Leitsatz
Die gewerbesteuerrechtlichen Kürzungsvorschriften der § 9 Nr. 7 und § 12 Abs. 3 Nr. 4 GewStG 1991 (internationales Schachtelprivileg) setzen voraus, dass die ausländischen Tochtergesellschaften ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 AStG fallenden aktiven Tätigkeiten beziehen. Ist eine ausländische Tochtergesellschaft mitunternehmerisch an einem weiteren Unternehmen beteiligt, sind ihr die im Rahmen der Mitunternehmerschaft erzielten Bruttoerträge insoweit nach Art und Höhe anteilig zuzurechnen; dies gilt auch bei einer mehrstufigen mitunternehmerischen Beteiligung.
Normenkette
§ 9 Nr. 7, § 12 Abs. 3 Nr. 4 GewStG 1991, § 8 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 AStG
Sachverhalt
An der klagenden GmbH & Co. KG mit dem Unternehmensgegenstand Beteiligungsverwaltung und Grundbesitzverpachtung waren als Kommanditisten zu gleichen Teilen drei Personen beteiligt. Komplementärin ohne Kapitalanteil war eine GmbH. Die Kommanditisten der Klägerin waren zu je einem Drittel an vier schweizerischen GmbH beteiligt. Die Beteiligungen waren bei der Klägerin als Sonderbetriebsvermögen erfasst.
Die vier schweizerischen Gesellschaften waren an der GmbH & Co. KG zunächst still beteiligt. Später stellten sie ihre Abfindungsguthaben KG darlehensweise zur Verfügung. Weitere Einkünfte erzielten die vier Gesellschaften aus einer atypisch stillen Beteiligung an einer Schweizer GmbH & Co. KG und aus einer Darlehensgewährung an diese Gesellschaft. An dieser KG waren zudem die Kommanditisten der deutschen GmbH & Co. KG beteiligt. Die Schweizer KG wiederum war an mehreren Gesellschaften beteiligt, u.a. an diversen aktiven deutschen Personengesellschaften.
Bei der Festsetzung des einheitlichen GewSt-Messbetrags für 1991 berücksichtigte das FA für die klagende KG weder eine Kürzung um die Erträge aus den Beteiligungen an den schweizerischen Gesellschaften (§ 9 Nr. 7 GewStG) noch eine Kürzung um die Wertansätze der Anteile an diesen Gesellschaften (§ 12 Abs. 3 Nr. 4 GewStG a.F.).
Entscheidung
Anders als die anschließende Klage (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2007, 9 K 187/04, Haufe-Index 1930919) hatte die Revision Erfolg:
Die den Schweizer Kapitalgesellschaften nachgeschalteten Personengesellschaften seien "aktiv" i.S.v. § 8 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 AStG tätig gewesen und diese Aktivitäten schlügen anteilig auf die vorgeschalteten Kapitalgesellschaften durch, sodass diese nicht "passiv" tätig seien und der deutschen KG das gewerbesteuerliche internationale Schachtelprivileg zu gewähren sei.
Hinweis
1. Der Hinzurechnung gem. §§ 7 ff. AStG lässt sich (nur) entgehen, wenn die in dem sog. Niedrigsteuerland zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 AStG fallenden aktiven Tätigkeiten bezieht (s. auch § 9 AStG). Es handelt sich hierbei um die außensteuerrechtliche Variante des sog. Aktivitätsvorbehalts.
2. Mit diesen Voraussetzungen verknüpft auch das GewSt-Recht die Gewährung des "Internationalen Schachtelprivilegs" gem. § 9 Nr. 7 GewStG (und früher auch gem. § 12 Abs. 3 Nr. 4 GewStG a.F), also die Kürzung der Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um
- die Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs des GewStG,
- an deren Nennkapital das Unternehmen seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen mindestens zu einem Zehntel beteiligt ist (Tochtergesellschaft) und
- die ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 AStG fallenden Tätigkeiten und aus Beteiligungen an bestimmten Gesellschaften bezieht,
- an deren Nennkapital sie mindestens zu einem Viertel unmittelbar beteiligt ist,
- wenn die betreffenden Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind.
3. In diesem Zusammenhang des Aktivitätsvorbehalts ist mancherlei streitig. Einen jener Streitpunkte hat der BFH nun abschließend entschieden:
Beteiligt sich die an sich "steuerschädliche" ausländische Tochtergesellschaft ihrerseits an einer ebenfalls ausländischen Personengesellschaft als Mitunternehmerin und ist jene Personengesellschaft anders als die Tochtergesellschaft "aktiv" tätig, dann schlägt die Transparenz der Personengesellschaft – anteilig – auf die Tätigkeitsmerkmale nach Art und Höhe durch. Die Aktivitäten "infizieren"also gewissermaßen die "passive" Tochtergesellschaft und schirmen die Aktivitäten jener gegenüber nicht ab. Das gilt für einstufige, nicht minder aber auch für doppelstöckige Konstruktionen.
4. Zu gewärtigen ist, dass die steuerpflichtigenfreundliche Auslegung die europarechtliche Problematik des Aktivitätsvorbehalts verdeckt (und vermeidet). Denn die in dem Vorbehalt "verborgene" pauschale Vermutung der Missbräuchlichkeit passiven Geschäftsgebarens widerspricht der nicht typisierenden, sondern einzelfallbezogenen Ahndung von Missbräuchen, wie sie durchgängig vom EuGH propagiert und praktiziert wird.
Legt man diese Sicht...