Analyse des BMF-Schreibens vom 17.7.2023
[Ohne Titel]
RD Dipl.-Kfm., Dipl.-Finw. (FH) Dr. Jan Christoph Schumann
Mit dem Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) schuf der Gesetzgeber eine Steuerfreistellung für Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb bestimmter Photovoltaikanlagen. Mit BMF-Schreiben vom 17.7.2023 (BMF v. 17.7.2023 – IV C 6 - S 2121/23/10001 :001 – DOK 2023/0659709, BStBl. I 2023, 1494 = EStB 2023, 301 [Schumann]) gab die Finanzverwaltung ihre Auslegung des neuen § 3 Nr. 72 EStG bekannt. Der folgende Beitrag stellt die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung vor und geht auf verschiedene Sichtweisen sowie verbliebende Zweifelsfragen ein.
I. Der Weg zur Steuerbefreiung
Idee der Steuerbefreiung: In seiner Stellungnahme zum JStG 2020 schlug der Deutsche Bundesrat erstmals vor, die Einnahmen aus dem Betrieb von kleinen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung bis zu 10 Kilowatt peak (kWp) steuerfrei zu stellen. Sein Ziel war es, Steuerpflichtige (Stpfl.) und Finanzbehörden von Bürokratie zu entlasten und so die künftige Versorgung mit regenerativen Energien zu unterstützen.
Liebhabereiwahlrecht per Verwaltungsanweisung: Die Bundesregierung folgte diesem Ansatz zunächst nicht. Jedoch erließ die Finanzverwaltung zwei Anweisungen, die jeweils ohne ersichtliche Rechtsgrundlage den Stpfl. die Möglichkeit eröffneten, bestimmte Photovoltaikanlagen und kleine Blockheizkraftwerke wahlweise und auf Antrag mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht zu betreiben. Eine Option zur Liebhaberei machte regelmäßig nur dann Sinn, wenn mit der Photovoltaikanlage Gewinne erwirtschaftet wurden.
Gesetzliche Regelung: Schließlich erweiterte der Gesetzgeber mit dem JStG 2022 den Katalog der Steuerbefreiungen durch eine Freistellung der Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb bestimmter Photovoltaikanlagen. Mit BMF-Schreiben vom 17.7.2023 nahm die Finanzverwaltung zur Anwendungsfragen des neuen § 3 Nr. 72 EStG Stellung.
II. Persönlicher Anwendungsbereich
Die Steuerfreistellung nach § 3 Nr. 72 gilt ab dem Veranlagungszeitraum (VZ) 2022 für natürliche Personen, Mitunternehmerschaften und Körperschaften (§ 8 Abs. 1 KStG). Zu den Körperschaften zählen auch Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach § 4 Abs. 1 KStG.
III. Sachlicher Anwendungsbereich
Marktdatenstammregister maßgeblich: Die Steuerbefreiungen nach § 3 Nr. 72 EStG setzen voraus, dass die begünstigten Photovoltaikanlagen in Abhängigkeit von ihrem Installationsort eine bestimmte Maximalleistung nicht überschreiten (objektbezogene Prüfung). Maßgeblich bei dieser Prüfung ist die für die jeweilige Photovoltaikanlage in das Marktdatenstammregister eingetragene Bruttoleistung in kWp. Etwaige Leistungsminderungen durch Verschmutzung, Vergilbung oder Degradation sind damit unbeachtlich. Beachten Sie: Wird die Leistung einer Anlage durch Demontage einzelner Solarmodule mit dem Ziel gemindert, künftig die gesetzlich vorgesehene Maximalleistung zu erreichen oder knapp zu unterschreiten, ist dafür Sorge zu tragen, die Anpassung auch im Marktdatenstammregister vorzuhalten.
Begünstigte Photovoltaikanlagen: Unter die Steuerbefreiung fallen Photovoltaikanlagen, die sich auf, an oder in den jeweils in der Norm benannten Gebäuden befinden. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Betreiber der Photovoltaikanlage auch Eigentümer des jeweiligen Gebäudes ist. Begünstigt sind klassische Aufdach-Anlagen sowie dach- oder fassadenintegrierte Anlagen, z.B. Solardachziegel, Indach-Module, Solarfolien sowie Fassaden- oder Balkonmodule. Auch auf Nebengebäuden – wie Garagen, Carports oder Gartenhäusern – installierte Module fallen unter die Begünstigung. Nicht begünstigt sind hingegen Freiflächenanlagen. Beachten Sie: Ertragsteuerlich sind die Photovoltaikanlagen als selbständiges bewegliches Wirtschaftsgut zu behandeln (R 4.2 Abs. 3 S. 4 EStR 2012). Bewertungsrechtlich sind gebäude- wie dachintegrierte Anlagen als unselbständige Gebäudeteile dem Gebäude zuzuordnen.
Maximalleistung bestimmt durch Gebäudeart: Die Höchstbeträge für di...