Rz. 378
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unselbständiger Arbeit steht nach dem OECD-MA und den DBA, die entsprechende Regelungen enthalten, grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat zu (> Rz 122 ff). Das gilt auch für Abfindungen, die bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, wobei der Kommentar zum OECD-MA (> Rz 112) diese Zahlungen der früheren Tätigkeit zuordnet, sodass dem seinerzeitigen Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zustünde. Diese Auffassung wird auch von der FinVerw und vielen Vertragspartnern vertreten. Tatsächlich werden Abfindungen jedoch nicht für die frühere Tätigkeit, sondern gerade für den Verlust dieser Beschäftigung gezahlt, sodass nach Auffassung des BFH das Besteuerungsrecht nicht dem früheren Tätigkeitsstaat, sondern dem Ansässigkeitsstaat zusteht. Diese durch das DBA getroffene Regelung kann auch nicht durch eine Konsultationsvereinbarung (> Rz 98) oder Konsultations-VO (> Rz 99) geändert werden (vgl BFH 250, 110 = BStBl 2016 II, 326 mwN; EFG 2022, 313 = IStR 2022, 210 – Rev, BFH I R 4/22).
Rz. 379
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Aufgrund des § 50d Abs 12 EStG werden Abfindungen mit Wirkung seit dem VZ 2017 jedoch – wie vom OECD-MA vorgesehen (> Rz 378) – der früheren Tätigkeit zugerechnet, sodass Deutschland für Abfindungen das Besteuerungsrecht zusteht, soweit eine Abfindung auf Tätigkeiten entfällt, die im > Inland ausgeübt wurden. Das gilt jedoch nicht für Abfindungen, die nicht als zusätzliches Entgelt, sondern aus einem anderen Grund gezahlt werden. Dabei kann es sich zB um Abfindungen mit Versorgungscharakter oder im Zusammenhang mit der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots handeln. § 50d Abs 12 EStG ist auch dann nicht anzuwenden, wenn das DBA Sonderregelungen für Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses enthält (vgl § 50d Abs 12 Satz 2 EStG).
Rz. 380
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Entfällt eine Abfindung auf Tätigkeiten, für die Deutschland nach einem DBA nur teilweise das Besteuerungsrecht zusteht, ist die Abfindung entsprechend aufzuteilen. Zur Frage, nach welchen Kriterien diese Aufteilung vorzunehmen ist, > Rz 273 ff.
Rz. 381
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Nach § 50d Abs 12 Satz 3 EStG bleiben § 50d Abs 9 Nr 1 EStG sowie Rechts-VOen gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 AO (> Rz 99) unberührt. Dadurch wird zum einen sichergestellt, dass durch die besondere Regelung für Abfindungen keine "weißen Einkünfte" (> Rz 15) entstehen, zum anderen sollen dadurch Konsultationsvereinbarungen nicht geändert werden. Gleichzeitig sollen wohl auch die Konsultationsvereinbarungen bzw die darauf beruhenden Konsultations-VOen durch den Gesetzgeber legitimiert werden. Die Bedenken des BFH zur Bindungswirkung von Konsultationsvereinbarungen (> Rz 101) können dadurch jedoch nicht beseitigt werden, da die Vorschrift nur regelt, dass diese RVOen unberührt bleiben, also in gleicher Weise anzuwenden sind wie vor der Schaffung der besonderen Regelung in § 50d Abs 12 EStG.