1 Systematische Einordnung
Die Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds ist nach deutschem Steuerrecht eine selbstständige Tätigkeit, die aber einige Besonderheiten im Vergleich zu anderen selbstständigen Tätigkeiten aufweist. Daher enthalten die DBA in Art. 16 OECD-MA Sonderregelungen für die Besteuerungsrechte aus Einkünften von Aufsichtsratsmitgliedern. Nach nationalem deutschem Steuerrecht gelten hingegen die allgemeinen Vorschriften. Allerdings unterliegen die Einkünfte aus einer Aufsichtsratstätigkeit einem besonderen Steuerabzug (§ 50a EStG Rz. 88ff.).
2 Inhalt
2.1 Allgemeines
Mitglieder eines Aufsichtsrats nehmen nach deutschem Verständnis eine Kontrollfunktion gegenüber der Gesellschaft wahr und sind daher bei der zu überwachenden Gesellschaft nicht angestellt i. S. eines Arbeitnehmers. Das Entgelt für eine derartige Tätigkeit wird nur dann von den Sonderregelungen im internationalen Steuerrecht zu Aufsichtsratsmitgliedern erfasst, wenn die jeweilige Vergütung auch für die Tätigkeit als Aufsichtsrat gezahlt wird. Umgekehrt werden aber auch alle Vergütungen für die Tätigkeit als Aufsichtsrat erfasst. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Form, z. B. Geld, Sachleistungen o. Ä., sie gewährt werden. Von der Vergütung für die Aufsichtsratstätigkeit zu unterscheiden ist eine Vergütung, die nur an ein Aufsichtsratsmitglied geleistet wird, ohne für die Aufsichtsratstätigkeit gezahlt zu werden.
Entscheidend für die Anwendung der Sonderregelungen für Aufsichtsratsmitglieder ist also die Definition der Aufsichtsratstätigkeit. Eine Tätigkeit als Aufsichtsrat liegt immer dann vor, wenn die Tätigkeit der Überwachung der Geschäftsführung dient. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Aufsichtsrat aufgrund gesetzlicher Regelung vorgesehen ist (z. B. AG, §§ 95ff. AktG, KGaA, §§ 278, 287 AktG, Genossenschaft, §§ 9, 36 GenG) oder freiwillig eingerichtet wird (z. B. bei der GmbH, OHG oder KG). Ist die Tätigkeit nicht auf eine überwachende Funktion begrenzt, sondern umfasst auch unmittelbare Leitungs- oder Mitverwaltungsaufgaben, liegt keine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied mehr vor. Auch bei einer bloß beratenden Tätigkeit ist die erforderliche Kontrollfunktion nicht gegeben. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann eine Tätigkeit dann umzuqualifizieren sein, – auch wenn es sich originär um eine Aufsichtsratstätigkeit handelt –, wenn diese Tätigkeit entweder auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung des Arbeitgebers oder kraft Amtes (z. B. bei öffentlich-rechtlichen Unternehmen) übernommen wird. In diesem Fall ist die Vergütung der unselbstständigen Arbeit zuzuordnen, sofern ein enger sachlicher Zusammenhang zu der nicht selbstständigen Arbeit vorliegt.
Sofern die Vergütung für eine Aufsichtsratstätigkeit an den Arbeitgeber abzuführen ist, handelt es sich für den Aufsichtsrat um negative Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit.
2.2 Nationales Recht
Aufsichtsratsmitglieder erzielen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, die gem. § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG in Deutschland der beschr. Steuerpflicht unterliegen, wenn sie im Inland ausgeübt oder verwertet werden. Wird die Aufsichtsratstätigkeit für eine inländische Gesellschaft ausgeübt, besteht die Vermutung, dass der Tätigkeitsort im Inland liegt. Umgekehrt liegen ausl. Einkünfte vor, wenn die Tätigkeit im Ausland ausgeübt oder verwertet wird (§ 34d Nr. 3 EStG). Für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ist dabei regelmäßig (anders als bei anderen Einkünften aus selbstständiger Arbeit) nur der Ort der Tätigkeit entscheidend, da kein verwertbares Ergebnis aus dieser Tätigkeit vorliegen wird.
Die Einkünfte eines Aufsichtsratsmitglieds unterliegen gem. § 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG einem Steuerabzug i. H. v. 30 % zzgl. SolZ (§ 50a Abs. 2 EStG). Der Steuerabzug ist von den gesamten Einnahmen und nicht nur von den Einkünften vorzunehmen. Ein Abzug mit diesen im Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben ist nur bei einem in nachprüfbarer Form erfolgten Nachweis möglich oder wenn sie vom Schuldner übernommen worden sind (§ 50a Abs. 3 S. 1 EStG). Weitere Voraussetzung ist, dass das Aufsichtsratsmitglied Staatsangehöriger eines EU- oder EWR-Staates ist und in der EU oder dem EWR ansässig ist. Dabei muss es sich bei dem Ansässigkeitsstaat nicht um seinen Heimatstaat handeln (vgl. "Ansässigkeit"). Für beschr. stpfl. Aufsichtsratsmitglieder hat dieser Abzug abgeltende Wirkung (§ 50 EStG Rz. 92ff.). Der Steuerabzug nach nationalem Recht hat gem. § 50d Abs. 1 EStG unabhängig davon zu erfolgen, ob Deutschland nach dem DBA ein Besteuerungsrecht zusteht oder die Vergütung freizustellen ist (vgl. "Freistellungsmethode"). Sofern kein Besteuerungsrecht besteht, hat eine Erstattung gem. § 50d Abs. 2 EStG zu erfolgen. Vom Steuerabzug kann nur abgesehen werden, wenn eine Freistellungsbescheinigung vorgelegt wird.
Der Steuerabzug ist nur von inländischen Kör...