Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Ist das verleihende Unternehmen in der Bundesrepublik ansässig, ist es bereits nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG "inländischer Arbeitgeber" und zum LSt-Abzug verpflichtet, wenn ein deutsches Besteuerungsrecht besteht.
Ist das verleihende Unternehmen nicht in der Bundesrepublik ansässig, gilt eine besondere Regelung. Nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG muss der ausl. Verleiher von Arbeitnehmern die LSt für die entliehenen Arbeitnehmer einbehalten und abführen, wenn der Arbeitnehmer entweder in der Bundesrepublik ansässig oder hier tätig ist. "Ausländischer Verleiher" ist ein Unternehmen, das gewerbsmäßig Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung im Inland überlässt, ohne "inländischer Arbeitgeber" zu sein (vgl. "Arbeitgeber (inländischer/ausländischer)"). "Gewerbsmäßig" ist eine Tätigkeit, die nicht nur gelegentlich, sondern auf Dauer zur Erzielung wirtschaftlicher Vorteile betrieben wird. Nicht maßgebend ist, ob dem Verleiher eine Erlaubnis nach dem Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz erteilt worden ist.
Der Arbeitnehmer muss zur Arbeitsleistung bei dem entleihenden Unternehmen überlassen worden sein. Das bedeutet, dass das Direktionsrecht hinsichtlich Art, Umfang und Durchführung der Tätigkeit bei dem entleihenden Unternehmen liegt.
In diesem Fall besteht keine Pflicht zur Einbehaltung der LSt nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Dafür dehnt § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 die Pflicht zum LSt-Abzug auf den ausl. Verleiher aus. Diese Regelung gilt aber nur, wenn die Arbeitgeber-Eigenschaft nicht auf das entleihende Unternehmen übergegangen ist. Ob das geschehen ist, ist Tatfrage und nach den abgeschlossenen Verträgen zu beurteilen. Es gilt nationales Recht, nicht der weite Begriff des "wirtschaftlichen Arbeitgebers" nach DBA-Recht.
Hat das verleihende Unternehmen im Inland LSt einzubehalten und abzuführen, unterhält es aber keine Betriebsstätte im Inland, gilt nach § 41 Abs. 2 S. 2 letzter Satzteil EStG derjenige Ort im Inland als Betriebsstätte, an dem die Arbeitsleistung ganz oder vorwiegend stattfindet. Eine besondere Aktivität des Verleihers braucht an diesem Ort nicht stattzufinden. Die LSt ist an das für diesen Ort zuständige FA abzuführen (Betriebsstätten-FA). Diese Fiktion der Betriebsstätte gilt aber nur für den LSt-Abzug. I. S. d. § 12 AO und der DBA bildet dieser Ort, wenn sich dort keine feste Einrichtung des verleihenden Unternehmens befindet, keine Betriebsstätte.
Ist die Arbeitgebereigenschaft auf das inländische entleihende Unternehmen übergegangen, ist dieses nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG "inländischer Arbeitgeber", sodass keine Notwendigkeit der Erweiterung der LSt-Abzugspflicht nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG besteht.
Die LSt-Abzugsverpflichtung besteht nur, wenn der Bundesrepublik nach dem anzuwendenden DBA das Besteuerungsrecht für die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Inland zusteht.