Rz. 28
Das Zusammenspiel der verfahrensrechtlichen Vorschriften der Festsetzungsverjährung (§§ 169ff. AO) und der Bestandskraft (§§ 172ff. AO) einerseits und der bilanziellen Vorschrift des Bilanzzusammenhangs (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB) andererseits ist seit langem umstritten. Nach der Rechtsprechung des BFH wird dem Bilanzzusammenhang der Vorrang eingeräumt. Dies führt dazu, dass bilanzielle Korrekturen mit Rücksicht auf den Bilanzzusammenhang unabhängig vom Eintritt der Bestandskraft oder Festsetzungsverjährung in der letzten noch offenen Veranlagungsbilanz nachgeholt werden müssen.
Da die außerbilanziellen Korrekturen nicht vom Bilanzzusammenhang erfasst werden, kann der Bilanzzusammenhang in diesen Fällen nicht als Rechtfertigung für eine Verletzung der verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Bestandskraft und Festsetzungsverjährung herangezogen werden. Die Korrektur außerbilanzieller Gewinnermittlungsvorgänge hat seine Grenze im allgemeinen Verfahrensrecht. Es ist also von erheblicher praktischer Bedeutung, ob eine außerbilanzielle oder bilanzielle Korrektur vorliegt. Die Korrektur einer nicht abziehbaren Betriebsausgabe ist folglich nur innerhalb der Festsetzungsverjährung möglich, wenn der Steuerbescheid noch nicht bestandskräftig ist.
Rz. 29
Teilweise besteht eine Verknüpfung zwischen einer Bilanzposition und einer außerbilanziellen Korrektur. Bei der verdeckten Gewinnausschüttung wäre dies auf der Passivseite die Rückstellung für eine unangemessene Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer oder auf der Aktivseite das vom Gesellschafter zu einem unangemessen hohen Preis angeschaffte Wirtschaftsgut.
Kommt es zur Korrektur einer Verbindlichkeit oder einer Rückstellung, die auf einer vGA beruht, ist zwischen dem Teilbetrag I und II zu differenzieren. Die von der Finanzverwaltung entwickelte Figur des Teilbetrags I und II führt nicht zu einer Ausnahme von der Regel, dass eine außerbilanzielle Korrektur nur im Rahmen der Bestandskraft und der Festsetzungsverjährung korrigiert werden darf. Es soll verhindert werden, dass z. B. eine vGA durch eine Pensionszusage für den Gesellschafter-Geschäftsführer sich 2-mal steuerlich erhöhend auswirkt. Ohne die Technik des Teilbetrags I und II würde man zunächst im Jahr der Pensionszusage eine vGA außerbilanziell hinzurechnen und in einer späten Periode, wenn der Gesellschafter auf seine nicht vollwertige Pensionszusage verzichtet, einen bilanziellen Ertrag aus der Auflösung der Rückstellung erfassen.
Rz. 30
Kommt es auf der Aktivseite zu einer Berichtigung der Anschaffungskosten des vom Gesellschafter zu einem überhöhten Preis angeschafften Wirtschaftsgutes, soll nach Ansicht des BMF in einem solchen Fall die Korrektur in der letzten nach AO änderbaren Bilanz nachvollzogen werden. Diese Auffassung ist umstritten. Die bilanzielle Korrektur der Anschaffungskosten ist aufgrund des Vorrangs des Bilanzzusammenhanges gegenüber den verfahrensrechtlichen Schranken der Berichtigung von Steuerbescheiden "zeitlos" möglich. Für die außerbilanziellen Korrekturen gilt die Schranke der Festsetzungsverjährung. Die außerbilanzielle Korrektur der vGA ist also im Jahr der Anschaffung und nicht erst im Jahr der Berichtigung der Anschaffungskosten vorzunehmen. Nach anderem Verständnis ist § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG die Korrektur für den bilanziellen Unterschiedsbetrag. Nach dieser Meinung kommt es auch für die außerbilanzielle Korrektur der vGA zu einer zeitlosen Korrektur.