LfSt Rheinland-Pfalz v. 25.1.2017, S 3106/S 3192 A - St 32 4
Anlage: Schaubild Bekanntgabe in der Bedarfsbewertung
Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt demjenigen bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen ist. Diese (natürliche oder juristische) Person wird als Inhaltsadressat bezeichnet. § 122 AO gilt für alle Steuerverwaltungsakte, somit auch für Feststellungsbescheide. Inhaltsadressat ist dabei der Feststellungsbeteiligte, gegen den sich die Feststellung richtet. Die Person des Inhaltsadressaten kann sich vom Bekanntgabeadressaten (z.B. gesetzlicher Vertreter einer natürlichen Personen) und vom Empfänger des Verwaltungsakts (Empfangsbevollmächtigter, z.B. Steuerberater) unterscheiden. Weitere allgemeine Ausführungen finden sich im AEAO zu § 122, Nr. 1.
Die jüngste BFH-Rechtsprechung zur Bekanntgabe von Feststellungsbescheiden bei Erbengemeinschaften (BFH-Urteil vom 30.9.2015, BStBl 2016 II S. 637) führt zu einem verfahrensrechtlichen Auseinanderfallen der Handhabung in der Einheits- und der Bedarfsbewertung. Während der BFH in o.a. Urteil klarstellt, dass bei erforderlicher Bedarfsbewertung alle Miterben Inhaltsadressaten sind, ist dies in den Fällen der Einheitsbewertung weiterhin die Erbengemeinschaft. Dies bietet Anlass, die unterschiedliche Bekanntgabe von Einheits- und Bedarfswertbescheiden für Bruchteils- und Gesamthandsgemeinschaften darzustellen. Die Ausführungen unter Tz. I. Bedarfsbewertung richten sich dabei neben den Bewertungsstellen auch an die Zentralstellen für Unternehmensbewertung.
Das Zivilrecht unterscheidet bei gemeinsamen Eigentum mehrerer Personen im Wesentlichen zwischen Miteigentum nach Bruchteilen und Gesamthandseigentum.
- Beim Miteigentum nach Bruchteilen (§ 741 BGB) steht jedem der Miteigentümer ein ideeller Anteil an dem Gegenstand zu. Bekanntes Beispiel sind gemeinschaftlich angeschaffte Sachen von Ehegatten in Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB).
- Beim Gesamthandseigentum steht jedem Miteigentümer nur ein Anteil am gemeinschaftlichen Vermögen, nicht an der einzelnen Sache zu. Zu den Gesamthandsgemeinschaften gehören (abschließend) die GbR (§§ 705, 718 BGB), die OHG (§ 105 Abs. 2 HGB), die KG (§ 161 Abs. 1 HGB), die Partnerschaftsgesellschaft (§ 1 Abs. 1 PartGG), die allgemeine Gütergemeinschaft (§ 1416 Abs. 1 BGB), die fortgesetzte Gütergemeinschaft (§ 1483 BGB) und die Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB).
I. Bedarfsbewertung
1. Vermögensübergang auf Erbengemeinschaft – Erblasser war Alleineigentümer
War der Erblasser Alleineigentümer einer wirtschaftlichen Einheit und geht das Eigentum daran auf mehrere Erben als Gesamtrechtsnachfolger über, ist der Wert nach § 151 Abs. 1 BewG gegenüber der Erbengemeinschaft in Vertretung der Miterben gesondert und einheitlich festzustellen (BFH-Urteil vom 30.9.2015, BStBl 2016 II S. 637). Inhaltsadressaten der Feststellung sind die Miterben, für deren Besteuerung die Werte nach § 151 Abs. 1 BewG von Bedeutung sind und die daher alle im Bescheid namentlich aufzuführen sind (vgl. gleich lautende Ländererlasse vom 15.6.2016, BStBl 2016 I S. 758). Die Bekanntgabe richtet sich nach §§ 122, 183 AO.
Grundsätzlich müsste nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ein solcher Feststellungsbescheid allen Miterben einzeln bekannt gegeben werden. Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 AO sollen die Feststellungsbeteiligten jedoch in Fällen der einheitlichen und gesonderten Feststellung einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten (§ 80 AO) benennen. An einen solchen kann in der Folge ein Feststellungsbescheid mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten (Inhaltsadressaten) bekannt gegeben werden.
a) Benennung Empfangsbevollmächtigter gem. § 183 Abs. 1 Satz 1 AO
Eine besondere Form für die Vollmachtserteilung ist nicht vorgesehen (BFH-Urteil vom 15.11.1991 VI R 81/89, BStBl 1992 II S. 224). Nach der Rdvfg. vom 12.2.1998, S 3014 A – St 44 1 wurde es daher regelmäßig als ausreichend angesehen, wenn die Feststellungserklärung, mit der zugleich eine Empfangsvollmacht für alle Beteiligten angezeigt wird, nur von einem Beteiligten unterschrieben ist.
An dieser Auffassung ist mit Neugestaltung des Erklärungsvordrucks „BBW 1 – Personendaten – Stand März 2016” nicht mehr festzuhalten. Der neue Vordruck sieht in Zeile 56 zur Anzeige einer Empfangsvollmacht nunmehr die Unterschriften der übrigen Beteiligten vor. Zwar gelten weiterhin die vom BFH entwickelten Grundsätzen zur Formfreiheit der Vollmachtserteilung. Die Verwaltung muss sich aber im Zweifel an ihrem eigenen Vordruck messen lassen. Von einer Empfangsvollmacht ist aufgrund der aktuellen Vordruckgestaltung daher nur dann auszugehen, soweit dem Finanzamt auch die Unterschriften der übrigen Beteiligten vorliegen oder diese zwar auf dem Vordruck fehlen, der Bevollmächtigte aber auf andere Weise (z.B. in einem Begleitschreiben) glaubhaft versichert, von einzelnen oder allen Beteiligten zum Empfangsbevollmächtigten ernannt worden zu sein. Angehörige der steuerberatenden Berufe genießen in diesem Zusammen...