tochtergesellschaft der Klägerin in E (Südamerika). Ab dem 1. Dezember 2012 war er unwiderruflich unter Fortzahlung seiner Vergütung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt.

Nach dem Aufhebungsvertrag vom 30. November 2012 wurde der zwischen den Beteiligten unter dem 4. Februar 2011 geschlossene Entsendevertrag spätestens mit Wirkung zum 31. Juli 2013 beendet. Der Arbeitsvertrag (vom 15. April 1996 und 28. Januar 2008), der im Hinblick auf den Entsendevertrag ruhte, wurde im gegenseitigen Einvernehmen spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beendet (Tz 1 des Aufhebungsvertrages).

Die Klägerin verpflichtete sich bis zum Auslaufen des Entsendevertrages im Wesentlichen die vereinbarten Leistungen aus diesem Vertrag zu erbringen. Das für 2013 zu erwartende variable Einkommen wurde pauschal abgegolten. Ab dem 1. August 2013 sollte der Arbeitnehmer entsprechend den deutschen Regelungen des Arbeitsvertrages bezahlt werden.

Für den Verlust des Arbeitsplatzes wurde eine einmalige Abfindung i.H.v. 200.000 € brutto vereinbart. Für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Entsendevertrages und/oder des Arbeitsvertrages vor dem 31. Dezember 2013 durch den Arbeitnehmer verpflichtete sich die Klägerin, eine zusätzliche Abfindung in Höhe der sonst zu zahlenden monatlichen Bruttoentgelte von 10.360 € an den Arbeitnehmer zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Aufhebungsvertrag (Blatt 104 bis 110 d. A.) verwiesen.

Während seiner Tätigkeit in E gab der Arbeitnehmer anlässlich des Nachzugs seiner Familie am 25. Juli 2011 seinen inländischen Wohnsitz auf. Bis zur Ausreise aus E am 19. Juni 2013 lag der Familienwohnsitz in E.

Bereits im Dezember 2012 hatte der Arbeitnehmer von seinem späteren, neuen Arbeitgeber ein Angebot zur Tätigkeit in Russland erhalten. Dies führte zu Vertragsverhandlungen, in deren Verlauf der Arbeitnehmer den russischen Betrieb besichtigte. Im Verlauf der Monate Februar und März 2013 ergab sich eine Einigung des Arbeitnehmers mit seinem neuen Arbeitgeber, die im April 2013 zu einem Arbeitsvertrag führte. Vom 4. April bis zum 1. Mai hielt sich daraufhin der Arbeitnehmer in Russland auf, um den dauerhaften Aufenthalt für sich und seine Familie vorzubereiten.

Nach der Ausreise aus E hielt sich der Arbeitnehmer mit seiner Familie besuchsweise vom 20. bis zum 25. Juni 2013 in F (EU), danach vom 26. bis zum 30. Juni 2013 in Deutschland auf. Am 1. Juli 2013 reiste er zwecks Aufnahme der endgültigen Beschäftigung nach Russland ein. Mitte Juli wurde das Mobiliar aus der E Wohnung nach Russland verbracht (Transportrechnung in Lohnsteuerhefter), die Familie des Klägers reiste zum 1. August 2013 nach Russland ein. Seit dem 1. September 2013 besteht ein Mietvertrag über die dort genutzte Wohnung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tageskalender (Lohnsteuerhefter) sowie die Darstellung des zeitlichen Ablaufs durch den Lohnsteuer-Außenprüfer vom 18. Juni 2014 (Lohnsteuerakte) Bezug genommen.

Am 25. Juni 2013 überwies die Klägerin dem Arbeitnehmer die Abfindung i.H.v. 262.160 € ohne Lohnsteuereinbehalt auf sein deutsches Konto.

Im Jahr 2013 hielt sich der Arbeitnehmer bis zum Jahresende insgesamt an 207 Tagen im Gebiet der Russischen Föderation auf (Blatt 148 d. A.). Er beantragte daraufhin die Ausstellung einer Bestätigung seines Ansässigkeitsstatus (Blatt 118 d. A.). Die russische Steuerverwaltung bestätigte dem Arbeitnehmer daraufhin, im Jahr 2013 eine in der Russischen Föderation ansässige Person im Sinne des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen zwis...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Hartz, ABC-Führer Lohnsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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