Kommentar
1. Daß Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann als Werbungskosten abgezogen werden dürfen, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50% der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wurde von der Rechtsprechung des BFH schon seither nicht beanstandet (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Satz 1 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 1996, BFH, Urteil v. 27. 9. 1996, VI R 46/96, BStBl 1997 II S. 68; Arbeitszimmer ).
2. Wie der Bundesfinanzhof nunmehr entschieden hat, ist es verfassungsrechtlich ebenfalls unbedenklich, daß Aufwendungen eines Arbeitnehmers für ein häusliches Arbeitszimmer und dessen Ausstattung nur bis höchstens 2.400 DM jährlich als Werbungskosten abgezogen werden dürfen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG sei es dem Gesetzgeber nicht untersagt, daß er für bestimmte Arten von Aufwendungen steuerlich nur den Abzug eines typisierend festgelegten Betrags gestatte (BVerfG, Beschluß v. 10. 4. 1997, 2 BvL 77/92, BStBl 1997 II S. 518, 519 unter II. 3. der Gründe betreffend die Aufhebung des Arbeitnehmer- und Weihnachtsfreibetrags). Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer seien eine Art von Aufwendungen, die der Gesetzgeber ohne Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2, Art. 12 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG typisierend begrenzen dürfe. Solche Aufwendungen fielen wegen der engen Berührung zwischen beruflichem und privatem Bereich in eine Sphäre, die sich einer Nachprüfung durch die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte entziehen. Angesichts dieser Besonderheit könne es dem Gesetzgeber von verfassungswegen nicht untersagt werden, daß er die Höhe der als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbaren Aufwendungen typisierend auf ein Maß beschränkt, das ihm als notwendig erscheint.
Daß die Begrenzung der abziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM pro Jahr nicht gilt, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, sei ebenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn der Gesetzgeber habe typisierend an unterschiedliche Sach verhalte unterschiedliche Rechts- folgen geknüpft.
3. Der BFH teilt die Auffassung des BMF, daß bei einem Lehrer das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Tätigkeit bildet, sondern dieser Mittelpunkt in der Schule liegt (BMF, Schreiben v. 29. 9. 1995, IV B 6 – S 2000 – 60/95, BStBl 1995 I S. 429, 432, Tz. 3.3).
4. Die Obergrenze von 2.400 DM umfaßt nicht nur die Raum kosten (z. B. anteilige Miete, AfA, Schuldzinsen, Gebäudereparaturen, Heizungs- und Reinigungskosten), sondern auch die Kosten für die Ausstattung des häuslichen Arbeitszimmers (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Satz 1 EStG ). Nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 22. 1. 1998, IV B 2 – S 2145 – 3/98) sollen zur Ausstattung nicht nur Tapeten, Teppiche, Gardinen und Lampen, sondern generell auch Bücherschränke, Bücherregale, Schreibtische, Schreibtischstühle sowie andere Möbelstücke gehören. Danach soll nur das sogenannte „typische Arbeitsmittel” – wie etwa das Klavier bei einem Musiklehrer – nicht zur Ausstattung gehören ( Abschn. 45 Abs. 2 Satz 6 LStR ). Der BFH lehnt diese enge Auffassung der Finanzverwaltung ab und folgt dem seither auch schon hier vertretenen Rechtsstandpunkt, daß Aufwendungen für Arbeitsmittel ( § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG ) weiterhin unbeschränkt als Werbungskosten abziehbar sind, auch wenn Arbeitsmittel sich in einem häuslichen Arbeitszimmer befinden und damit zu dessen Ausstattung gehören. Denn die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG getroffene Regelung über die Abziehbarkeit der Aufwendungen für Arbeitsmittel ( § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG ) hat als lex specialis Vorrang vor der die Kosten der Ausstattung des häuslichen Arbeitszimmers betreffenden Regelung in § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Satz 1 EStG i. V. m. § 9 Abs. 5 EStG , wie der Bundesfinanzhof nunmehr ausdrücklich bestätigt hat.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.11.1997, VI R 4/97
Hinweis:
1. Ähnlich wie Lehrer ihren Tätigkeitsmittelpunkt in der Schule haben, dürfte auch bei Richtern der Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit im Gericht liegen, selbst wenn sie ihre Akten weitgehend im häuslichen Arbeitszimmer bearbeiten und dort auch die Urteilsentwürfe fertigen. Dies gilt selbst dann, wenn Richter dort nebenberuflich durch schriftstellerische Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielen.
Bei einem Rechtsanwalt dürfte der Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit stets seine Kanzlei sein, weil er dort schwerpunktmäßig Mandanten betreut, Schriftsätze fertigt und organisatorisch das Büro leitet. Das häusliche Arbeitszimmer ist selbst dann nicht Tätigkeits mittelpunkt des Anwalts, wenn dieser dort z. B. alle schwierigen Fälle mit erheblichem Zeitaufwand bearbeitet und gelegentlich ausgewählte Klienten dort berät.
Abschließend dürften diese Fragen allerdings erst durch das BVerfG entschieden werden. Deshalb dürfte es sich emp...