Leitsatz
Auch eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an einer Besitz-Personengesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, ist bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung zu berücksichtigen (Änderung der Rechtsprechung).
Normenkette
§ 9 Nr. 1 Sätze 2 und 5 Nr. 1 GewStG, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin hatte der M-KG Grundbesitz vermietet, den diese betrieblich nutzte. Kommanditisten der Klägerin waren Personen (A bzw. nach dessen Tod B, C und D), die zugleich die alleinigen Gesellschafter der Komplementärin der Klägerin, einer GmbH, waren. Diese Personen waren ferner Mehrheitsgesellschafter (A) bzw. die alleinigen Gesellschafter (B, C und D) der H-GmbH, die wiederum alleinige Kommanditistin der M-KG und alleinige Gesellschafterin der V-GmbH, der Komplementärin der M-KG, war. Das FA versagte der Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das FG (Hessisches FG, Urteil vom 24.1.2018, 8 K 2233/15, Haufe-Index 11638433, EFG 2018, 762) gab der hiergegen gerichteten Klage statt.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Klage ab. Die erweiterte Kürzung sei nicht zu gewähren, da zwischen der Klägerin und der M-KG eine Betriebsaufspaltung vorgelegen habe. Zur Beurteilung einer personellen Verflechtung zwischen der Klägerin und der M-KG seien bei den Gesellschaftern A bzw. nach dessen Tod B, C und D auch deren mittelbare Beteiligungen sowohl an der Klägerin als Besitzgesellschaft als auch an der M-KG als Betriebsgesellschaft zu berücksichtigen. Ausgehend davon ergebe sich aus den Feststellungen des FG, dass die Beteiligungsverhältnisse bezogen auf A bzw. nach dessen Tod auf die aus B, C und D bestehende Personengruppe zur Beherrschungsidentität hinsichtlich der Klägerin und der M-KG geführt hätten.
Hinweis
1. Es steht der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht entgegen, dass die Beteiligung eines Personengesellschafters an einer Kapitalgesellschaft bei der Personengesellschaft als (notwendiges) SBV II behandelt wird. Denn nicht die Personengesellschaft, sondern der Gesellschafter selbst "verwaltet" eine solche Beteiligung. Insoweit unterscheidet sich dieser Fall von der Behandlung des zum SBV I und damit zum "Betriebsvermögen des Unternehmers" gehörenden Grundbesitzes eines Gesellschafters, der der Personengesellschaft als "eigener" Grundbesitz i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zuzurechnen ist und von der Behandlung einer im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft gehaltenen Beteiligung, die i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG von dieser Gesellschaft verwaltet wird.
2. Ein Grundstücksunternehmen, das infolge einer Betriebsaufspaltung als Besitzunternehmen (originär) gewerbliche Einkünfte erzielt, kann die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht in Anspruch nehmen. Insoweit ist es für das vermietende Grundstücksunternehmen von entscheidender Bedeutung, ob die Vermietung zu einer Betriebsaufspaltung führt.
a) Die für eine Betriebsaufspaltung u.a. erforderliche personelle Verflechtung liegt vor, wenn eine Person oder Personengruppe sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen. Dabei ist entscheidend, dass die Geschicke des Besitzunternehmens in den wesentlichen Fragen durch die Person oder Personen bestimmt werden, die auch hinter dem Betriebsunternehmen stehen. Dies kann auch bei einer sog. Beherrschungsidentität zu bejahen sein. Eine solche wird regelmäßig durch die Mehrheitsbeteiligung von Gesellschaftern an Besitz- und Betriebsunternehmen indiziert.
b) Schon nach bisheriger Rechtsprechung kann die Herrschaft über das Betriebsunternehmen auch mittelbar über eine Kapitalgesellschaft ausgeübt und damit eine personelle Verflechtung begründet werden. Demgegenüber soll eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an der Besitzgesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, mangels Mitunternehmerstellung dieser Gesellschafter in der Besitzgesellschaft nicht zu einer personellen Verflechtung führen, weil der Besitzgesellschaft wegen des sog. Durchgriffsverbots weder die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft noch eine damit verbundene Beherrschungsfunktion zugerechnet werden könnten. Daran hält der IV. Senat jedenfalls für den Fall einer Personengesellschaft als Besitzgesellschaft – nur diesen hatte der Senat zu entscheiden – nicht mehr fest (Änderung der Rechtsprechung). Denn es sind jedenfalls in diesem Fall keine sachlichen Gründe für eine Unterscheidung zwischen einer mittelbaren Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft am Betriebsunternehmen und einer solchen am Besitzunternehmen ersichtlich. Ist es für die personelle Verflechtung entscheidend, dass die Geschicke des Besitzunternehmens ...