Rz. 191
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Arbeitsvergütungen (einschließlich etwaiger > Sachbezüge; vgl Nr 2.2 des OECD-Musterkommentars zu Art 19), die von einem Vertragsstaat, einem seiner Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaften oder einer anderen > Juristische Person des öffentlichen Rechts dieses Staates (vgl Nr 3 des OECD-Musterkommentars zu Art 19) für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft geleistete (aktive) Arbeit gezahlt werden, besteuert grundsätzlich allein der Staat, der die Vergütungen zahlt, also der Quellen- oder Kassenstaat (Art 19 Abs 1 Buchst a OECD-MA). Unerheblich ist, ob die Vergütung für eine hoheitliche oder nichthoheitliche Tätigkeit gezahlt wird. Art 19 OECD-MA ist jedoch nicht anzuwenden auf Vergütungen im Zusammenhang mit einer Geschäftstätigkeit eines Vertragsstaates. Zur Abgrenzung vgl auch > Öffentliche Kasse. Es handelt sich bei der Kassenstaatsklausel um eine Verteilungsnorm (zum Begriff > Rz 15) mit abschließender Rechtsfolge (Wortlaut: "können nur in diesem Staat besteuert werden"). Der andere Staat besteuert auch dann nicht, wenn der ArbN dort ansässig ist (zu einer Ausnahme > Rz 196). Die Klausel hindert den Wohnsitzstaat allerdings nicht an der Anwendung des > Progressionsvorbehalt (vgl Nr 2 des OECD-Musterkommentars zu Art 19). Innerstaatlich wird in § 34d Nr 5 EStG bestimmt, dass es sich bei > Arbeitslohn aus ausländischen öffentlichen Kassen um ausländische Einkünfte und bei Zahlungen aus inländischen öffentlichen Kassen um inländische Einkünfte handelt. Zur Besteuerung im Falle einer beschränkten Stpfl des Empfängers > Inländische Einkünfte.
Rz. 192
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Die von Deutschland abgeschlossenen DBA weichen jedoch häufig von dem Wortlaut des OECD-MA ab (vgl Jochum/Lampert in Schönfeld/Ditz, DBA, Art 19 Rz 56ff). Dies insbesondere deshalb, weil Deutschland die Kassenstaatsklausel nicht nur dann anwenden möchte, wenn die Arbeitsleistung der Körperschaft der öffentlichen Kasse gegenüber erbracht wird, sondern auch dann, wenn eine öffentliche Kasse Arbeitslohn an eine Person zahlt, die bei einem anderen ArbG angestellt ist, zB für > Auslandslehrer, die bei einem Schulträger im Ausland beschäftigt sind, aber vom Bundesverwaltungsamt – Zentralstelle für das Auslandsschulwesen – entlohnt werden. Um dieses Ergebnis auch dann zu erreichen, wenn das DBA keine vom OECD-MA abweichende Regelung enthält, wurde in § 50d Abs 7 EStG für beschränkt Stpfl vorgeschrieben, dass alle entsprechenden Kassenstaatsklauseln eines DBA so auszulegen sind, dass die Vergütungen für Dienste gegenüber der zahlenden öffentlich-rechtlichen Körperschaft geleistet werden, wenn sie ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht werden (> Rz 340). Die Kassenstaatsklausel des OECD-MA findet folglich nach innerstaatlichem Recht auch auf ins Ausland entsandte Personen Anwendung, die für bestimmte > Staatsnahe Einrichtungen tätig sind. Um dies auch im Verhältnis zu den Vertragspartnern eindeutig zu klären, enthalten die neueren DBA idR entsprechende Klauseln. Zu Besonderheiten bei der Freistellung von Tagegeldern, die deutsche > Beamte für eine Tätigkeit bei Organen der EU (zB bei der EU-Kommission) erhalten, vgl BFH 191, 325 = BStBl 2002 II, 238; BMF vom 12.04.2006, BStBl 2006 I, 340; ergänzend > Europäische Union Rz 16.
Rz. 193
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Einige DBA wenden die Kassenstaatsklausel nur an, wenn die Vergütungen für "Dienstleistungen in der Verwaltung" gezahlt werden. Der ArbN ist immer dann in der Verwaltung des Kassenstaats tätig, wenn seine Tätigkeit im Zusammenhang mit den vom Kassenstaat wahrgenommenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben steht. Dazu gehört auch die Tätigkeit eines Lehrers (vgl EFG 2020, 582 = IStR 2020, 349); zu Einzelheiten > Frankreich Rz 13 ff. Mit der > Schweiz Rz 40 gibt es eine Sondervereinbarung für Personen, die unter Beibehaltung ihres Beamtenstatus bei einem privaten Nachfolgeunternehmen der > Deutsche Post oder der Deutschen Bundesbahn (> Deutsche Bahn) beschäftigt sind (vgl BMF vom 30.07.2001, IStR 2002, 100) sowie besondere Regelungen für das Personal der Bahn-, Post-, Telegrafen- und Zollverwaltung, das in den Grenzgebieten tätig ist (Art 19 Abs 4 DBA Schweiz).
Rz. 194
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Deutsche DBA mit Entwicklungsländern enthalten zum Teil besondere Klauseln für Vergütungen an Entwicklungshelfer. Sie sehen überwiegend vor, dass für Vergütungen im Zusammenhang mit Entwicklungshilfeprogrammen stets die Kassenstaatsklausel anzuwenden ist, wenn die Mittel von der öffentlichen Hand bereitgestellt werden, dh auch dann, wenn sie nicht direkt von einer > Öffentliche Kasse geleistet werden. Für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen der sog Entwicklungshelfer-Klausel vorliegen, ist idR auf das einzelne Entwicklungshilfeprojekt abzustellen (vgl BFH 250, 510 = BStBl 2016 II, 14; Hess FG vom 25.04.2018 – 9 K 24/18, EFG 2018, 1200 = HaufeIndex 11 829 140). Es muss sich jedoch um Vergütungen an natürliche Personen handeln, die mit ...