Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer 1991 Gewerbesteuermeßbetrag 1991
Tenor
1. In Abänderung der Bescheide für 1991 über Körperschaftsteuer und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag vom 29. April 1994 sowie unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 1994 werden die Körperschaftsteuer und der einheitliche Gewerbesteuermeßbetrag jeweils mit 0,– DM festgesetzt.
2. Die Revision wird zugelassen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
4. Der Streitwert wird auf 69.387,– DM festgesetzt.
5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß ergebenden Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig sind die Festsetzungen der Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermeßbetrages 1991.
Die Klägerin ist eine in eine … (eG) umgewandelte … und … (ELG) des Kfz-Handwerks. Die für die Umwandlung maßgebende Satzung wurde am 19. Februar 1991 errichtet. Im Einspruchsverfahren gegen die Festsetzungen 1991 wandte sich die Klägerin gegen die Nichtberücksichtigung des zum 31. Dezember 1990 festgestellten Verlustabzuges in Höhe von 198.394,– DM. Sie ist der Ansicht, sie sei im Wege einer formwechselnden Umwandlung aus der ELG hervorgegangen, so daß die alte und die neue Genossenschaft identisch seien. Demzufolge müsse der von der ELG im zweiten Halbjahr 1990 erwirtschaftete Verlust gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. §§ 57 Abs. 4 Satz 2, 10 d Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie gemäß § 10 a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) bei der Veranlagung 1991 berücksichtigt werden.
Demgegenüber geht der Beklagte (das Finanzamt – FA–) von einer übertragenden Umwandlung aus. Der Einspruch der Klägerin hatte in den geänderten Bescheiden 1991 über Körperschaftsteuer und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag vom 29. April 1994 nur insoweit Erfolg, als im Hinblick auf den Umwandlungsstichtag 19. Februar 1991 ein Anteil von 49/360 des steuerpflichtigen Einkommens 1991 als auf die ELG entfallend angesehen und mit deren Verlusten aus dem zweiten Halbjahr 1990 ausgeglichen wurde.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Abänderung der Bescheide für 1991 über Körperschaftsteuer und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag vom 29. April 1994 sowie unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 1995 die Körperschaftsteuer und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag jeweils mit 0,– DM festzusetzen.
Das FA beantragt Klageabweisung.
Zur Begründung nimmt es auf die Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 1995 Bezug.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Das FA hatte den zum 31.12.1990 festgestellten Verlustabzug gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10 d Abs. 2 Satz 1 EStG bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer 1991 sowie gemäß § 10 a GewStG bei der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages 1991 zu berücksichtigen.
1. Die rechtliche und wirtschaftliche Identität zwischen der verlusterzielenden und der verlustabziehenden Körperschaft, die der Verlustabzug voraussetzt (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 23. März 1994 I B 134/93, BFH/NV 1994, 782), ist im Streitfall gegeben. Es liegt bei dem hier streitigen Umwandlungsvorgang allenfalls eine formwechselnde, nicht jedoch eine übertragende Umwandlung vor.
2. Das FA beruft sich für seine Auffassung, es handele sich um eine übertragende Umwandlung, auf den Wortlaut der Verordnung über die Gründung, Tätigkeit und Umwandlung von Produktionsgenossenschaften des Handwerks vom 8. März 1990 (PGH-VO), die gemäß Anlage II Kap. V Sachgebiet A Abschn. III Nr. 4 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889) als Teil des bundesdeutschen Rechts im Range eines einfachen Gesetzes fortgilt und nach § 9 PGH-VO auf ELG des Handwerks entsprechende Anwendung findet.
a) Zwar deutet der Wortlaut der PGH-VO zunächst in der Tat auf eine übertragende Umwandlung hin. Nach § 4 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 PGH-VO bedarf nämlich der Beschluß über „die Errichtung der beschlossenen Form der Gesellschaft” und „die Übertragung des unteilbaren Fonds auf die neue Gesellschaftsform” der notariellen Beglaubigung. Einer „Errichtung” sowie einer „Übertragung” im vorgenannten Sinne bedürfte es bei einer lediglich formwechselnden Umwandlung jedoch nicht.
Dem entspricht auch die Formulierung des § 6 Abs. 1 Sätze 2 und 3 PGH-VO, wonach mit der Eintragung der neuen Gesellschaft diese Rechtsnachfolger in der umgewandelten PGH bzw. ELG wird, und die vor der Umwandlung bestehende PGH bzw. ELG damit erloschen ist. Ein Weiterbestehen der ELG in anderer Rechtsform, wie dies bei einer formwechselnden Umwandlung der Fall wäre, ist nach diesem Wortlaut an sich ausgeschlossen (vgl. Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 16....