Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentswiderruf
Leitsatz (redaktionell)
Zum Widerruf einer zunächst rechtswirksam verfügten Erbeinsetzung durch spätere letztwillige Verfügung des Erblassers.
Normenkette
BGB § 2258 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Memmingen (Beschluss vom 06.12.1991; Aktenzeichen 4 T 109/91) |
AG Memmingen (Aktenzeichen VI 123/90) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 17 gegen den Beschluß des Landgerichts Memmingen vom 6. Dezember 1991 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 420.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die verwitwete und kinderlose Erblasserin ist im Jahr 1990 im Alter von 83 Jahren verstorben. Die Beteiligten zu 1, 14, 15 und 16 sind ihre Geschwister; die Beteiligten zu 7 bis 13 sind Kinder zweier vorverstorbener Brüder der Erblasserin. Eine für die Erblasserin im Jahr 1987 angeordnete Gebrechlichkeitspflegschaft wurde mit Beschluß des Vormundschaftsgerichts im Jahr 1989 wieder aufgehoben.
Der Reinnachlaß beläuft sich nach den Feststellungen des Nachlaßpflegers auf rund 420.000 DM.
Mit notariellem Testament vom Jahr 1982 hatte die Erblasserin zwei ihrer Geschwister als Erben eingesetzt. Diese letztwillige Verfügung hob sie mit notariellem Testament vom 20.2.1985 auf und setzte die Beteiligten zu 1 bis 6 (ihre Schwester und deren Kinder) als Erben zu je 1/6 ein. Zugunsten der Beteiligten zu 7 bis 12 setzte sie Vermächtnisse aus.
Am 25.2.1988 errichtete die Erblasserin ein weiteres notarielles Testament, das auszugsweise wie folgt lautet:
I.
Ich habe laut Urkunde des Notars … vom 10. November 1982 … ein Testament errichtet. Ich habe laut Urkunde des vorgenannten Notars vom 20. Februar 1985 … ein neues Testament errichtet, wobei ich unter Aufhebung des zuerst genannten Testaments neue Verfügungen getroffen habe.
Schließlich habe ich vor einigen Monaten ein privatschriftliches Testament zugunsten des … (Beteiligter zu 17) … errichtet. Dieses Testament hat … (Beteiliger zu 17) … in Händen. Weitere Testamente habe ich seither nicht mehr errichtet.
II.
Ich widerrufe das vorgenannte privatschriftliche Testament und vorsorglich auch alle nach dem notariellen Testament vom 20. Februar 1985 etwa sonst von mir errichteten letztwilligen Verfügungen.
Mein erwähntes notarielles Testament vom 20. Februar 1985 soll in gleicher Weise wirksam sein, wie wenn es nicht aufgehoben worden wäre. Ich will, daß sämtliche Verfügungen, die ich in meinem erwähnten notariellen Testament vom 20. Februar 1985 getroffen habe, weiterhin ohne jede Einschränkung und Änderung Geltung haben.
Im Anschluß daran wird ausgeführt, daß sämtliche Verfügungen des Testaments vom 20.2.1985 mit der Erblasserin eingehend durchbesprochen worden seien. Eine beglaubigte Abschrift dieser letztwilligen Verfügung habe bei der Beurkundung vorgelegen.
Der Beteiligte zu 17 hat dem Nachlaßgericht in einem verschlossenen Umschlag ein von der Erblasserin eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament folgenden Wortlauts vorgelegt:
Mein letzter Wille!
Ich … setze hiermit zu meinen alleinigen Erben über mein gesamten Besitz und Vermögen. Herrn … (Beteiligter zu 17) … und hebe das alte Testament Vom 20. Februar 1985 … auf … (Erblasserin)
Nach der Unterschrift folgt der Zusatz „…, den 19.12.1989”.
Gestützt auf das Testament vom 25.2.1988 beantragten die Beteiligten zu 1 bis 6 einen Erbschein, der sie als Miterben zu je 1/6 ausweisen sollte. Der Beteiligte zu 17 trat diesem Antrag entgegen und ließ durch seinen Verfahrensbevollmächtigten beantragen, ihm einen Alleinerbschein aufgrund des Testaments vom 19.12.1989 zu erteilen. Später erklärte er jedoch, er wolle noch keinen Erbscheinsantrag stellen.
Mit Beschluß vom 1.10.1990 kündigte das Nachlaßgericht die Erteilung des von den Beteiligten zu 1 bis 6 beantragten Erbscheins an. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, das Schriftstück vom 19.12.1989 könne nicht als wirksames Testament angesehen werden. Ein in den Händen des Beteiligten zu 17 befindliches privatschriftliches Testament, in dem dieser als Alleinerbe eingesetzt gewesen sei, habe die Erblasserin durch das notarielle Testament vom 25.2.1988 widerrufen. Ein „Wiederaufleben” dieser Verfügung durch die Beifügung der Datumsangabe 19.12.1989 sei nicht eingetreten.
Gegen diese Entscheidung legte der Beteiligte zu 17 mit einem beim Nachlaßgericht eingereichten Schriftsatz Beschwerde ein und beantragte, ihm einen Alleinerbschein zu erteilen. Die Beteiligte zu 1 beantragte, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert. Das Gericht vernahm einen Zeugen und half mit Beschluß vom 4.1.1991 der Beschwerde nicht ab. Das Landgericht wies das Rechtsmittel am 6.12.1991 zurück.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 17 vom 14.2.1992, mit der er beantragt, die Vorentscheidungen aufzuheben und festzustellen, daß die letztwillige Verfügung vom 19.12.1989 wirksam sei. Den übrigen Beteiligten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. S...