Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungsanspruch - Verjährung
Orientierungssatz
Zur Frage, ob gegenüber einem Vergütungsanspruch die Einrede der Verjährung durchgreift.
Tenor
1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Berlin vom 14. Januar 1997 - 12 Sa
111/96 - aufgehoben.
2. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des
Arbeitsgerichts Berlin vom 7. August 1996 - 86 Ca 20653/96 -
abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob gegenüber dem Vergütungsanspruch die Einrede der Verjährung durchgreift.
Die Klägerin ist seit dem 1. August 1991 als Lehrkraft an einem Oberstufenzentrum überwiegend im ehemaligen Westberlin tätig. Zwischenzeitlich ist unstreitig, daß die Klägerin von diesem Zeitpunkt an gegen das beklagte Land Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen den Vergütungen nach VergGr. III BAT-O und VergGr. III BAT hat.
Die Klägerin hat mit der am 21. Dezember 1993 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und dem beklagten Land am 14. Januar 1994 zugestellten Klage diese Vergütungsdifferenz unbeziffert gefordert. Mit Schriftsatz vom 14. Februar 1994 hat die Klägerin beim Arbeitsgericht beantragt, den auf den 18. Februar 1994 anberaumten Gütetermin aufzuheben und Kammertermin nur auf Antrag der Parteien anzuberaumen. Durch Beschluß des Arbeitsgerichts vom 15. Februar 1994 ist der Termin "im unterstellten Einverständnis" des beklagten Landes aufgehoben worden. Im Schriftsatz vom 2. Mai 1996 hat die Klägerin um Anberaumung eines Kammertermins zur Fortsetzung des Verfahrens gebeten.
Durch Teilvergleich vom 7. August 1996 haben sich die Parteien dahingehend geeinigt, daß das beklagte Land an die Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Juli 1994 den Nettodifferenzbetrag zwischen den beiden Vergütungsgruppen nachzahlt.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, daß sie auch Zahlung der Differenz für die Zeit vom 1. Juni 1993 bis zum 31. Dezember 1993 verlangen könne.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihr mit
Wirkung ab 1. Juni 1993 bis einschließlich 31. Dezember 1993 den
Nettodifferenzbetrag zwischen der VergGr. III BAT-O und der
VergGr. III BAT nachzuzahlen.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und entgegengehalten, der Anspruch sei verjährt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts zur Abweisung der Klage.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, der Anspruch der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni bis zum 31. Dezember 1993 sei nicht verjährt. Durch die Klage sei die Verjährung gemäß § 209 Abs. 1 BGB unterbrochen worden. Die Unterbrechung der Verjährung sei zwar durch den Beschluß des Arbeitsgerichts vom 15. Februar 1994 beendet worden. Die neue Verjährungsfrist, die nach § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB am 15. Februar 1994 begonnenen habe, sei aber nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 iVm. § 201 BGB erst am 31. Dezember 1996 abgelaufen, so daß durch den Schriftsatz der Klägerin vom 2. Mai 1996 auch diese Verjährung unterbrochen worden sei.
II. Dem ist nicht zu folgen. Der Vergütungsanspruch für die Zeit vom 1. Juni 1993 bis zum 31. Dezember 1993 ist nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB verjährt.
1. Ansprüche auf Arbeitsentgelt verjähren nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB iVm. § 201 BGB in zwei Jahren vom Ende des Kalenderjahres an, in dem sie entstanden sind. Durch Erhebung der am 21. Dezember 1993 bei Gericht eingegangenen und dem beklagten Land am 14. Januar 1994 zugestellten Klage ist die Verjährung der Vergütungsansprüche für den streitgegenständlichen Zeitraum somit unterbrochen worden (§§ 209 Abs. 1 BGB, 270 Abs. 3 ZPO). Diese Verjährungsunterbrechung endete nach § 211 Abs. 2 BGB am 15. Februar 1994. Nach dieser Vorschrift endigt die Unterbrechung mit der letzten Prozeßhandlung der Parteien oder des Gerichts, sofern der Prozeß infolge einer Vereinbarung oder dadurch, daß er nicht betrieben wird, in Stillstand gerät. Durch den Beschluß des Arbeitsgerichts vom 15. Februar 1994 trat diese Rechtsfolge ein.
2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts endete die neue zweijährige Verjährungsfrist nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB, die nach § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB am 15. Februar 1994 begann, bereits am 15. Februar 1996 und nicht erst am 31. Dezember 1996, so daß bei Eingang des Schriftsatzes am 2. Mai 1996, mit dem die Klägerin den Prozeß weiterbetrieb, die Ansprüche bereits verjährt waren.
Die Bestimmung des § 201 BGB, nach der die Verjährung im Lauf des Jahres fällig gewordener Ansprüche erst mit dem Jahresschluß beginnt, findet keine Anwendung. § 211 Abs. 2 BGB stellt im Verhältnis zu § 201 BGB eine Sondervorschrift dar. Der Senat schließt sich der von Rechtsprechung und Literatur einhellig vertretenen Auffassung an, nach der, wie sich aus dem insoweit eindeutigen, für alle eingeklagten Ansprüche geltenden Wortlaut des § 211 Abs. 2 BGB ergibt, mit dem Ende der Unterbrechung - hier 15. Februar 1994 - sofort die neue Verjährungsfrist beginnt (vgl. BAG 29. März 1990 - 2 AZR 520/89 - AP BGB § 196 Nr. 11; BGH 9. Dezember 1982 - III ZR 182/81 - BGHZ 86, 98, 103; BGH 18. Januar 1985 - V ZR 233/83 - BGHZ 93, 287, 294; ebenso schon Reichsgericht 8. Juni 1928 - III 426/27 - RGZ 120, 355, 362 und 4. April 1930 - VII 437/29 - RGZ 128, 76, 80; ebenso die einhellige Meinung in der Literatur: Johannsen in RGRK, BGB, 12. Aufl., § 211 Rn. 10; Palandt/Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 201 Rn. 1; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 211 Rn 9; Soergel/Walter, BGB, § 211 Rn. 11).
3. Mit der von dem beklagten Land erhobene Einrede der Verjährung verstößt dieses nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Seine bloße Untätigkeit auf den Beschluß des Arbeitsgerichts vom 15. Februar 1994 hinderte das beklagte Land nicht, sein Recht aus § 222 Abs. 1 BGB auszuüben (vgl. BGH 21. Februar 1983 - VIII ZR 4/82 - NJW 1983, 2496, 2498, zu II 4 der Gründe). Es wäre Sache der Klägerin gewesen, entweder eine Vereinbarung über ein Stillhalteabkommen herbeizuführen oder rechtzeitig das Verfahren weiter zu betreiben.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Dr. Peifer
Dr. ArmbGräfl R. Kamm
Söller
Fundstellen
Haufe-Index 611017 |
ZTR 2000, 140 |