Rz. 13
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Ein unbeschränkt steuerpflichtiger Ausländer (> Rz 12), für den nicht bereits eine der in > Rz 11/3 – 12/4 genannten Besonderheiten gilt, erhält KiG nur, wenn er einen qualifizierten Aufenthaltstitel besitzt (> Rz 13/1), der zur Erwerbstätigkeit im Inland berechtigt (vgl § 62 Abs 2 EStG).
Ein Visum oder eine Fortgeltungsbescheinigung nach § 81 Abs 4 AufenthG sind keine Aufenthaltstitel iSv § 62 Abs 2 EStG (EFG 2014, 1597). Auch aus der Genfer Konvention ergibt sich kein Anspruch auf KiG (BFH 219, 540 = BStBl 2009 II, 908); Gleiches gilt für das Staatenlosenübereinkommen (BFH 220, 39 = BStBl 2009 II, 910).
Rz. 13/1
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Ein solcher Aufenthaltstitel ist eine unbefristete Niederlassungserlaubnis (§ 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AufenthG) oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU (§ 4 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AufenthG), die stets auch zur Erwerbstätigkeit berechtigt.
Das Gleiche gilt grundsätzlich für eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte (§ 4 Abs 1 Satz 2 Nr 2a-c AufenthG) oder eine Aufenthaltserlaubnis, die ausdrücklich zur Erwerbstätigkeit für einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten berechtigt (vgl § 62 Abs 2 Nr 2 EStG; zu Ausnahmen > Rz 13/2, 13/3). Enthält ein Aufenthaltstitel nicht bereits kraft Gesetzes die Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, muss die Erlaubnis dazu tatsächlich erteilt worden sein (vgl § 4a Abs 3 Satz 1 AufenthG; vgl BFH 233, 38 = BStBl 2011 II, 720). Das gilt auch für junge Migranten mit Aufenthaltserlaubnis nach § 34 Abs 3 AufenthG, die sich noch in einer schulischen Ausbildung befinden oder danach keine Arbeits- oder Ausbildungsstelle gefunden haben (BFH/NV 2011, 1134; BFH 230, 563 = BStBl 2011 II, 589 – VerfB nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG vom 23.01.2013 – 2 BvR 2707/10).
Rz. 13/2
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
§ 2 Abs 2 Nr 2 Buchst a und b EStG regeln Ausnahmen zum KiG-Anspruch trotz Aufenthaltserlaubnis:
Nach § 2 Abs 2 Nr 2 Buchst a EStG besteht kein Anspruch auf KiG bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16e AufenthG zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Abs 1 AufenthG zum Zweck der Beschäftigung als > Au-Pair oder der Saisonbeschäftigung, nach § 19e AufenthG zur Teilnahme an einem europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Abs 1 und 2 AufenthG zum Zweck eines Studiums, nach § 16d AufenthG für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Abs 3 AufenthG zur Arbeitsplatzsuche, solange keine Erwerbstätigkeit vorliegt oder Elternzeit bzw Leistungen nach dem SGB III in Anspruch genommen werden. Ergänzend A 1 Abs 2 DA-KG [> Rz 9/3].
Rz. 13/3
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Ist eine Aufenthaltserlaubnis nur wegen eines Krieges im Heimatland, zur Regelung eines Härtefalls, zum vorübergehenden Schutz, bei Aussetzung der Abschiebung oder aus sonstigen humanitären Gründen (§ 23 Abs 1, § 23a, § 25 Abs 3 bis 5 AufenthG) erteilt worden (vgl § 62 Abs 2 Nr 2 Buchst c, Nr 3 und Nr 4 EStG), so gilt (A 4.1 Abs 2 DA-KG [> Rz 9/3]):
Ein Anspruch auf KiG besteht erst, wenn der Berechtigte in Deutschland erwerbstätig ist oder Elternzeit oder Leistungen nach dem SGB III in Anspruch nimmt (§ 62 Abs 2 Satz 1 Nr EStG). Erwerbstätigkeit idS ist jede erlaubte selbständige oder nichtselbständige Tätigkeit, auch Minijobs nach § 8 Abs 1 SGB IV, nicht jedoch sog > Ein-Euro-Jobs nach § 16 SGB II. Den Geldleistungen nach dem SGB III gleichgestellt sind Zuwendungen aus dem sog Meister-BAföG-Programm nach dem AFBG (BFH 234, 324 = BStBl 2012 II, 732). Bei der Inanspruchnahme von Elternzeit ist nicht erforderlich, dass Anspruch auf > Elterngeld besteht.
Die vor der Neuregelung zum 01.03.2020 geltende weitere Voraussetzung des § 62 Abs 2 Satz 1 Nr 3 EStG aF, dass sich der Berechtigte seit mindestens drei Jahren ohne Unterbrechung rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält, ist entfallen.
Anspruch auf KiG besteht ebenfalls (§ 62 Abs 2 Satz 1 Nr 4 EStG) aus verfassungsrechtlichen Gründen (BVerfG 132, 72 vom 10.07.2012 – 1 BvL 2/10, BGBl 2012 I, 1898), wenn sich der Berechtigte seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält. Die Mindestaufenthaltsdauer entspricht den Regelungen für Drittstaatsangehörige in anderen Gesetzen (zB § 8 Abs 2 Nr 2 und Abs 2a BAföG). Ergänzend BT-Drs 19/13436, S 125.
Rz. 13/4
Seit dem 01.01.2020 gilt auch eine Beschäftigungsduldung nach § 60d und § 60a Abs 2 Satz 3 AufenthG als Anspruchsvoraussetzung für das KiG (§ 62 Abs 2 Satz 1 Nr 5 EStG). Die Beschäftigungsduldung führt perspektivisch zu einer Aufenthaltserlaubnis und soll damit geeignet sein, auf eine erleichterte Fachkräftegewinnung hinzuwirken (vgl BT-Drs 19/13436, S 125).
Rz. 13/5
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Eine Entscheidung der Ausländerbehörde ist für die Familienkasse bindend (BFH/NV 1998, 963). Nur wer ‚im Besitz’ einer qualifizierten Aufenthaltserlaubnis oder -befugnis ist, erhält KiG (BFH/NV 2013, 372); rückwirkende Zahlung ist ausgeschlossen. Maßgebend ist ein entsprechend langer "Besitz" ...