Entscheidungsstichwort (Thema)
Korrigierende Rückgruppierung/Darlegungslast
Leitsatz (amtlich)
Teilt der Arbeitgeber dem Angestellten mit, in welche Vergütungsgruppe des BAT bzw. BAT-O der Angestellte eingruppiert sei und wann er mit seinem Bewährungsaufstieg rechnen könne, so genügt es für eine korrigierende Rückgruppierung, daß der Arbeitgeber darlegt und ggf. beweist, daß zumindest eine tarifliche Voraussetzung der damals mitgeteilten Vergütungsgruppe objektiv nicht gegeben war.
Normenkette
BAT-O §§ 22-23; BAT-O Anlage 1a
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 1. Februar 1999 – 9 Sa 94/98 – aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die von der Klägerin begehrte Höhergruppierung und die von dem beklagten Land vorgenommene Rückgruppierung.
Die im Jahre 1962 geborene Klägerin, die Mitglied der Gewerkschaft ÖTV ist, ist seit dem 1. März 1992 im städtischen Krankenhaus F als Sachbearbeiterin beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag vom 28. Februar 1992 ist hinsichtlich der Arbeitszeit, des Gehalts, des Urlaubs und der Kündigungsfristen auf den BAT-O verwiesen. Das beklagte Land teilte der Klägerin im Schreiben vom 15. September 1993 mit:
Auf der Grundlage der von Ihnen eingereichten Erklärungen und Nachweise zur Anrechnung von Vordienstzeiten haben wir mit Wirkung vom 1.3.1992 für Sie die folgende Eingruppierung nach BAT-Ost ermittelt: Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 1 a, Lebensaltersstufe 27.
Der Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe V b, Fallgruppe 1 c, wird voraussichtlich erreicht am 1.3.1995.
Die Klägerin war bis zum 31. Dezember 1995 als Sachbearbeiterin für die stationäre Aufnahme und Kosteneinziehung beschäftigt. Nachdem sich auf Grund des Gesundheitsstrukturgesetzes von 1993 und der Pflegesatzordnung von 1995 das Abrechnungssystem verändert hatte, überprüfte die Klägerin seit dem 1. Januar 1996 die von den Ärzten erstellten Entlassungsanzeigen auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Mit Schreiben vom 21. März 1995 erinnerte die Klägerin die Beklagte daran, daß ihr zum 1. März 1995 der Bewährungsaufstieg in Aussicht gestellt worden sei, und bat um Mitteilung über den Stand der Dinge. Nach einem längeren Schriftwechsel darüber teilte das Krankenhaus der Klägerin mit Schreiben vom 29. November 1996 ua. mit:
„Im Rahmen unserer arbeitgeberrechtlichen Verantwortung hat sich ergeben, daß die Bewertung Ihres Aufgabengebietes und somit die Eingruppierung, insbesondere auch im Vergleich mit in Betracht kommenden kommunalen Krankenhäusern des Landes Berlins unzulässigerweise irrtümlich zu hoch eingestuft wurde.
Wir sind deshalb nunmehr verpflichtet, die überhöhten Vergütungszahlungen durch Herabgruppierungen zu korrigieren.
Mit sofortiger Wirkung sind Sie in Vergütungsgruppe VI b, Fallgruppe 1 a, Allgemeiner Teil, der Vergütungsordnung zum Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) eingruppiert.”
Nachdem der beim Krankenhaus bestehende Personalrat mit Schreiben vom 11. März 1997 seine Zustimmung zur beabsichtigten Herabgruppierung der Klägerin erteilt hatte, erfolgte die Rückgruppierung der Klägerin mit Wirkung vom 1. April 1997.
Mit der Klage bzw. der Klageerweiterung begehrt die Klägerin die Feststellung, daß ihr auf Grund des Bewährungsaufstiegs seit dem 1. März 1995 die VergGr. V b BAT-O zustehe, hilfsweise jedenfalls weiterhin die VergGr. V c BAT-O, weil die Rückgruppierung fehlerhaft sei. Sie hat die Auffassung vertreten, die von ihr auszuübenden Tätigkeiten entsprächen den tariflichen Voraussetzungen der VergGr. V c Fallgr. 1 c BAT-O, so daß ihr nach der dreijährigen Bewährung seit dem 1. März 1995 die VergGr. V b Fallgr. 1 c BAT-O zustehe. Insbesondere übe sie mit einem Zeitanteil von mindestens 50 % selbständige Tätigkeiten iSd. entsprechenden Tarifnorm aus. Sie beruft sich für die Zeit bis zum 31. Dezember 1995 ua. auf eine von der Referatsleiterin erstellte Beschreibung ihres Arbeitskreises als Sachbearbeiterin für stationäre Aufnahme und Kostenträgersicherung vom 3. Dezember 1996 mit dem folgenden Inhalt:
1. |
Eigenverantwortliche und selbständige Sicherung eines Kostenträgers für die Übernahme der Krankenhauskosten durch Entscheidungen zum Handlungsablauf: |
40 |
% |
2. |
Verwaltungsmäßige Aufgaben zur Kostenträgersicherung: |
27 |
% |
3. |
Verwaltungsmäßige Aufnahme von Planpatienten: |
20 |
% |
4. |
Beratung von Patienten zum Wahlleistungsangebot sowie Abschluß von Wahlleistungsvereinbarungen: |
2 |
% |
5. |
DV-seitige Bearbeitung von Entlassungen einschließlich Klärung von Entlassungsdaten mit dem entlassenden Arzt: |
5 |
% |
6. |
Weitere Aufgaben und Verantwortlichkeiten: |
6 |
% |
Für ihre Tätigkeit als Sachbearbeiterin für die stationäre Abrechnungsprüfung seit dem 1. Januar 1996 hat sie sich ua. auf die ebenfalls von der Referatsleiterin erstellte Beschreibung des Arbeitskreises vom 3. Dezember 1996 bezogen:
1. |
Prüfung der Entlassungs- und Abrechnungsanzeige für alle entlassenen Patienten, dh. Ermittlung der Kriterien (ICD, ICPM, Hauptleistung, Nebenleistungen) zur Abrechnung gem. BPflV 95 und eigenverantwortliche Entscheidung aller Abrechnungsvorgänge zu stationären Patienten, selbständige mündliche/schriftliche Problemklärung mit dem entlassenden Arzt bzw. einem leitenden Arzt; dv-seitige Bearbeitung der geprüften Fälle in PAK2, PAL2, PAM2; |
75 |
% |
2. |
Selbständiges Erstellen der Entlassungsanzeige 3 für den Kostenträger auf der Grundlage des Prüfvorgangs zur Herstellung der inhaltlichen Identität zur Rechnung; |
9 |
% |
3. |
Statistische Erhebungen zur Abrechnung stationärer Leistungen; |
1 |
% |
4. |
Erstellen von Einzel-Rechnungen bei Notwendigkeit von Vorauszahlungen sowie Erstellen von Handrechnungen bei bestimmten Entlassungssituationen; |
2 |
% |
5. |
Auskunftserteilung bei Tarifanfragen; |
1 |
% |
6. |
Bearbeitung von abrechnungsseitigen Reklamationen und Stornierungen mit Stationen, Patienten und Kostenträgern; |
9 |
% |
7. |
Mitarbeit am Jahresabschluß; |
1 |
% |
8. |
Erstellen von Einzelrechnungen zur Sachkostenerstattung von Haemophiliepräparaten |
2 |
% |
9. |
Teilnahme an Vertretungen innerhalb des Referates Patientenverwaltung; |
|
Die Klägerin hat die Meinung vertreten, daß die Beklagte sich nicht auf die Möglichkeit der korrigierenden Rückgruppierung berufen könne, weil ein Bewertungsirrtum nicht vorgelegen habe oder jedenfalls von der Beklagten nicht substantiiert dargelegt worden sei. In Wahrheit berufe sich die Beklagte vorrangig auf die eingruppierungsmäßige Gleichbehandlung im Verhältnis zu den Mitarbeitern in der stationären Kosteneinziehung, die in den anderen kommunalen Krankenhäusern des Landes Berlin tätig seien.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr seit dem 1. März 1995 eine Vergütung nach der VergGr. V b BAT-O, hilfsweise, seit dem 1. April 1997 weiterhin die Vergütung nach der VergGr. V c BAT-O zu zahlen, sowie in Erfüllung dieser Verpflichtung den monatlichen Nettodifferenzbetrag bis zum 31. März 1997 zwischen den VergGr. V b und V c und ab 1. April 1997 zwischen den VergGr. V b und VI b BAT-O bzw. den VergGr. V c und VI b BAT gemäß Hilfsantrag mit 4 % Zinsen seit dem 9. Januar 1998 jeweils zum ersten des Folgemonats zu verzinsen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, daß die Klägerin zu Unrecht in die VergGr. V c Fallgr. 1a BAT-O eingruppiert gewesen sei. Deshalb habe die Klägerin nicht durch eine Bewährung in die VergGr. V b Fallgr. 1 c BAT-O aufsteigen können. Vielmehr habe das beklagte Land eine korrigierende Rückgruppierung vornehmen können. Auf Grund des Schreibens der Senatsverwaltung für Gesundheit seien die Eingruppierungen in dem Bereich der stationären Kosteneinziehung überprüft und dabei die zu hohe Eingruppierung sämtlicher Mitarbeiter festgestellt worden. Ursache der falschen Eingruppierung sei die Unkenntnis gewesen, daß in allen kommunalen Krankenhäusern im Land Berlin in Anwendung eines Bewertungsschemas eine einheitliche Eingruppierung für die stationäre Kosteneinziehung nach der VergGr. VI b Fallgr. 1 a vorgenommen worden sei. Das Bewertungsschema beruhe auf einer Entscheidung der Fachvereinigung der Verwaltungsleiter Deutscher Krankenanstalten eV, Landesverband Berlin, Arbeitsgruppe Städtische Krankenanstalten, aus dem Jahre 1977 mit der folgenden Beschreibung und Bewertung der Aufgaben:
Eigenverantwortliche Klärung des Kostenträgers
- Prüfung der Vollständigkeit der sonstigen Aufgaben
- Klärung in besonders schwierigen Fällen
Antrag auf Kostenübernahme beim Leistungsträger
- Formularmäßig
- Klärung von Problemen einschließlich Schriftverkehr
- Überwachung des rechtzeitigen Eingangs von Kostenübernahmen
- Vorbereitung von Verlängerungsberichten und Überwachung der Rücksendung von den Stationen
- Erstellung von Kontierungsbelegen für das Fertigen der Rechnungen
- Überwachung des Zahlungsverkehrs bei Selbstzahlern
- Versenden der Rechnung und der Entlassungsmeldungen an den Kostenträger
- Bearbeiten der Angelegenheiten von Verwahrgeldern und Wertsachen
Bearbeitung von Nachlaßangelegenheiten
– allgemein –
Bearbeitung von Nachlaßangelegenheiten
– in besonders schwierigen Fällen –
- Klärung von Zweifelsfällen mit der Buchhaltung
- Geltendmachen von Forderungen im Rahmen des Mahnverfahrens
- Vorbereitung von Stundung, Niederschlagung und Erlassen einschließlich der erforderlichen Ermittlungen
- Arbeiten aus Anlaß des Jahresabschlusses
- Rechnerische Feststellung und sachliche Richtigkeit
Als selbständige Leistungen im Tarifsinn seien danach nur die Aufgaben 1 b, 2 b, 5, 9 b, 10 und 12 anerkannt worden. Die Aufgaben 9, 11 (gemeint ist wohl 10) und 12 würden allerdings gar nicht von der Klägerin bearbeitet. Die von der Klägerin bis zum 31. Dezember 1995 ausgeübten Tätigkeiten ergäben sich aus der folgenden Aufgabenbeschreibung für die stationäre Kosteneinziehung:
1. Bearbeitung von Planpatienten – gesetzlich versichert (ca. 60 % aller Patienten)
Patient ist bestellt und Voraussetzung ist, daß Patient mit Kostenübernahmeerklärung durch seine Krankenkasse kommt, wenn nicht, Terminverschiebung bei der Station vornehmen oder bei der Krankenkasse anrufen und nachfragen.
Aufnahmeanzeige erstellen und Antrag auf Kostenübernahme an die Krankenkasse abschicken (dazu Formulare ausfüllen, Daten übernehmen, ggf. bei der Diagnose bei Station anrufen und nachfragen falls diese nicht erkennbar ist).
Antwort von der Krankenkasse abwarten = Kostenübernahmeerklärung, wieder Daten in PC eingeben und Zuzahlung bearbeiten.
…
Weiterbearbeitung über verschiedene PC-Eingabe-Masken nach Meldung von der Station
…
2. Planpatienten – privat versichert
Kostenübernahme ist anders als bei 1. zu klären, zB ist zu erfragen, wie der Patient versichert ist, was er bezahlt und was die Krankenkasse und ob generell die Rechnung an ihn oder an Krankenkasse gerichtet werden muß. Darüber hinaus Klärung welche Wahlleistungen in Anspruch genommen werden. Kontakt zu Fachabteilung ist herzustellen (wegen Einbettzimmer, CA-Behandlung usw.). Hier muß der Patient mehr beraten, informiert werden.
3. Sozialhilfeempfänger
Bearbeitung wie gesetzlich versicherte Patienten
4. Bearbeitung von Unabweisbarkeitsfällen
Hier ist nicht wie vorher eine Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse vom Patienten vorgelegt worden, da er ein Notfall ist und diese nicht braucht. Diese Kostenübernahme ist nun bei der zuständigen Krankenkasse zu veranlassen.
Danach erbringe die Klägerin in der Tätigkeit als Sachbearbeiterin für die stationäre Kosteneinziehung in weniger als 50 % ihrer Arbeitszeit selbständige Leistungen. Denn in etwa 60 % aller Fälle brächten die Patienten die Kostenübernahme von ihrer Krankenkasse mit, so daß die Kosteneinziehung nach einem vorgegebenen Ablaufschema erfolgen könne und somit keine selbständige Tätigkeit im Tarifsinne vorliege. Selbständige Leistungen im tariflichen Sinn könnten nur in den besonders schwierigen Fällen anerkannt werden, wie beispielsweise Notfälle und Unabweisbarkeitsfälle von nicht versicherten, nicht gemeldeten bzw. von ausländischen Patienten. Deshalb sei die nunmehr vorgenommene Eingruppierung nach der VergGr. VI b BAT-O mit einem Anteil von mindestens 20 % selbständige Leistungen zutreffend. Auch die von der Klägerin seit dem 1. Januar 1996 ausgeübte Tätigkeit erfülle nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a BAT-O, weil es sich bei der Prüfung der von den Ärzten erstellten Entlassungs- und Abrechnungsanzeigen überwiegend um ganz einfache Fälle handele, die über einen feststehenden Abteilungs- und Basispflegesatz abgerechnet würden. Nur in 20 bis 25 % der Fälle handele es sich um schwieriger zu prüfende Fallpauschalen und Sonderentgelte, bei denen selbständige Leistungen zu erbringen seien. Im übrigen seien die von der Klägerin vorgelegten Arbeitskreisbeschreibungen von der Referatsleiterin als unmittelbare Dienstvorgesetzte der Klägerin formuliert worden, die für derartige Arbeitsplatzbewertungen nicht zuständig sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land die Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits(§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässigen Klage kann hinsichtlich des Hauptantrages, der auf die Eingruppierung in die VergGr. V b BAT-O seit dem 1. März 1995 gerichtet ist, mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung nicht stattgegeben werden.
1. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf die Gewährung der VergGr. V b BAT-O ab dem 1. März 1995 nicht besteht.
a) Das Landesarbeitsgericht hat den Einstufungsbescheid vom 15. September 1993 dahin ausgelegt, daß darin keine einzelvertragliche Zusage der benannten Vergütungsgruppe zu sehen sei. Die nach § 22 Abs. 3 BAT-O anzugebende Vergütungsgruppe habe grundsätzlich nur deklaratorische Bedeutung, weil der öffentliche Arbeitgeber im Sinne des Normenvollzugs grundsätzlich nur die Leistungen gewähren wolle, zu denen er rechtlich verpflichtet sei. Im übrigen habe das beklagte Land in dem Einstufungsbescheid auf die Ermittlung der Eingruppierung nach der Vergütungsordnung des BAT-O verwiesen und damit zum Ausdruck gebracht, daß es nur die tariflich zutreffende Eingruppierung habe vornehmen und keinesfalls den sich aus dieser Eingruppierung ergebenden Bewährungsaufstieg in die VergGr. V b Fallgr. 1 c BAT-O vertraglich habe zusagen wollen.
b) Diese Begründung hält der revisonsrechtlichen Überprüfung stand. Bei der Mitteilung des beklagten Landes vom 15. September 1993 handelt es sich um eine individuelle Erklärung, deren Auslegung durch das Landesarbeitsgericht von der Revisionsinstanz nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden kann, ob Verstöße gegen Denkgesetze, allgemeine Auslegungsregeln oder Erfahrungssätze vorliegen und ob der Tatsachenstoff nicht vollständig verwertet wurde(BAG 22. September 1992 – 1 AZR 235/90 – BAGE 71, 164, 171). Ein solcher Rechtsfehler ist nicht zu erkennen. Das Landesarbeitsgericht ist hinsichtlich des grundsätzlich deklaratorischen Charakters von Eingruppierungsmitteilungen der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefolgt(ua. BAG 9. Juli 1997 – 4 AZR 635/95 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 233 = EzA KSchG § 2 Nr. 27). Die Würdigung der entscheidungserheblichen konkreten Formulierungen in dem Einstufungsbescheid vom 15. September 1993 dahin, daß durch den Hinweis auf die Vergütungsordnung der deklaratorische Charakter bekräftigt worden sei und daß daran der Hinweis auf den bei dieser Eingruppierung eröffnete Bewährungsaufstieg nichts ändere, liegt im Rahmen des den Tatsacheninstanzen zuzubilligenden Bewertungsermessens.
2. Das Landesarbeitsgericht hat den tariflichen Anspruch auf die VergGr. V b BAT-O ab dem 1. März 1995 mit der Begründung bejaht, daß das beklagte Land seine Darlegungslast für die Korrektur der Eingruppierung nicht erfüllt habe. Diese Begründung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifrechtliche Vorschriften – vom 10. Dezember 1990 (BAT-O) für das Arbeitsverhältnis der Parteien gilt; das ergibt sich aus der beiderseitigen Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Nach § 22 Abs. 2 BAT-O ist die Klägerin in die Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von der Klägerin auszuübende Tätigkeit entspricht; das ist der Fall, wenn im tariflich geforderten Umfang Arbeitsvorgänge anfallen, die die Anforderungen eines oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe erfüllen.
b) Für die Eingruppierung der Klägerin sind die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Anl. 1 a zum BAT-O maßgebend, die, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, den folgenden Wortlaut haben:
Vergütungsgruppe VI b
Fallgruppe 1 a
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu 1/5 selbständige Leistungen erfordert.
Vergütungsgruppe V c
Fallgruppe 1 a
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.
Fallgruppe 1 b
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu 1/3 selbständige Leistungen erfordert.
Vergütungsgruppe V b
Fallgruppe 1 c
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert, nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a.
c) Unter dem vom Landesarbeitsgericht allein geprüften rechtlichen Gesichtspunkt der sog. korrigierenden Rückgruppierung stünde der Klägerin die Vergütung nach der VergGr. V b Fallgr. 1 c BAT-O ab 1. März 1995 nur zu, wenn sie sich darauf berufen kann, entsprechend der schriftlichen Mitteilung des beklagten Landes vom 15. September 1993 seit dem 1. März 1992 zu Recht in die VergGr. V c Fallgr. 1 a eingruppiert gewesen zu sein, und wenn sie sich in dieser Tätigkeit bewährt hat.
Auf diese Mitteilung des beklagten Landes kann sich die Klägerin indessen nicht stützen, denn das beklagte Land hat gegenüber der Klägerin eine korrigierende Rückgruppierung vorgenommen. Diese Rückgruppierung ist zutreffend; das beklagte Land ist der ihm insoweit obliegenden Darlegungs- und Beweislast nachgekommen. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt.
aa) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen, wonach der Arbeitgeber bei einer korrigierenden Rückgruppierung im Streitfall darlegen muß, inwieweit ihm bei der ursprünglich vorgenommenen Eingruppierung ein Irrtum unterlaufen ist(BAG 11. Juni 1997 – 10 AZR 724/95 – AP BMT-G II § 20 Nr. 6 = EzA TVG § 4 Eingruppierung Nr. 7; 18. Februar 1998 – 4 AZR 581/96 – BAGE 88, 69). Dazu muß der Arbeitgeber, wenn sich der Angestellte auf die ihm vom Arbeitgeber mitgeteilte Vergütungsgruppe beruft, die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Vergütungsgruppe darlegen und ggf. beweisen; diese Fehlerhaftigkeit ist bereits gegeben, wenn eine der tariflichen Voraussetzungen für die bisherige Eingruppierung fehlt(Senat 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – zur Veröffentlichung vorgesehen – zVv. –).
bb) Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht stillschweigend und ohne Begründung die Grundsätze zur Darlegungslast des Arbeitgebers bei der korrigierenden Rückgruppierung auf den hier hinsichtlich des Hauptantrages vorliegenden Fall übertragen, daß der Arbeitgeber den Bewährungsaufstieg mit dem Hinweis auf die Fehlerhaftigkeit der bisherigen Eingruppierung verweigert. Die Übertragung der Darlegungslast auf den Arbeitgeber ist soweit berechtigt, wie sich der Angestellte zur Begründung des beanspruchten Bewährungsaufstiegs auf die vom Arbeitgeber mitgeteilte Vergütungsgruppe berufen kann, sich daraus also zwingend eine tarifliche Voraussetzung für den Bewährungsaufstieg ergibt (Senat 26. April 2000 – 4 AZR 157/99 – zVv.).
cc) Mit unzutreffender Begründung ist das Landesarbeitsgericht allerdings davon ausgegangen, daß sich die Klägerin vorliegend nicht auf die Nachweisrichtlinie (Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen – ABl EG Nr L 288 S 32 ff. –) berufen könne. Es hat darauf abgestellt, daß der Arbeitsvertrag vom 28. Februar 1992 vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht am 1. Juli 1993 abgeschlossen worden sei und deshalb nicht von der Nachweisrichtlinie erfaßt werde. Dabei hat es übersehen, daß die maßgebliche Eingruppierungsmitteilung vom 15. September 1993 datiert und daß der Europäische Gerichtshof entschieden hat, daß sich der einzelne vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat oder gegenüber einer Organisation oder Einrichtung, die dem Staat oder seiner Aufsicht untersteht oder mit besonderen Rechten ausgestattet ist, unmittelbar auf die Nachweisrichtlinie berufen kann, wenn der Staat die Richtlinie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist oder nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt hat(EuGH 4. Dezember 1997 – Rs C 253 – C 258/96 – AP EWG Richtlinie Nr. 91/533 Nr. 3 unter Ziffer 36 bis 47, insbesondere Ziff. 40).
Allerdings ergibt sich daraus keine weitergehende Darlegungslast des beklagten Landes als nach den obigen Ausführungen. Der Senat hat erkannt, daß sich aus der Nachweisrichtlinie für die Korrektur einer mitgeteilten Eingruppierung nach dem BAT keine weitergehende Beweislast des Arbeitgebers ergibt als nach den dargestellten Grundsätzen zur korrigierenden Rückgruppierung(Senat 16. Februar 1999 – 4 AZR 62/99 – zVv.).
dd) Auch nach dem Nachweisgesetz (Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen vom 20. Juli 1995 – NachwG –) ergeben sich keine weitergehenden beweisrechtlichen Konsequenzen. Zudem fehlt es schon – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat – an einer Mitteilung, auf die das Nachweisgesetz Anwendung findet. Eine Mitteilung über die Eingruppierung, die nach dem Inkrafttreten des Nachweisgesetzes datiert, liegt hier nicht vor.
ee) Die Darlegungslast zur Begründung der Korrektur der Eingruppierung, die das beklagte Land somit nach den allgemeinen Grundsätzen trägt, hat das beklagte Land entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts erfüllt.
(1) Das Landesarbeitsgericht hat seine abweichende Auffassung damit begründet, daß die Bewertung des Tätigkeitsfeldes „stationäre Kosteneinziehung” durch die Fachvereinigung der Verwaltungsleiter Deutscher Krankenanstalten eV keine Vereinbarung der Tarifvertragsparteien mit bindender Wirkung darstelle, sondern nur eine einseitige Eingruppierungsempfehlung ohne Richtigkeitsgewähr. Auch soweit das beklagte Land unter Bezugnahme auf die Aufgabenbeschreibung zur stationären Kosteneinziehung behauptet habe, daß der Anteil der selbständigen Leistungen weniger als 50 % der Gesamtarbeitszeit eingenommen habe, sei das nicht ausreichend, weil eine in zeitlicher Hinsicht nachvollziehbare Beschreibung der Aufgaben erforderlich gewesen wäre. Im übrigen hätte es angesichts der tarifrechtlichen Anforderungen an der Voraussetzung „selbständige Leistungen” jedenfalls eingehender Darlegungen des beklagten Landes darüber bedurft, daß die Klägerin weder bis zum 31. Dezember 1995 noch danach mindestens zur Hälfte ihrer Gesamtarbeitszeit selbständige Leistungen im Tarifsinne erbringe.
(2) Mit dieser Begründung verkennt das Landesarbeitsgericht, daß es für die Erfüllung der Darlegungslast ausreicht, die Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Eingruppierung ggf. beschränkt auf eine der erforderlichen tariflichen Voraussetzungen darzulegen. Dem aber wird das Vorbringen des beklagten Landes gerecht.
(3) Das beklagte Land ist zwar erkennbar davon ausgegangen, daß die dem Arbeitgeber treffende Darlegungslast im Sinne eines subjektiven Verständnisses die Gründe betrifft, die zu der fehlerhaften Eingruppierung geführt haben, und daß im übrigen die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der ursprünglich eingeräumten Vergütungsgruppe bei dem Arbeitnehmer liegt. Es hat deshalb vorrangig dazu vorgetragen, warum es zu der seiner Ansicht nach unzutreffenden Eingruppierung gekommen ist, daß nämlich bei der ursprünglichen Eingruppierung das Bewertungsschema für die Eingruppierung und die Anwendung dieses Bewertungsschemas in den anderen Krankenhäusern des beklagten Landes nicht bekannt gewesen sei. Das beklagte Land hat aber auch dargelegt, aus welchen Gründen die ursprüngliche Eingruppierung objektiv fehlerhaft war.
(4) Es hat sich hinsichtlich der von der Klägerin bis zum 31. Dezember 1995 zu erfüllenden Aufgaben auf die vorgelegte Aufgabenbeschreibung zur stationären Kosteneinziehung bezogen und hinsichtlich der tariflichen Bewertung der Aufgaben auf das vorgelegte Bewertungsschema der Fachvereinigung der Verwaltungsleiter Deutscher Krankenanstalten eV. Zwar ist der Vortrag des beklagten Landes zT unklar, ua. zu dem Verhältnis des Bewertungsschemas der Fachvereinigung der Verwaltungsleiter Deutscher Krankenanstalten eV einerseits und der Aufgabenbeschreibung für die stationäre Kosteneinziehung andererseits, und zT noch wenig substantiiert, soweit es um die Begründung der in diesen Unterlagen angegebenen Aufgaben bzw. Arbeitsvorgänge, deren Zeitanteile und deren Bewertung geht. Zusammen mit den sonstigen Darlegungen des beklagten Landes zur tariflichen Bewertung der von der Klägerin bis zum 31. Dezember 1995 auszuübenden Tätigkeit kann das aber als hinreichend deutliche Begründung für die Auffassung des beklagten Landes angesehen werden, daß die Tätigkeit der Klägerin zeitlich überwiegend aus Arbeitsvorgängen besteht, die keine selbständigen Leistungen im tariflichen Sinne beinhalteten.
(5) Das beklagte Land bezieht sich zur Begründung seiner tariflichen Bewertung der Aufgaben auf das Bewertungsschema der Fachvereinigung der Verwaltungsleiter der Deutschen Krankenanstalten eV. Dem kann jedenfalls nicht entsprechend der Argumentation des Landesarbeitsgerichts entgegengehalten werden, daß es sich dabei nicht um eine verbindliche tarifliche Regelung handelt. Das ist für die von dem beklagten Land vertretene tarifliche Bewertung nicht erforderlich. Im übrigen hat die Klägerin sich im wesentlichen auch nur auf die von ihr eingereichte Beschreibung ihres Arbeitskreises als Sachbearbeiterin für stationäre Aufnahme und Kostenträgersicherung berufen, die zwar von der Referatsleiterin erstellt, aber von dem beklagten Land nicht anerkannt worden ist. Insoweit hat sich die Klägerin nicht substantiiert mit den Darlegungen des beklagten Landes zur Fehlerhaftigkeit der ursprünglich vorgenommenen Eingruppierung auseinandergesetzt. Hintergrund für diesen unzulänglichen Sach- und Streitstand über die objektive Fehlerhaftigkeit der am 15. September 1993 mitgeteilten Eingruppierung ist der Umstand, daß die Parteien die Rechtsprechung zur Darlegungslast bei der Korrektur einer Eingruppierung offenbar dahingehend ausgelegt haben, es komme vorrangig auf die subjektiven Gründe für die fehlerhafte Eingruppierung an. Auch das spricht dafür, den Parteien Gelegenheit zu geben, ihr Vorbringen unter Berücksichtigung der Klarstellungen zur Darlegungslast zu konkretisieren bzw. zu ergänzen.
3. Bei der anderweiten Verhandlung des Rechtsstreits wird das Landesarbeitsgericht vorrangig zu prüfen haben, ob die der Klägerin mit Schreiben vom 15. September 1993 mitgeteilte Eingruppierung in die VergGr. V c BAT-O ab dem 1. März 1992 tarifrechtlich zutreffend war. Dabei kommt es darauf an, welche tariflichen Voraussetzungen dafür nach dem ggf. ergänzten Vorbringen des beklagten Landes nicht gegeben sind, ob die Klägerin sich dazu substantiiert einläßt und ob eine dieser notwendigen Voraussetzungen nach der ggf. erforderlichen Sachaufklärung nicht gegeben ist. Wenn das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommt, daß die Eingruppierung zutreffend war, obliegt es der Beklagten darzulegen, daß und ggf. wann sich diese Eingruppierung in tarifrechtlich wirksamer Weise geändert hat. Andernfalls steht der Klägerin angesichts der zwischen den Parteien unstreitigen dreijährigen Bewährung in dem Zeitraum vom 1. März 1992 bis zum 28. Februar 1995 die begehrte Höhergruppierung ab dem 1. März 1995 zu.
Wenn sich die Eingruppierung zum 1. März 1992 als fehlerhaft herausstellt, obliegt es der Klägerin, im einzelnen darzulegen, ab wann durch später tarifrechtlich relevante Veränderungen die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe gegeben waren. Angesichts der dreijährigen Bewährungszeit für den Aufstieg von der VergGr. V c BAT-O in die VergGr. V b BAT-O kann dann allerdings die im Hauptantrag begehrte Höhergruppierung nicht zum 1. März 1995 erreicht werden.
Unterschriften
Schliemann, Bott, Wolter, Fieberg, Kiefer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 17.05.2000 durch Freitag, Urkundsbeamtim der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 584679 |
BB 2001, 1156 |
DB 2001, 1676 |
NZA 2001, 1395 |
ZTR 2001, 365 |
AP, 0 |
NJ 2001, 390 |
PersV 2002, 564 |
ZfPR 2001, 211 |