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Auf einen Blick: Zu den Grundfragen des Lohnsteuerrechts gehört der Zeitpunkt, zu dem die Lohnsteuerschuld des ArbN erlischt. Davon sind unterschiedliche Rechtsfolgen abhängig, die hier erläutert werden. |
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Rz. 1
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Ansprüche aus einem Steuerschuldverhältnis erlöschen nach § 47 AO insbesondere durch Zahlung (> Abführung der Lohnsteuer), > Aufrechnung, Erlass (> Billigkeit Rz 13 ff) und > Verjährung von Steueransprüchen. Im Vollstreckungsverfahren (> Abführung der Lohnsteuer Rz 12) gilt bei Pfändung von Geld die Wegnahme als Zahlung des Vollstreckungsschuldners (§ 296 Abs 2 AO), bei einer Zwangsversteigerung die Empfangnahme des Erlöses (§ 301 Abs 2 AO). Für die LSt bestehen besondere Regelungen, weil einerseits die LSt idR nicht vom ArbN, sondern vom ArbG an das FA gezahlt wird und es sich andererseits bei der LSt um eine Vorauszahlung auf die ESt handelt, wenn der ArbN zu veranlagen ist (> Veranlagung von Arbeitnehmern).
Rz. 1/1
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Für die LSt sind – von den Fällen der > Pauschalierung der Lohnsteuer abgesehen – der ArbN als Steuerschuldner und der ArbG als Haftungsschuldner (> Haftung für Lohnsteuer) idR Gesamtschuldner, dh jeder von ihnen hat die Steuer zu zahlen, das FA darf diese aber nur einmal fordern (vgl § 421 BGB). Der ArbN kann iRd Gesamtschuldnerschaft jedoch nicht in Anspruch genommen werden, soweit der ArbG die LSt vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat, es sei denn, der ArbN weiß, dass der ArbG die LSt nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat und unterlässt es, das FA darüber in Kenntnis zu setzen (vgl § 42d Abs 3 Satz 4 EStG). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Lohnsteueranspruch an sich erloschen ist, er kann gegenüber dem ArbN nur nicht mehr geltend gemacht werden. Anderenfalls müsste es zwei Ansprüche geben, von denen einer (der gegen den ArbN) erlischt, während der andere (gegen den ArbG) bestehen bliebe. Dies ist jedoch nicht der Fall. Auch der ArbG zahlt die LSt zugunsten des ArbN, um dessen Steuerschuld zu tilgen. Zur fehlenden Kompatibilität des Verfahrensrechts der AO mit den Regelungen des EStG > Steuerabzugsverfahren Rz 12. Wurde die LSt zutreffend vom > Arbeitslohn einbehalten und kann sie vom ArbN nicht mehr gefordert werden, werden die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge selbst dann auf die ESt-Schuld angerechnet, wenn sie vom ArbG nicht an das FA abgeführt worden sind (> Veranlagung von Arbeitnehmern Rz 190 ff).
Rz. 2
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Die Lohnsteuerschuld kann allerdings, soweit die LSt nicht in zutreffender Höhe einbehalten worden ist, auch vom ArbN gefordert werden (vgl BFH 165, 404 = BStBl 1992 II, 107), es sei denn, die LSt wurde unzutreffend einbehalten und abgeführt aufgrund entsprechender > Auskünfte und Zusagen des Finanzamts Rz 5 ff (BFH 243, 266 = BStBl 2014 II, 892). Zuwenig einbehaltene LSt erlischt idR erst mit der Bekanntgabe des Steuerbescheids bei der > Veranlagung von Arbeitnehmern zur ESt; dann besteht nur noch eine Einkommensteuerschuld (> Nachforderung von Lohnsteuer Rz 50, 52; BFH 156, 99 = BStBl 1989 II, 447; vgl Heuermann, StuW 1998, 219 [221]).
Im Falle der > Pauschalierung der Lohnsteuer hat der ArbG die pauschale LSt zu übernehmen (vgl § 40 Abs 3 Satz 1 EStG). In diesem Fall wird der ArbN aus der (Gesamt-)Schuldnerschaft entlassen und der ArbG vom Haftungsschuldner zum (alleinigen) Steuerschuldner. Der LSt-Anspruch an sich erlischt dadurch nicht (> Pauschalierung der Lohnsteuer Rz 4 ff), er ist lediglich in anderer Form zu erfüllen. Zu Besonderheiten bei einer Nettolohnvereinbarung > Nettolohn Rz 2, 6–7.
Rz. 3
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Der Anspruch des FA gegen den ArbG oder einen Dritten, der dessen Pflichten zu erfüllen hat (vgl § 38 Abs 3a EStG; > Lohnzahlung durch Dritte), auf Abführung der angemeldeten LSt (sog Anmeldungssteuerschuld; zu Einzelheiten > Lohnsteuer-Anmeldung Rz 26 ff) erlischt regelmäßig durch Zahlung. Ein Steueranspruch erlischt auch bei Zahlung vor Fälligkeit bereits mit der Zahlung, denn die Erlöschenswirkung nach § 47 AO hängt von der Entstehung und nicht von der Fälligkeit des Anspruchs ab (BFH 179, 556 = BStBl 1997 II, 112). Abweichend von § 378 BGB erlischt ein Steueranspruch nicht bei einer Hinterlegung (EFG 1977, 31). Er erlischt durch Erlass (> Billigkeit Rz 13 ff), nicht jedoch durch Niederschlagung nach § 261 AO.
Rz. 4
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Soweit der ArbG oder der dazu verpflichtete Dritte den LSt-Abzug nicht oder nicht zutreffend vorgenommen hat, haftet er im Rahmen des § 42d EStG und anderer Haftungsnormen (> Haftung für Lohnsteuer Rz 4). Zum Erlöschen des Haftungsanspruchs > Haftung für Lohnsteuer Rz 32. Der Anspruch des FA gegen den ArbG erlischt grundsätzlich nicht schon deshalb, weil das FA den ArbN durch einen Nachforderungsbescheid in Anspruch nimmt (> Nachforderung von Lohnsteuer Rz 5 ff); ebenso nicht, wenn der nicht zahlungsfähige ArbN unter Einbeziehung der vom ArbG nicht versteuerten Teile des Arbeitslohns veranlagt worden ist. Es ist aber idR ...