Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein weiterer Klärungsbedarf der Verfassungsmäßigkeit des Kinderleistungsausgleichs im Veranlagungszeitraum 1992
Leitsatz (NV)
Die hinreichend substantiierte Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zur Verfassungsmäßigkeit des Kinderleistungsausgleichs im Veranlagungszeitraum 1992 erfordert angesichts der ergangenen verfassungsgerichtlichen und der höchstrichterlichen Rechtsprechung unter Einbeziehung der umfangreichen Äußerungen im Fachschrifttum eine Auseinandersetzung, inwieweit gleichwohl ein weiterer oder gegebenenfalls sogar ein erneuter Klärungsbedarf bestehen soll.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3; EStG § 32 Abs. 6
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und war durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Da das angefochtene Urteil dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bereits am 4. Juli 2000 zugestellt worden ist, richtet sich nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) die Zulässigkeit der Beschwerde nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften.
Die Beschwerde legt weder eine grundsätzliche Bedeutung hinsichtlich bestimmter Rechtsfragen hinreichend substantiiert dar noch bezeichnet sie einen Verfahrensmangel entsprechend den gesetzlichen Anforderungen nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.
2. a) Die Beschwerde beanstandet nach Art einer Revisionsbegründung eine unrichtige oder unzulängliche materiell-rechtliche Prüfung des Klagebegehrens des Klägers durch das Finanzgericht (FG). Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils sind indes nicht geeignet, die in § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO a.F. abschließend aufgeführten Gründe, die erst zur Zulassung einer Revision führen sollen, zu belegen (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 24. April 1998 X B 155/97, BFH/NV 1998, 1331, m.w.N.; vom 14. Mai 1998 X B 164/97, BFH/NV 1999, 29).
b) Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. muss in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden. Dazu genügt die bloße Behauptung, der Streitsache komme grundsätzliche Bedeutung zu, nicht. Es muss vielmehr dargetan werden, dass es sich um bestimmte Rechtsfragen handelt, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung dem Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts dient. Dazu muss die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Juli 1997 XI B 13/97, BFH/NV 1998, 54).
Es fehlt bereits an der eindeutigen Herausstellung bestimmter klärungsbedürftiger Rechtsfragen. Insbesondere aber hat es der Beschwerdeführer unterlassen, unter Darstellung der zu den materiell-rechtlich beanstandeten Punkten bereits vom FG teilweise zitierten verfassungsgerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie unter Berücksichtigung der umfassenden Äußerungen im Fachschrifttum herauszuarbeiten, inwieweit ein weiterer oder gegebenenfalls auch erneuter Klärungsbedarf bestehen soll. Schließlich hat der Beschwerdeführer seine Einwendungen auf den konkreten Streitfall bezogen und damit in keiner Weise eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dargelegt (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Juli 1997 I B 133/95, BFH/NV 1998, 55).
Der Senat verweist zu den einzelnen Problembereichen auf folgende Entscheidungen: Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 29. Mai 1990 1 BvL 20 und 26/84; 4/86, BVerfGE 82, 60, 84, BStBl II 1990, 653, unter Abschn. C III. 1. kann eine für verfassungswidrig erachtete Rechtslage, die sich aus dem Zusammenwirken mehrerer Einzelregelungen ergibt, grundsätzlich anhand jeder der betroffenen Normen zur verfassungsgerichtlichen Prüfung gestellt werden (vgl. ebenso BVerfG-Beschluss vom 12. Juni 1990 1 BvL 72/86, BStBl II 1990, 664, unter Abschn. C I. 1.).
Nach dem Urteil des BVerfG vom 3. November 1982 1 BvR 620, 1335/78; 1104/79 und 363/80, BVerfGE 61, 319, BStBl II 1982, 717, unter Abschn. C I. 4.a der Gründe, entspricht das Splittingverfahren nicht nur dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, sondern ist verfassungsrechtlich durch dieses Prinzip geboten und durch Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützt (vgl. auch Seeger/Schmidt, Einkommensteuergesetz, 20. Aufl., § 26 Rz. 1, m.w.N.; ferner BVerfG-Beschluss vom 10. November 1998 2 BvR 1057/91; 1226/91 und 980/91, BStBl II 1999, 182, unter Abschn. B II. 3. der Gründe).
Eine Verpflichtung, Unterhaltsaufwendungen für Kinder über deren Existenzminimum hinaus zusätzlich in Höhe der von der individuellen wirtschaftlichen Situation der Familie abhängenden bürgerlich-rechtlichen Ansprüche auf angemessenen Unterhalt zu berücksichtigen, besteht von Verfassungs wegen nicht (vgl. BVerfG-Beschluss in BStBl II 1990, 653, unter Abschn. C III. 3. d der Gründe; ferner Urteil des erkennenden Senats vom 15. Mai 1997 III R 4/96, BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720, unter Ziff. 1 b bb der Gründe, m.w.N. und dort auch zur zwangsläufig degressiven Entlastung durch Kinderfreibeträge bei einem progressiven Einkommensteuertarif, dazu ebenfalls BVerfG-Beschluss in BStBl II 1990, 653, unter Abschn. C III. 3. c der Gründe).
Schließlich ergibt sich aus wiederholten Ausführungen des BFH, dass erst ab einem deutlich oberhalb des für den Beschwerdeführer individuell vom FG ermittelten und von ihm auch nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angegriffenen Grenzsteuersatzes von rd. 24 v.H. die Regelung in § 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in die verfassungsrechtliche Unvereinbarkeit hinein wachsen kann. Im Beschluss vom 14. Januar 2000 VI B 13/98 (BFH/NV 2000, 835, m.w.N.) hat der BFH ausgeführt, die Rechtsfrage, in welcher Höhe im Streitjahr 1992 Kinderfreibeträge zu gewähren seien, sei durch die Beschlüsse des BVerfG in BStBl II 1999, 182 und deren Umsetzung durch § 53 des EStG i.d.F. des Gesetzes zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2552, BStBl I 2000, 4) geklärt. Deshalb habe die Frage keine grundsätzliche Bedeutung mehr (ferner Beschlüsse des BFH vom 4. Mai 1999 VI B 9/98, BFH/NV 1999, 1328, zum Veranlagungszeitraum 1992 betreffend zusammen veranlagte Eheleute mit zwei Kindern; vom 23. September 1999 VI B 24/98, BFH/NV 2000, 318, betreffend Veranlagungszeitraum 1992 bei nicht zusammen veranlagten Elternteil mit zwei Kindern; Beschluss zur Aufforderung des Bundesministeriums der Finanzen zum Beitritt vom 29. Januar 1999 VI R 176/90, BFHE 188, 48, BStBl II 1999, 233).
Schließlich hat das BVerfG im Beschluss in BStBl II 1990, 653, unter Abschn. C III. 3. a der Gründe, erkannt, dass die unvermeidbaren Sonderbelastungen durch Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern nur in Höhe des realitätsgerecht zu bemessenden Existenzminimums grundsätzlich keine Aufwendungen im privaten Bereich darstellten, die nach der Grundregel des § 12 Nr. 1 EStG steuerlich als allgemeine Kosten der Lebensführung nicht abzugsfähig seien.
Die Beschwerde setzt sich mit dieser gesamten umfangreichen Judikatur in keiner Weise auseinander.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO n.F. ab.
Fundstellen
Haufe-Index 604595 |
BFH/NV 2001, 1256 |