Rz. 1
Stand: EL 137 – ET: 03/2024
Grenzgänger sind > Arbeitnehmer, die im Grenzgebiet (einer örtlich genau bestimmten Grenzzone) eines Staates wohnen, aber in einem angrenzenden Staat nichtselbständig tätig sind und dort täglich ihre Arbeitsstätte aufsuchen. Für sie gelten in einigen Regionen besondere zwischenstaatliche Vereinbarungen (> Rz 5); dadurch unterscheiden sie sich von > Grenzpendler. Die Grenzgängereigenschaft bleibt idR erhalten, wenn der ArbN zwar während des ganzen Jahres in der Grenzzone beschäftigt ist, in dieser Zeit aber an bis zu 45 Tagen – in einigen Vereinbarungen 60 Tagen – nicht zum > Wohnsitz zurückkehrt oder außerhalb der Grenzzone für seinen ArbG tätig wird (vgl DStR 1988, 491). Abweichende Regelungen wurden für Zeiten in der Corona-Pandemie getroffen (vgl zB > Belgien Rz 5/1; > Schweiz Rz 2). Ein Berufskraftfahrer wird nur dann außerhalb der Grenzzone tätig, wenn er sich während der Tagestour überwiegend außerhalb der Grenzzone aufhält. Nur diese Tage sind für die 45-Tage-Regelung einzubeziehen (OFD München vom 25.06.1996, DB 1996, 1548).
Rz. 2
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Grenzgänger ohne > Wohnsitz oder gewöhnlichen > Aufenthalt in Deutschland sind grundsätzlich beschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs 4 EStG iVm § 49 Abs 1 Nr 4 EStG; > Beschränkte Steuerpflicht Rz 3, 71ff). Einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben Grenzgänger nicht schon deswegen, weil sie sich hier während der Arbeitszeit aufhalten; anders, wenn sie nur zum Wochenende nach Hause fahren (BFH 158, 210 = BStBl 1990 II, 687).
Rz. 3
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Für beschränkt steuerpflichtige ArbN, deren > Einkünfte ausschließlich der deutschen Besteuerung unterliegen, gelten Besonderheiten. Grenzgänger aus dem Ausland kann das FA nach § 1 Abs 3 EStG auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandeln, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der deutschen ESt unterliegen oder die nicht der deutschen ESt unterliegenden Einkünfte nicht höher sind als der > Grundfreibetrag (§ 32a Abs 1 Satz 2 Nr 1 EStG). Bei Grenzgängern, die diese Voraussetzungen erfüllen und Staatsangehörige eines EU/EWR-Mitgliedstaats sind, gilt hinsichtlich des > Ehegatten und der > Kinder, wenn diese ihren > Wohnsitz oder gewöhnlichen > Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR haben, unabhängig von ihrer > Staatsangehörigkeit, Folgendes (§ 1a EStG):
Rz. 4
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Für die Zusammenveranlagung wird der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im > Inland dennoch als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt. Bei Anwendung der 90-%-Grenze ist auf die Einkünfte beider Ehegatten abzustellen; der Grundfreibetrag wird verdoppelt. |
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> Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder > Dauernd getrennt lebende Ehegatten sind auch dann als > Sonderausgaben abziehbar, wenn der Empfänger nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist. |
Zu weiteren Einzelheiten > Unbeschränkte Steuerpflicht Rz 20 ff, > Veranlagung von Arbeitnehmern Rz 180 ff und zur Prüfung der Einkunftsgrenzen des § 1 Abs 3 EStG vgl BFH 250, 356 = BStBl 2015, 957 sowie OFD Niedersachsen vom 16.08.2016, HaufeIndex 9 719 767. Die Grenzbeträge für die Zusammenveranlagung verstoßen nicht gegen Art 48 EGV (EuGH vom 14.09.1999, BStBl 1999 II, 841 zu EFG 1998, 210).
Rz. 5
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Mit Frankreich (ergänzend > Frankreich Rz 7 ff), Österreich (ergänzend > Österreich Rz 6) und der Schweiz (ergänzend > Schweiz Rz 75 ff) bestehen im Rahmen von Abkommen zur Vermeidung der > Doppelbesteuerung besondere Vereinbarungen. Sie weisen das Besteuerungsrecht für ArbN, die in der Grenzzone des Ansässigkeitsstaats wohnen und in der Grenzzone des Tätigkeitsstaats arbeiten, grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat zu. Dabei ist jedoch zu beachten, dass andere Bestimmungen des DBA, zB die Kassenstaatsklausel (> Doppelbesteuerung Rz 191 ff) für Beschäftigte im öffentlichen Dienst ggf vorrangig zu berücksichtigen sind (vgl BFH/NV 2023, 947 = DStR 2023, 1406 mwN zum DBA Frankreich). Zu weiteren Besonderheiten > Belgien Rz 5. Das DBA > Niederlande enthält keine Regelung für Grenzgänger mehr; idR wird die in > Rz 2 bis 4 dargestellte Regelung angewendet. Entsprechendes gilt für > Luxemburg. Zum Besteuerungsrecht im Verhältnis zu > Dänemark Rz 5.
Rz. 6
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Einzelfragen: Das Besteuerungsrecht für den > Arbeitslohn richtet sich nicht nach dem Zeitpunkt des Zuflusses des Arbeitslohns, sondern nach dem Zeitpunkt der Erbringung der Arbeitsleistung, die durch die Lohnzahlung abgegolten wird (EFG 1997, 856). War ein ArbN während der Dauer eines Dienstverhältnisses zeitweise Grenzgänger, ist eine Entlassungsabfindung im Verhältnis der Grenzgängerzeit zur Nicht-Grenzgängerzeit aufzuteilen (BFH 110, 43 = BStBl 1973 II, 757). Ergänzend vgl Lusche, DStR 2010, 914.
Rz. 6/1
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Das Besteuerungsrecht für > Insolvenzgeld, das ArbN gezahlt wird, die in Belgien, Dänemark, Frankreich, Lux...