Für die Klage des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Auszahlung der Energiepreis pauschale (EPP) ist der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet. Dies ergibt sich allerdings nicht aus der Spezialnorm des § 120 Abs. 2 EStG. Diese spezielle Rechtswegregelung für die EPP sieht vor, dass "in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die zur EPP ergehenden Verwaltungsakte der Finanzbehörden" der Finanzrechtsweg eröffnet ist. Das schlichte Auszahlungsbegehren gegenüber dem Arbeitgeber ist jedoch erkennbar nicht auf den Erlass eines Steuerverwaltungsaktes i.S.d. § 118 Satz 1 AO gerichtet.
Es liegt aber eine abgabenrechtliche Streitigkeit i.S.d. § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO vor. Unter Abgabenangelegenheiten im Sinne dieser Vorschrift sind nach § 32 Abs. 2 FGO alle mit der Verwaltung der Abgaben oder sonst mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten zu verstehen. Dies ist bei der Frage, ob die EPP auszuzahlen ist der Fall. Denn nach § 120 Abs. 1 EStG sind auf die EPP die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden. Auch wenn es sich bei der EPP materiell um eine Sozialleistung mit Subventionscharakter handelt, ist sie damit – zumindest rechtstechnisch – als eine Steuervergütung ausgestaltet. Ihre Auszahlung betrifft deshalb einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 37 Abs. 1 AO. Damit liegt auch eine abgabenrechtliche Streitigkeit vor, die in die Zuständigkeit der Finanzgerichtsbarkeit fällt.
Jedoch ist eine derartige Klage gegen den Arbeitgeber unzulässig, weil es an einem Rechtsschutzinteresse fehlt. Der Arbeitgeber ist nicht Schuldner der EPP. Er erfüllt durch die Auszahlung der EPP weder eine im arbeitsvertraglichen Synallagma stehende Leistungspflicht noch eine Zahlungspflicht, die ihm als selbst zu erbringende Arbeitgeberleistung durch den Gesetzgeber auferlegt ist. Er erfüllt mit der Auszahlung der EPP auch nicht einen Bruttolohnanspruch des Arbeitnehmers, sondern eine ihm durch den Gesetzgeber aufoktroyierte Pflicht einer Zahlstelle (vgl. ArbG Lübeck v. 1.12.2022 – 1 Ca 1849/22, juris). Dies ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien zum Steuerentlastungsgesetz 2022 v. 23.5.2022; BGBl. I 2022, 749 ff., mit dessen Art. 1 die EPP eingeführt wurde. Danach war Anlass für diese Art der Auszahlung, dass es noch keinen gleichwertigen Auszahlungsmechanismus gab, um die EPP direkt und zeitnah an die Bürger auszuzahlen (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP – Drucks. 20/1333 – Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 2022, BT-Drucks. 20/1765, 18).
Außerdem ist die EPP nach § 120 Abs. 1 EStG rechtstechnisch als eine Steuervergütung zu behandeln (vgl. Ausführungen unter 1.). Eine Steuervergütungsvorschrift regelt einen Anspruch des Steuerschuldners gegen den Steuergläubiger, der auf unterschiedlichen Rechtsgründen, hier die Regelungen zur EPP, beruhen kann. Steuerschuldner der Lohnsteuer ist der Arbeitnehmer (§ 38 Abs. 2 EStG) als derjenige, der den Steuertatbestand verwirklicht (§§ 43 AO, 36 Abs. 4 S. 1 EStG). Damit ist der Arbeitnehmer auch Gläubiger einer etwaigen Vergütung dieser Steuern. Ansprüche auf Steuervergütungen sind jedoch gegenüber dem FA geltend zu machen (Weber-Grellet, jurisPR-ArbR 9/2023 Anm. 7).
Solange die EPP noch nicht i.S.d. § 115 Abs. 2 EStG ausgezahlt worden ist, muss der Gläubiger der EPP daher grundsätzlich gem. § 115 Abs. 1 EStG gegenüber dem FA die Festsetzung durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung geltend machen (vgl. BT-Drucks. 20/1765, a.a.O., S. 24; Krüger in Schmidt, EStG, 42. Aufl. 2024, § 115 Rz. 1, § 46 Rz. 30 ff.; Schober in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 115 EStG Rz. 2 und § 120 EStG Rz. 3).
FG Münster v. 5.9.2023 – 11 K 1588/23 Kg (PKH)
Beraterhinweis Nach dieser Rechtsauffassung ist zwar der Finanzrechtsweg eröffnet. Es ist aber zu berücksichtigen, dass im Fall der Nichtauszahlung der EPP durch den Arbeitgeber für den Arbeitnehmer gem. § 115 Abs. 1 EStG faktisch die Abgabe einer Steuererklärung erforderlich sein kann, also faktisch ein Zwang zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung entsteht. Auch greift damit für die Klageerhebung das Erfordernis eines Vorverfahrens gem. § 44 FGO ein, sofern nicht die Ausnahmen nach § 45 FGO (Sprungklage) oder § 46 FGO (Untätigkeitsklage) vorliegen.