Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkter Abzug von Vorsorgeaufwendungen bei Arbeitnehmern
Leitsatz (NV)
1. Eine zur Vorbereitung der neun Tage später statt findenden mündlichen Verhandlung gesetzte Frist gemäß § 79b Abs. 2 und Abs. 3 FGO von über drei Wochen zur Vorlage einer Spendenbescheinigung ist ausreichend.
2. Die Frage, ob der beschränkte Abzug von Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 3 EStG bei Arbeitnehmern verfassungsgemäß ist, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht; der erkennende Senat hat die Verfassungsmäßigkeit bejaht (Rechtsprechung).
3. Die Rechtsposition des Klägers bleibt gesichert, wenn der angefochtene Steuerbescheid hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen für vorläufig erklärt worden ist.
Normenkette
FGO § 79b Abs. 2-3, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 155; ZPO § 251; AO 1977 § 165 Abs. 1; EStG § 10 Abs. 3, § 33a Abs. 1a
Verfahrensgang
FG Nürnberg (Urteil vom 30.06.2004; Aktenzeichen III 248/2003) |
Gründe
Gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision müssen innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des Urteils dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 FGO).
1. Die Revision ist im Streitfall nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.
a) Die vom Finanzgericht (FG) gemäß § 79b Abs. 2 und 3 FGO gesetzte Frist von über drei Wochen zur Vorlage von Beweismitteln diente der Vorbereitung der neun Tage nach Fristablauf stattfindenden mündlichen Verhandlung und war ausreichend. Das FG hat im Übrigen die Klage insoweit nicht deshalb abgewiesen, weil der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ordnungsgemäße Spendenbescheinigungen verspätet vorgelegt habe, sondern weil er diese vor Schluss der mündlichen Verhandlung überhaupt nicht vorgelegt habe.
b) Unbegründet ist die Rüge des Klägers, das FG hätte das Ruhen des Verfahrens anordnen müssen. Nach § 155 FGO i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung (ZPO) hat das Gericht --bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen-- das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn dies von beiden Parteien beantragt wird. Im Streitfall hatte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--), dies aber nicht beantragt. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass das FG ermessensfehlerhaft das Verfahren nicht gemäß § 74 FGO ausgesetzt habe (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 74 Rz. 7, m.w.N.).
2. Die Revision ist auch nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Wird die Beschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet, so muss in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausgestellt und --unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Literatur-- deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert dargetan werden (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 26, 32, m.w.N.). Ist eine Rechtsfrage bereits vom BFH geklärt worden, so besteht im Allgemeinen kein Klärungsbedarf mehr. In einem solchen Fall bedarf es daher besonderer Ausführungen, warum eine nochmalige höchstrichterliche Entscheidung notwendig erscheint (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 27 f., m.w.N.).
a) Soweit der Kläger geltend macht, der Wegfall des "Besucherfreibetrags" nach § 33a Abs. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. führe zu einer verfassungswidrigen Besteuerung und ihm sei ein allgemeiner Pauschbetrag zur Kontaktpflege mit seinem bei der Mutter lebenden Kind einzuräumen, hätte er nicht allein auf das beim BFH anhängige Verfahren VI R 69/01 verweisen dürfen, sondern auch zu dem BFH-Urteil vom 24. Juni 2004 III R 141/95 (BFH/NV 2004, 1635) und insbesondere dem bereits vom FG angeführten BFH-Urteil vom 28. März 1996 III R 208/94 (BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54) Stellung nehmen und darlegen müssen, warum eine weitere Entscheidung des BFH geboten sei.
b) Die Frage, ob der beschränkte Abzug von Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 3 EStG bei Arbeitnehmern verfassungsgemäß ist, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Der erkennende Senat hat die Verfassungsmäßigkeit bejaht (vgl. BFH-Urteile vom 16. Oktober 2002 XI R 41/99, BFHE 200, 529, BStBl II 2003, 179; vom 11. Dezember 2002 XI R 17/00, BFHE 201, 437, BStBl II 2003, 650; vom 22. Juli 2003 XI R 23/01, BFH/NV 2003, 1569; Beschlüsse vom 11. Juli 2003 XI B 68/01, BFH/NV 2003, 1567; vom 24. Juli 2003 XI B 51/01, BFH/NV 2003, 1573; vom 30. März 2004 XI B 209/03, BFH/NV 2004, 1102).
Die grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) dieser Frage ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil beim Bundesverfassungsgericht gegen das BFH-Urteil in BFHE 200, 529, BStBl II 2003, 179 die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 274/03 und gegen das BFH-Urteil in BFHE 201, 437, BStBl II 2003, 650 die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 912/03 anhängig sind. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ist der angefochtene Steuerbescheid hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG) gemäß § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) für vorläufig erklärt worden. Deshalb bleibt die Rechtsposition des Klägers trotz der aufgrund dieses Beschlusses eintretenden Rechtskraft des angefochtenen Urteils (§ 116 Abs. 5 Satz 3 FGO) gesichert (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1102).
Dass die Formulierung des noch im Einspruchsverfahren angebrachten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. September 1997 X R 87/94, BFH/NV 1998, 560) Vorläufigkeitsvermerks nicht den Belangen des Klägers genüge, hat er zwar vorgetragen aber nicht substantiiert dargelegt.
3. Soweit der Schriftsatz des Klägers dahin gehend auszulegen ist, dass er eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens beantragen wollte, ist dem nicht zu folgen. Es ist nicht ersichtlich, welches andere Verfahren vorgreiflich für die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision sein sollte und ihn an der Darlegung eines Zulassungsgrundes i.S. des § 115 Abs. 2 FGO hindern sollte.
Die weiteren Anträge des Klägers, die Vorentscheidung aufzuheben, über die Ruhensanträge zu entscheiden und hinsichtlich der Ausschlussfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, sind in diesem Verfahren nicht statthaft. Eine Herabsetzung der Steuer aus Billigkeitsgründen kommt im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gleichfalls nicht in Betracht.
Fundstellen
Haufe-Index 1489352 |
BFH/NV 2006, 929 |