Leitsatz
1. Die Eigenschaft als Betriebsvermögen i.S.d. § 13a Abs. 1 und 4 ErbStG a.F. geht nicht allein deshalb verloren, weil die künstlerische Tätigkeit aufgrund ihrer höchstpersönlichen Natur von den Erben nicht fortgesetzt werden kann.
2. Ist bei einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Versagung des Freibetrags nach § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. das FG der Ansicht, die Voraussetzungen für die Gewährung des Freibetrags seien zunächst erfüllt gewesen, hat es bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte zu prüfen, ob der Freibetrag gem. § 13a Abs. 5 ErbStG a.F. ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit weggefallen ist.
Normenkette
§ 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 5 ErbStG a.F.
Sachverhalt
Die Klägerin erbte 2004 vom Vater, einem freiberuflich tätigen Kunstmaler, dessen Betriebsvermögen, das neben einem Pkw und der Geschäftsausstattung auch dessen Ölbilder, Arbeiten auf Papier und Radierungen umfasste. Sie machte der Öffentlichkeit die Werke zugänglich und betrieb weiter deren Verkauf.
Das FA versagte ihr den Freibetrag nach § 13a ErbStG, da die freiberufliche Tätigkeit des Vaters zwangsläufig mit seinem Tod geendet habe. Das FG gab der Klage statt (FG Münster, Urteil vom 25.10.2007, 3 K 4323/05 Erb, Haufe-Index 1855235, EFG 2008, 398).
Entscheidung
Der BFH verneinte, dass der Tod des Vaters zwangsweise zu einer Betriebsaufgabe geführt habe, verwies aber die Sache an das FG zurück, da noch zu prüfen sei, ob der Freibetrag gem. § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG durch den Verkauf der Werke ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit weggefallen sei. Darin läge jeweils ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO, das vom FG bereits im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen wäre (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).
Hinweis
1. Der Tod eines freiberuflich tätigen Künstlers führt nicht zwangsläufig dazu, dass sein Betriebsvermögen zu Privatvermögen wird. Vielmehr kann der Betrieb trotz der höchstpersönlichen Natur der künstlerischen Tätigkeit als freiberuflicher Betrieb auf die Erben übergehen. Der Tod des Künstlers bewirkt zwar eine Betriebseinstellung, muss aber noch keine Betriebsaufgabe bedeuten. So gehören etwa der Verkauf der Werke durch die Erben und die Präsentation zum Verkauf noch zur Betriebsabwicklung. Sollten aber die nachgelassenen Werke objektiv wertlos und sonstiges Betriebsvermögen ins Privatvermögen übernommen worden sein, läge eine Betriebsaufgabe vor.
2. Diese Grundsätze gelten auch für das Betriebsvermögen i.S.d. § 13a ErbStG. Die Steuervergünstigungen nach dieser Vorschrift, die voraussetzen, dass das erworbene Vermögen durchgehend vom Erblasser/Schenker hin zum Erwerber Betriebsvermögen gewesen und geblieben ist, haben ihre Rechtfertigung zwar in der "Fortführung" und "Aufrechterhaltung" des Betriebs des Erblassers/Schenkers – so das BVerfG in seiner Entscheidung vom 22.06.1995, 2 BvR 552/91 (BVerfGE 93, 671 unter C.I. 2. b bb) –; im Fall einer höchstpersönlichen, weil künstlerischen Betätigung kann jedoch nicht gefordert werden, dass der Erwerber die künstlerische Tätigkeit fortsetzt. Die Vergünstigungen sind betriebs-, nicht tätigkeitsbezogen.
3. Werden allerdings innerhalb der gesetzlichen Behaltensfrist wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert, ist insoweit gem. § 13a Abs. 5 Nr. 1 S. 2 ErbStG eine Nachversteuerung vorzunehmen. Es liegt dann jeweils ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 S. 1 AO vor. Die zum Verkauf bestimmten Werke eines Künstlers stellen wesentliche Betriebsgrundlagen dar. Bei der Nachversteuerung hat die Korrektur der ursprünglichen Steuerfestsetzung nicht anhand der Preise zu erfolgen, die für die verkauften Werke erzielt wurden, sondern anhand der Werte, zu denen diese Werke in die Steuerfestsetzung eingegangen waren.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.05.2009 – II R 53/07