Entscheidungsstichwort (Thema)
Kommunaler feuerwehrtechnischer Dienst im Land Brandenburg. Reduzierung der Sollarbeitszeit bei dienstplanmäßig „Frei” an einem gesetzlichen Feiertag. Gleichbehandlungsgrundsatz
Orientierungssatz
1. Tarifvertragliche Blankettverweisungen auf beamtenrechtliche Bestimmungen sind zulässig. Sie entsprechen dem sachlichen Bedürfnis, eine Gleichbehandlung der oft nebeneinander unter gleichen Arbeitsbedingungen tätigen angestellten und beamteten Beschäftigten sicherzustellen (Rn. 19).
2. § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ verpflichtet den Dienstherrn nicht zur Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für gesetzliche Feiertage, an denen der Beschäftigte unabhängig vom Feiertag aus Gründen der Dienstplanung nicht zu arbeiten braucht (Rn. 21 ff.). Diese Regelung ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (Rn. 25 ff.).
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3; ArbZG § 11 Abs. 3; EFZG § 2; ZPO § 97 Abs. 1, § 264 Nr. 2; Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten vom 24. September 1974 i.d.F. vom 22. Mai 1990 § 1 Abs. 2; Beamtengesetz für das Land Brandenburg § 1 Abs. 1, § 76 Abs. 1, § 117; Verordnung über die Arbeitszeit für die Beamten des Polizeivollzugsdienstesdes feuerwehrtechnischen Dienstes und des Justizvollzugsdienstes des Landes Brandenburg (Brandenburgische Arbeitszeitverordnung Polizei, Feuerwehr, Justizvollzug – BbgAZVPFJ) § 1; Verordnung über die Arbeitszeit für die Beamten des Polizeivollzugsdienstesdes feuerwehrtechnischen Dienstes und des Justizvollzugsdienstes des Landes Brandenburg (Brandenburgische Arbeitszeitverordnung Polizei, Feuerwehr, Justizvollzug – BbgAZVPFJ) § 2 Nr. 2; Verordnung über die Arbeitszeit für die Beamten des Polizeivollzugsdienstesdes feuerwehrtechnischen Dienstes und des Justizvollzugsdienstes des Landes Brandenburg (Brandenburgische Arbeitszeitverordnung Polizei, Feuerwehr,Justizvollzug – BbgAZVPFJ) § 3 Abs. 2; Verordnung über die Arbeitszeit für die Beamten des Polizeivollzugsdienstesdes feuerwehrtechnischen Dienstes und des Justizvollzugsdienstes des Landes Brandenburg (Brandenburgische Arbeitszeitverordnung Polizei, Feuerwehr, Justizvollzug – BbgAZVPFJ) § 4 Abs. 1; Verordnung über die Arbeitszeit für die Beamten des Polizeivollzugsdienstesdes feuerwehrtechnischen Dienstes und des Justizvollzugsdienstes des Landes Brandenburg (Brandenburgische Arbeitszeitverordnung Polizei, Feuerwehr, Justizvollzug – BbgAZVPFJ) § 4 Abs. 2; Verordnung über die Arbeitszeit für die Beamten des Polizeivollzugsdienstesdes feuerwehrtechnischen Dienstes und des Justizvollzugsdienstes des Landes Brandenburg (Brandenburgische Arbeitszeitverordnung Polizei, Feuerwehr, Justizvollzug – BbgAZVPFJ) § 21 Abs. 1; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-V) § 6; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-V) § 9; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-V) § 19; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-V) Anlage D Abschn. D. 2 Nr. 1; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-V) Anlage D Abschn. D. 2 Nr. 2 Abs. 1 S. 1; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-V) Anlage D Abschn. D. 2 Nr. 2 Abs. 1 S. 2; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Besonderer Teil Verwaltung – (BT-V) – § 46
Verfahrensgang
LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 24.10.2018; Aktenzeichen 17 Sa 652/18) |
ArbG Potsdam (Urteil vom 07.03.2018; Aktenzeichen 6 Ca 1832/17) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Oktober 2018 - 17 Sa 652/18 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten noch über die Gutschrift von 96 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers infolge einer Sollstundenreduzierung für dienstplanmäßig freie Feiertage.
Rz. 2
Der Kläger ist seit 1. November 2006 bei der beklagten Stadt als Leitstellendisponent bei der Feuerwehr beschäftigt. Gemäß § 3 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis ua. nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für die Verwaltung und diesen ergänzende, ändernde oder ersetzende Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung (TVöD-V).
Rz. 3
Der Dienst der Feuerwehr wird bei der Beklagten durchgehend an sieben Tagen in der Woche und damit auch an gesetzlichen Feiertagen geleistet. Das Dienstplanmodell sieht einen rollierenden 48-Stunden-Dienst vor, der in Doppelschichten mit zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Zwölf-Stunden-Schichten und in Einzelschichten von zwölf Stunden durchzuführen ist. Der Kläger arbeitet jeweils von 06:45 Uhr bis 06:45 Uhr des Folgetages. Die Beklagte führt für den Kläger ein Arbeitszeitkonto.
Rz. 4
Der TVöD-V in der Fassung vom 24. November 2016 bestimmt auszugsweise in der für hauptamtlich im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst Beschäftigte geltenden Anlage D Abschnitt D.2, die § 46 TVöD Besonderer Teil Verwaltung - (BT-V) - im Bereich der VKA entspricht:
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„Zu Abschnitt II. Arbeitszeit und zu Abschnitt III. Eingruppierung, Entgelt und sonstige Leistungen |
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Nr. 2: |
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(1) 1Die §§ 6 bis 9 und 19 finden keine Anwendung. 2Es gelten die Bestimmungen für die entsprechenden Beamten....“ |
Rz. 5
Das Beamtengesetz für das Land Brandenburg (LBG) idF vom 11. Januar 2016 lautet auszugsweise wie folgt:
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„§ 1 |
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Geltungsbereich |
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(1) |
Dieses Gesetz gilt … für die Beamten des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände …, soweit nicht im Einzelnen gesetzlich etwas anderes bestimmt ist. |
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… |
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§ 76 |
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Arbeitszeit |
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(1) |
1Die Landesregierung wird ermächtigt, die Arbeitszeit der Beamten durch Rechtsverordnung zu regeln. 2Die für das öffentliche Dienstrecht der Polizei, der Feuerwehr und des Justizvollzugs zuständigen Mitglieder der Landesregierung werden ermächtigt, die Arbeitszeit der Polizei- und Justizvollzugsbeamten sowie die des feuerwehrtechnischen Dienstes in einer Rechtsverordnung zu regeln. … |
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§ 117 |
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Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes |
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(1) |
1Für die Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes gelten …“ |
Rz. 6
Die Verordnung über die Arbeitszeit für die Beamten des Polizeivollzugsdienstes, des feuerwehrtechnischen Dienstes und des Justizvollzugsdienstes des Landes Brandenburg (Brandenburgische Arbeitszeitverordnung Polizei, Feuerwehr, Justizvollzug - BbgAZVPFJ) vom 16. September 2009 lautet auszugsweise wie folgt:
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„§ 1 |
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Geltungsbereich |
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(1) |
Diese Verordnung gilt für die in den §§ 109, 117 und 118 des Landesbeamtengesetzes genannten Beamten. |
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… |
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§ 3 |
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Wöchentliche und tägliche Arbeitszeit |
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… |
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(2) |
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vermindert sich um die dienstfreien Zeiten gemäß § 4 und für jeden auf einen Arbeitstag fallenden gesetzlichen Feiertag, um die Arbeitszeit, die an diesem Tag zu leisten wäre. |
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… |
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§ 4 |
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Arbeitstage |
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(1) |
Als Arbeitstage gelten die Wochentage Montag bis Freitag, mit Ausnahme der gesetzlichen Feiertage. … |
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(2) |
Soweit es dienstlich zwingend erforderlich ist, kann der Leiter der Dienststelle oder der von ihm Beauftragte Dienst an Sonnabenden, Sonn- und Feiertagen oder zu anderen dienstfreien Zeiten anordnen. Die an diesen Tagen geleisteten Zeiten sind durch Zeitausgleich an anderen Tagen auszugleichen, der zusammenhängend gewährt werden soll. |
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… |
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Unterabschnitt 2 |
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Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes |
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§ 21 |
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Regelmäßige Arbeitszeit mit Bereitschaftszeit |
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(1) |
Abweichend von § 2 Nummer 2 und § 4 Absatz 1 sind alle Wochentage Arbeitstage. |
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… |
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§ 22 |
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Arbeitszeit in den Leitstellen |
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(1) |
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden bei höchstens zehn Stunden pro Dienstschicht. Sie kann auf mehr als 40 Stunden und die Dauer einer Dienstschicht auf über zehn Stunden verlängert werden, wenn ein Teil des Dienstes unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 in Bereitschaft geleistet wird. … |
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(2) |
Der Dienst in Bereitschaft ist außerhalb des Bereiches der Leitstellenarbeitsplätze zu leisten. Die unmittelbare Dienstaufnahme ist sicherzustellen.“ |
Rz. 7
Bei der Beklagten bestehen außerdem eine „Dienstvereinbarung über die Durchführung der flexiblen Arbeitszeit (Gleitzeit) …“ (im Folgenden DV-Gleitzeit) sowie eine für die Mitarbeitenden des feuerwehrtechnischen Dienstes im Fachbereich Feuerwehr, die im Einsatzdienst tätig sind, geltende Zusatzvereinbarung zur DV-Gleitzeit (im Folgenden ZV-Gleitzeit).
Rz. 8
Die Beklagte reduzierte bis zum 31. Dezember 2016 die Sollwochenarbeitszeit des Klägers für jeden gesetzlichen Feiertag. Seit dem 1. Januar 2017 nimmt sie einen Abzug nur noch für gesetzliche Feiertage vor, an denen der Kläger zum Dienst eingeteilt ist. Im Jahr 2017 war der Kläger an den gesetzlichen Feiertagen 17. April, 1. Mai, 25. Mai, 4. Juni, 3. Oktober, 31. Oktober, 25. und 26. Dezember nicht zum Dienst eingeplant. Die Sollwochenarbeitszeit wurde daher für diese Tage nicht ermäßigt.
Rz. 9
Der Kläger ist zuletzt der Ansicht gewesen, dass die Beklagte für die noch benannten acht gesetzlichen Feiertage im Jahr 2017, an denen er nicht zum Dienst eingeplant war, die Sollarbeitszeit um je zwölf Stunden zu reduzieren habe. Das folge aus § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ, der aufgrund der Bezugnahmeklausel in § 3 seines Arbeitsvertrags iVm. der in Anlage D Abschnitt D.2 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 TVöD-V angeordneten Geltung der beamtenrechtlichen Bestimmungen anzuwenden sei. Durch den Wortlaut dieser Norm habe der Verordnungsgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Sollstundenreduzierung nicht davon abhängen solle, dass der Arbeitnehmer feiertagsbedingt nicht arbeiten müsse. Auch wenn die Arbeitspflicht unabhängig von dem Feiertag bereits aus anderen Gründen entfalle, beispielsweise weil der Arbeitnehmer dienstplanmäßig frei habe, sei die Sollarbeitszeit zu reduzieren. Sähe man dies anders, verbliebe § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ ohne jeden Anwendungsbereich für Beschäftigte wie ihn, die nach einem Dienstplan im Schichtdienst tätig seien, und liefe insoweit leer. Müsse er an einem gesetzlichen Feiertag arbeiten, sei nicht § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ, sondern § 4 Abs. 2 BbgAZVPFJ einschlägig. Habe er hingegen nach dem Dienstplan an dem gesetzlichen Feiertag frei, fände § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ ebenfalls keine Anwendung. Zudem würde er im Vergleich zu Beschäftigten, die regelmäßig von Montag bis Freitag arbeiten, ungerechtfertigt benachteiligt.
Rz. 10
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, seinem Arbeitszeitkonto 96 Stunden gutzuschreiben. |
Rz. 11
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ sehe eine Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit nur für einen gesetzlichen Feiertag vor, der auf einen Arbeitstag falle, und nur für die Arbeitszeit, die an diesem Tag - wenn er kein gesetzlicher Feiertag wäre - zu leisten gewesen wäre. An den gesetzlichen Feiertagen, an denen der Kläger nicht zum Dienst eingeteilt gewesen sei, müsse mangels Verpflichtung zur Leistung von Dienst keine Gutschrift der Arbeitszeit auf seinem Arbeitszeitkonto erfolgen. Dem stehe § 21 BbgAZVPFJ nicht entgegen. Dieser lege nur den Rahmen fest, innerhalb dessen Dienst angeordnet werden könne. Auch wenn alle Wochentage potentiell Arbeitstage seien, sei der Kläger dennoch nur an solchen Tagen zur Dienstleistung verpflichtet, für die er zum Dienst eingeteilt sei.
Rz. 12
Das Arbeitsgericht hat dem erstinstanzlichen Hauptantrag des Klägers auf Gutschrift von 96,6 Stunden - für 14 Feiertage im Jahr 2017 je 6,9 Stunden - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat der Kläger in der Sache seinen Hauptantrag erster Instanz mit dem Ziel einer Gutschrift von nunmehr jeweils zwölf Stunden für acht der ursprünglich 14 Feiertage im Jahr 2017 und damit „beschränkt auf die Gutschrift von 96 Stunden“ weiterverfolgt. Daneben hat der Kläger zunächst noch hilfsweise die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Sollstundenreduzierung nach näher bezeichneter Maßgabe begehrt. Auf die Hinweisschreiben des Senats vom 11. April 2019 und 28. Mai 2020 hat der Kläger zuletzt nur noch den Leistungsantrag zum Gegenstand seiner Revision gemacht.
Entscheidungsgründe
Rz. 13
Die Revision, die der Kläger in zulässiger Weise auf die Stundengutschrift für die von ihm noch benannten acht gesetzlichen Feiertage im Jahr 2017 auf seinem Arbeitszeitkonto beschränkt hat, ist unbegründet.
Rz. 14
I. Dies folgt nicht bereits teilweise aus dem Umstand, dass der Kläger mit seiner Revision anstatt einer Gutschrift von 6,9 Stunden für jeden der noch streitgegenständlichen acht Feiertage nunmehr jeweils zwölf Stunden begehrt. Dies stellt eine auch noch in der Revisionsinstanz zulässige Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO dar (vgl. dazu BAG 18. Februar 2020 - 3 AZR 258/18 - Rn. 17 f. mwN).
Rz. 15
II. Dem Kläger steht die begehrte Sollstundenreduzierung jedoch nicht zu.
Rz. 16
1. Diese folgt nicht aus § 3 des Arbeitsvertrags iVm. Anlage D Abschnitt D.2 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 TVöD-V iVm. § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ.
Rz. 17
a) Aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme haben die Parteien die Regelungen des TVöD-V zum Inhalt ihres Arbeitsvertrags gemacht. Der Kläger ist als Leitstellendisponent hauptamtlich im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst Beschäftigter iSd. Anlage D Abschnitt D.2 Nr. 1 TVöD-V (vgl. BAG 30. Oktober 2019 - 6 AZR 16/19 - Rn. 26 mwN). Anhaltspunkte dafür, dass er in einer integrierten Leitstelle tätig ist, finden sich nicht (vgl. zur Differenzierung zwischen Leitstellen im Organisationsbereich einer Feuerwehr und integrierten Leitstellen BAG 30. Oktober 2019 - 6 AZR 16/19 - Rn. 25 ff. mwN).
Rz. 18
Nach Anlage D Abschnitt D.2 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TVöD-V finden für Beschäftigte im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst die §§ 6 bis 9 und § 19 TVöD-V keine Anwendung. Vielmehr gelten die Bestimmungen für die entsprechenden Beamten. Das sind vorliegend gemäß § 1 Abs. 1, § 76 Abs. 1, § 117 LBG iVm. § 1 BbgAZVPFJ die Regelungen dieser Verordnung.
Rz. 19
b) Solche Blankettverweisungen auf beamtenrechtliche Bestimmungen in einer Tarifnorm sind wirksam (vgl. für die st. Rspr. BAG 16. Oktober 2012 - 9 AZR 183/11 - Rn. 16, BAGE 143, 194; 8. Mai 2008 - 6 AZR 359/07 - Rn. 14). Sie entsprechen im vorliegenden Fall dem sachlichen Bedürfnis, einen Gleichlauf der Arbeitszeitregelungen für angestellte und beamtete Beschäftigte im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst sicherzustellen, die oft nebeneinander unter gleichen Arbeitsbedingungen tätig sind. Angestellte Beschäftigte im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst sollen durch die tarifvertragliche Verweisung ungeachtet weiterer Differenzierungsgründe nicht schlechter-, aber auch nicht bessergestellt werden als Beamte im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst (vgl. zu Lehrern BAG 20. Oktober 2016 - 6 AZR 715/15 - Rn. 29 mwN).
Rz. 20
Aufgrund der Inbezugnahme der beamtenrechtlichen Vorschriften in Anlage D Abschnitt D.2 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 TVöD-V wurden diese in das Tarifrecht inkorporiert. Sie sind integraler Bestandteil des Tarifrechts und entfalten deshalb im Bereich des TVöD-V Wirkung als Tarifrecht (BAG 11. April 2019 - 6 AZR 104/18 - Rn. 21 mwN, BAGE 166, 285).
Rz. 21
c) Nach § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ vermindert sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für jeden auf einen Arbeitstag fallenden gesetzlichen Feiertag um die Arbeitszeit, die an diesem Tag zu leisten wäre. Die Norm verpflichtet die Beklagte aber nicht dazu, die Sollarbeitszeit des Klägers für gesetzliche Feiertage zu reduzieren, an denen er - unabhängig vom jeweiligen Feiertag - keinen Dienst gehabt und somit tatsächlich nicht gearbeitet hätte.
Rz. 22
aa) Bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ zeigt eindeutig, dass eine Gutschrift für einen gesetzlichen Feiertag nur für die Arbeitszeit erfolgt, die an diesem Feiertag hätte geleistet werden müssen. Davon geht das Landesarbeitsgericht zutreffend aus. Entgegen der Revision ergibt sich aus dem Wortlaut gerade nicht, dass unabhängig vom Dienstplan des Klägers auf einen nur hypothetisch möglichen Dienst abzustellen ist. Zwar gelten nach § 21 Abs. 1 BbgAZVPFJ abweichend von § 2 Nr. 2 BbgAZVPFJ für Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes alle Wochentage als Arbeitstage. Damit ist jedoch lediglich der Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen die Beklagte den Kläger einplanen kann. Für eine Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nach § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ ist es - anders als im Grundfall der nur von Montag bis Freitag Beschäftigten (§ 4 Abs. 1 Satz 1, § 2 Nr. 2 BbgAZVPFJ) - mithin unerheblich, ob der gesetzliche Feiertag auf einen Samstag oder Sonntag oder auf einen anderen Wochentag fällt. Noch nicht erfüllt ist damit jedoch die weitere Voraussetzung des § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ, dass es sich um Arbeitszeit handelt, die an diesem Tag „zu leisten wäre“. Diese Voraussetzung für eine Minderung der Arbeitszeit wäre entgegen der Annahme der Revision nicht erforderlich, wenn für jeden gesetzlichen Feiertag unabhängig von der Dienstplangestaltung die wöchentliche Sollarbeitszeit zu reduzieren wäre. Der Verordnungsgeber hat unmissverständlich auf eine Leistungsverpflichtung am Feiertag abgestellt. Erforderlich ist daher, dass an dem gesetzlichen Feiertag, für den eine Minderung der wöchentlichen Sollarbeitszeit erfolgen soll, auch Arbeitszeit hätte geleistet werden müssen, der Kläger also zum Dienst hätte eingeplant sein müssen.
Rz. 23
bb) Aus der Systematik der Rechtsverordnung ergibt sich kein anderes Verständnis. In § 21 Abs. 1 BbgAZVPFJ sind lediglich die Arbeitstage abweichend von § 4 Abs. 1 BbgAZVPFJ geregelt, nicht jedoch die Voraussetzungen für die Verminderung der wöchentlichen Sollarbeitszeit für einen gesetzlichen Feiertag. Zudem sprechen Sinn und Zweck der Regelung des § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ für diese Lesart. Diese Bestimmung stellt sicher, dass aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfallende Arbeitszeit nicht nachgeholt werden muss. Entfällt aber auf einen gesetzlichen Feiertag keine Pflicht zur Dienstleistung, gerät ein Arbeitnehmer durch den Feiertag auch nicht in ein Arbeitszeitminus, weil er an diesem Tag ohnehin keine Arbeitsleistung erbringen muss. Durch dieses Normverständnis wird § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ entgegen der Annahme der Revision nicht sinnentleert. Diese übersieht, dass die Regelungen der BbgAZVPFJ vom Grundfall des von Montag bis Freitag Beschäftigten ausgehen.
Rz. 24
cc) Dem steht die von der Revision herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2004 (- 2 C 14.03 -) nicht entgegen. Die dieser zugrunde liegende streitentscheidende Norm des § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten vom 24. September 1974 idF der Neunten Verordnung zur Änderung der Arbeitszeitverordnung vom 22. Mai 1990 (BGBl. I S. 962) unterscheidet sich deutlich von § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ. Sie ordnet eine Arbeitszeitverminderung ohne Rücksicht darauf an, „ob und wie lange der Beamte an dem Wochenfeiertag tatsächlich Dienst leisten muss“. Eine solche Vorgabe findet sich in § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ gerade nicht.
Rz. 25
dd) Entgegen der Annahme der Revision verstößt § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Er benachteiligt den Kläger nicht ungerechtfertigt.
Rz. 26
(1) Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird als eine andere, obwohl zwischen den Gruppen keine Unterschiede von solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG 7. Mai 2013 - 2 BvR 909/06 ua. - Rn. 76, BVerfGE 133, 377; BAG 20. November 2018 - 10 AZR 121/18 - Rn. 64, BAGE 164, 201).
Rz. 27
(2) Im Vergleich zu den montags bis freitags beschäftigten Normaldienstleistenden im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst liegt kein Gleichheitsverstoß durch § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ vor. Allerdings profitieren Normaldienstleistende an jedem gesetzlichen Feiertag, der auf die Tage von Montag bis Freitag fällt, von der durch § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ angeordneten Sollstundenreduzierung, während das beim Kläger an den Tagen, an denen er ohnehin dienstfrei hat, nicht der Fall ist. Mit dieser Ausgestaltung hat der Verordnungsgeber jedoch die ihm bei der Regelung der Arbeitszeit als Massenerscheinung zukommende Typisierungsbefugnis noch nicht überschritten (vgl. dazu BVerfG 17. Juni 2020 - 1 BvR 1134/15 - Rn. 12). Er hat, wie § 4 Abs. 1 BbgAZVPFJ belegt, auch für den von dieser Verordnung erfassten Personenkreis die Arbeit an den Tagen von Montag bis Freitag als Normalfall angesehen. Er durfte bei der Regelung der Sollstundenreduzierung berücksichtigen, dass Normaldienstleistende von gesetzlichen Feiertagen, die auf ein Wochenende fallen, nicht profitieren, während dies bei Schichtdienstleistenden wie dem Kläger der Fall sein kann. Darüber hinaus ergibt sich die vom Kläger angenommene Benachteiligung aus dem auch innerhalb der Gruppe der Schichtdienstleistenden speziellen Schichtmodell, nach dem er eingesetzt ist und das zu einer Verpflichtung zur Arbeitsleistung an nur zwei von sieben Wochentagen führt. Für dieses besondere Schichtmodell musste der Verordnungsgeber keine Ausnahmeregelung treffen, sondern durfte die in diesen Grenzfällen auftretenden Härten hinnehmen.
Rz. 28
ee) Die von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Differenzierung zwischen den Beschäftigten des kommunalen feuerwehrtechnischen Dienstes und den der allgemeinen Regelung des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-V unterfallenden Beschäftigten führt ebenso wenig dazu, dass der Senat infolge des ihm zukommenden Schutzauftrags verpflichtet wäre, der Regelung der Anlage D Abschnitt D.2 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 TVöD-V die Durchsetzung zu verweigern (vgl. dazu BAG 19. Dezember 2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 19 ff.). Dass die Tarifvertragsparteien des TVöD-V für unterschiedliche Arbeitnehmergruppen vergleichbare Sachverhalte abweichend regeln, ist gerade im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht unüblich und unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Es ist Ausdruck der von Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Tarifautonomie und des damit einhergehenden weiten Gestaltungsspielraums. Der allgemeine Gleichheitssatz enthält kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen mit anderen systematischen Zusammenhängen gleich zu regeln (BAG 11. Juli 2019 - 6 AZR 460/18 - Rn. 20).
Rz. 29
2. Aus der vom Kläger in den Vorinstanzen zur Begründung seines Anspruchs angeführten ZV-Gleitzeit ergibt sich dieser ebenfalls nicht. Unabhängig davon, dass die ZV-Gleitzeit hinsichtlich einer Sollarbeitszeitreduzierung an gesetzlichen Feiertagen lediglich auf § 3 Abs. 2 BbgAZVPFJ verweist und darum keinen davon abweichenden Anspruch stützt, fällt der Kläger nicht in den Anwendungsbereich dieser Dienstvereinbarung. Diese gilt nach ihrer Nr. 2 für die Mitarbeitenden des feuerwehrtechnischen Dienstes im Fachbereich Feuerwehr, die im Einsatzdienst tätig sind. Die Tätigkeit im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst iSd. TVöD-V umfasst nur solche Tätigkeiten, die der unmittelbaren Brandbekämpfung und Hilfeleistung am Brand- oder Katastrophenort zuzuordnen sind. Voraussetzung der Erfüllung des Tarifbegriffes „Einsatzdienst“ ist daher, dass es sich um Einsätze vor Ort handelt, dass der Angestellte also am Brand- bzw. Katastrophenort aktiv tätig wird. Diese Tätigkeiten sind in schwierigen Situationen (Brand, Notfällen, Naturkatastrophen usw.) unter physischer und psychischer Belastung schnell und verantwortlich, sowie in Einsätzen unter widrigsten Bedingungen, die mit vielfältigen Risiken für Leben und Gesundheit verbunden sind, zu erbringen (BAG 19. Dezember 2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 34; 6. August 1997 - 10 AZR 167/97 - zu II 3 der Gründe). Der Dienst als Leitstellendisponent fällt nicht darunter. Dafür, dass die Parteien der ZV-Gleitzeit ihren Regelungen einen anderen Begriff des Einsatzdienstes als die Tarifvertragsparteien des TVöD-V zugrunde gelegt haben, ergeben sich keine Anhaltspunkte.
Rz. 30
3. Der Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus einer der sonstigen vom Landesarbeitsgericht zutreffender Weise als nicht erfüllt angesehenen Anspruchsgrundlagen (§ 11 Abs. 3 ArbZG, § 2 EFZG, § 8 Abs. 1 TVöD-V).
Rz. 31
III. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
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Spelge |
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Wemheuer |
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Heinkel |
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Stein |
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W. Kreis |
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Fundstellen
FA 2020, 326 |
NZA 2020, 1557 |
ZTR 2020, 584 |
AP 2020 |
NZA-RR 2020, 6 |
RiA 2021, 97 |
öAT 2020, 233 |
ArbR 2020, 546 |
AP-Newsletter 2020, 236 |