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Auf einen Blick: Mehraufwendungen, die Menschen aufgrund ihrer Behinderungen entstehen, werden im Steuerrecht in verschiedener Art und Weise berücksichtigt. Teilweise gelten der (seit 2021 in der Höhe verdoppelte) Behinderten-Pauschbetrag und die seit 2021 neue Fahrtkosten-Pauschale Aufwendungen typisierend ab; andere Mehraufwendungen sind einzeln nachzuweisen und werden in die Summe der außergewöhnlichen Belastungen bzw Werbungskosten einbezogen. Zur Berücksichtigung sind Nachweise erforderlich; üblicherweise ist dies der Grad der Behinderung. |
A. Allgemeine Hinweise
Rz. 1
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Zahlreiche Menschen in unserer Gesellschaft (> Statistik Rz 34) müssen mit Behinderungen (zum Begriff > Behinderten-Pauschbetrag Rz 9 f) leben, die ihre Lebensqualität schicksalhaft beeinträchtigen. Es ist moralisch und verfassungsrechtlich (Art 1 Abs 1 GG – Schutz der Menschenwürde, Art 3 Abs 3 Satz 2 GG – Benachteiligungsverbot wegen Behinderung, Art 20 Abs 1 – Sozialstaatsprinzip) geboten, dass ihnen die Gesellschaft zumindest die finanziellen Zusatzbelastungen weitgehend abnimmt. Das obliegt vor allem den Rehabilitationsträgern (dazu gehören die Träger der GRV, GKV/GPflV und GUV sowie die > Landwirtschaftliche Alterskasse; > Sozialversicherung Rz 1) und den für die Durchführung des SGB IX zuständigen Behörden (Versorgungsbehörden, Sozialämter). Diese Sozialleistungen (> Rz 3) werden ergänzt durch Steuerermäßigungen, die bestimmte finanzielle Benachteiligungen von Erwerbstätigen mit Behinderungen im Verhältnis zu Nichtbehinderten mildern sollen. Dabei geht man davon aus, dass die Sozialleistungen nicht alle Belastungen ausgleichen, sondern vor allem Menschen mit Behinderungen mit einem der Besteuerung unterliegenden Erwerbseinkommen mit besonderen Aufwendungen belastet bleiben, die ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Vergleich zu Nichtbehinderten zusätzlich mindern, zB weil sie ihnen als außergewöhnliche Belastungen (AgB) zwangsläufig entstehen. Ergänzend dazu und zum behinderungsbedingten Mehrbedarf BFH 189, 449 = BStBl 2000 II, 75. Steuerliche Erleichterungen enthalten neben dem EStG (> Rz 3 ff) das Wohnungsbau-Prämiengesetz (vgl § 2 Abs 2 Satz 5 und Abs 3 Satz 2 Nr 3 WoPG), das Vermögensbildungsgesetz (vgl § 4 Abs 4 Nr 1 VermBG – > Anh 5.1), das Kraftfahrzeugsteuergesetz (vgl § 3a Kraftfahrzeugsteuergesetz), das Umsatzsteuergesetz (zB ermäßigter Steuersatz für Rollstühle und andere Fahrzeuge für Menschen mit Behinderungen), das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz sowie die Kommunalabgabengesetze (Hundesteuer). Zum Nachweis der Behinderung > Behinderten-Pauschbetrag Rz 27 ff.
Rz. 2
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Das Entgelt, das Menschen mit Behinderungen als Beschäftigte in einem Berufsförderungswerk erhalten, ist stpfl > Arbeitslohn, wenn nach den Gesamtumständen ein steuerliches Dienstverhältnis (> Arbeitnehmer) gegeben ist, zB soweit die Höhe der Bezüge von der Tätigkeit abhängt, oder wenn sie in > Beschützende Werkstätten mehr als die aus therapeutischen Gründen gezahlte Grundvergütung erhalten.
B. Steuervergünstigungen nach dem EStG
I. Steuerfreie Leistungen an Menschen mit Behinderungen
Rz. 3
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Leistungen an Schwerbehinderte nach SGB VII (Gesetzliche Unfallversicherung), dem SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen; zum Arbeitsrecht vgl Küttner/Kania Personalbuch, Stichwort Behinderte) und XII (Sozialhilfe), dem SVG (> Bundeswehr Rz 26/1, > Versorgungsbezüge Rz 24) einschließlich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 112ff SGB III sind steuerfrei. IdR beruht die Steuerfreiheit bereits darauf, dass die Leistungen keine > Einnahmen sind, die man einer Einkunftsart (> Einkünfte) zuordnen kann, zumal auch die Überschusserzielungsabsicht typischerweise fehlt (> Liebhaberei). Für Leistungen aus der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung und von der Berufsgenossenschaft gilt aber klarstellend § 3 Nr 1 Buchst a EStG. § 3 Nr 2 EStG stellt die Leistungen der Agentur für Arbeit nach dem SGB III steuerfrei; für von Behinderung bedrohte Menschen sind das vor allem das Übergangsgeld und der Gründungszuschuss (> R 3.2 Abs 5 LStR). Weitere Leistungen bleiben nach § 3 Nr 11 EStG steuerfrei. Es handelt sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die wegen Hilfsbedürftigkeit gezahlt werden (> Beihilfen Rz 12 ff). Dazu gehören auch das > Übergangsgeld Rz 4 sowie bestimmte > Renteneinkünfte Rz 14, 15. Zur Anrechnung solcher Bezüge auf den von Dritten geleisteten Unterhalt an Personen mit Behinderungen im Rahmen von § 33a Abs 1 und 2 EStG > Unterhaltsleistungen Rz 115 ff. Ergänzend > Pflegeheim. Zur Besteuerung von Leistungen an Unfallgeschädigte > Schadensersatz.
Rz. 4
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Randziffer einstweilen frei.
II. Werbungskosten
Rz. 5
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Für schwerbehinderte Stpfl mit Erwerbseinkommen kommt der ungekürzte Abzug von > Werbungskosten für die berufliche Benutzung des privaten PKW in Betracht: Behinderte mit einem GdB von mindestens 70 oder Behinderte mit einem GdB von mindestens 50 und dem Merkzeichen "G" – erhebliche Beeinträchtigung der Beweglichkeit ...