Objektbezogene Höchstgrenze: Zunächst ist für die Stpfl. oder die Mitunternehmerschaft zu prüfen, welche der von ihnen betriebenen Photovoltaikanlagen unter die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 S. 1 EStG fallen.
Subjektbezogene Prüfung: Sodann ist zu prüfen, ob der jeweilige Steuerpflichtige oder die jeweilige Mitunternehmerschaft insgesamt die 100 kWp-Grenze einhält.
Beraterhinweis Beteiligungen des Stpfl. oder der Mitunternehmerschaft an einer Photovoltaikanlagen betreibenden anderen Mitunternehmerschaft sind in diese Prüfung nicht anteilig einzubeziehen. Beachten Sie: Bei Mitunternehmerschaften kann die 100 kWp-Grenze durch Gründung personenidentischer Schwesterngesellschaftern faktisch unterlaufen werden.
100 kWp Freigrenze: Die Bundesregierung hatte sich bereits in der Antwort auf eine kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion vom 13.2.2023 dahingehend festgelegt, dass sie die Steuerfreiheit für Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen von insgesamt höchstens 100 kWp als Freigrenze versteht. Diesem Verständnis folgt auch die Finanzverwaltung: Betreibt ein Stpfl. oder eine Mitunternehmerschaft dem Grunde nach begünstigte Photovoltaikanlagen mit einer maßgeblichen Leistung von mehr als 100 kWp, ist die Steuerbefreiung insgesamt nicht (mehr) anzuwenden.
Beachten Sie: Diese Auslegung ist nicht unumstritten. Die Formulierung "insgesamt höchstens" in § 3 Nr. 72 S. 1 EStG kann auch als Beschreibung für einen Freibetrag gelesen werden.
Beraterhinweis Sollte in der Beratung hingegen ein Verständnis als Freibetrag angestrebt sein, kann diese Frage nur durch einen Finanzrechtsstreit geklärt werden.
Beispiel 1
(nach BMF v. 17.7.2023, Rz. 15):
Der Stpfl. A betreibt zwei Photovoltaikanlagen mit einer maßgeblichen Leistung von 30 kWp auf je einem Einfamilienhaus sowie eine Freiflächenphotovoltaikanlage mit einer maßgeblichen Leistung von 50 kWp.
Lösung: Die beiden Photovoltaikanlagen auf den Einfamilienhäusern sind nach § 3 Nr. 72 S. 1 EStG begünstigt. Sie sind in die Prüfung der 100 kWp-Freigrenze einzubeziehen. Da die Freiflächenphotovoltaikanlage bereits dem Grunde nach nicht begünstigt ist, ist diese auch für die Prüfung der 100 kWp-Freigrenze unbeachtlich.
Beispiel 2
Wie Beispiel 1. Zusätzlich betreibt der Stpfl. mit seiner Ehepartnerin B auf dem gemeinsam genutzten Einfamilienhaus eine Photovoltaikanlage mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von 24 kWp.
Lösung: Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 72 S. 1 lit. a EStG gilt für die Mitunternehmerschaft der Eheleute A und B. Eine anteilige Leistung dieser Photovoltaikanlage ist nicht in die Prüfung der 100 kWp-Freigrenze des A einzubeziehen. Vielmehr geht die maßgebliche Leistung von 24 kWp in die Prüfung der 100 kWp-Freigrenze der Mitunternehmerschaft ein.
Unterjährige Anwendung der Steuerbefreiungen: Werden die Voraussetzungen des § 3 Nr. 72 EStG unterjährig erstmals oder letztmalig erfüllt, finden die Steuerbefreiungen ab bzw. bis zu diesem Zeitpunkt Anwendung.