Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei NZB wegen Duldungsbescheid
Leitsatz (NV)
Bei Rechtsstreitigkeiten wegen Duldungsbescheiden ist der Streitwert auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nach der Forderung zu bemessen, wegen der durch den Duldungsbescheid die Anfechtung nach dem AnfG erfolgt ist.
Normenkette
AnfG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 7; AO 1977 § 191 Abs. 1; GKG § 13 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
R trat der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) Rückgewährungsansprüche und Eigentümergrundschulden aus der Grundschuld zugunsten einer Bank in Höhe von insgesamt 2 Mio. DM ab. Er schuldete dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) aus verschiedenen -- teils bestandskräftigen -- Bescheiden insgesamt rd. 1 500 000 DM. Mit zwei Duldungsbescheiden focht das FA gegenüber der Klägerin die vereinbarte Abtretung gestützt auf § 191 der Abgabenordnung (AO 1977) i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) an. Die von der Klägerin gegen die Duldungsbescheide eingelegten Einsprüche und die Klage hatten keinen Erfolg. Der Senat wies die von der Klägerin eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision als unbegründet zurück, erlegte der Klägerin die Kosten des Verfahrens auf und setzte den Streitwert auf 1 500 000 DM fest.
Die Klägerin hält den festgesetzten Streitwert für zu hoch und bittet, ihn niedriger festzusetzen. Sie meint, der Wert der Steuerforderungen des FA sei niedriger als die geltend gemachten rd. 1 500 000 DM. R werde aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowohl z. Zt. als auch voraussichtlich in aller Zukunft nicht in der Lage sein, eine Verbindlichkeit in derartiger Größenordnung jemals zu begleichen. Inzwischen sei es zwischen R und dem FA in Verbindung auch mit den Ansprüchen der Klägerin dahingehend zu einer vergleichsweisen Einigung gekommen, daß die Söhne des R auf dessen Steuerschulden einen Betrag von 150 000 DM zahlen, während sich das FA im Gegenzuge verpflichtet habe, nach Zahlung dieses Betrages im Verteilungstermin des Verfahrens über die Zwangsversteigerung des Grundstücks des R keinerlei Forderungen mehr anzumelden. Die Klägerin selbst habe in diesem Verfahren 80 000 DM angemeldet.
Entscheidungsgründe
Der Senat sieht keine Veranlassung, den mit Beschluß vom ... festgesetzten Streitwert von 1 500 000 DM gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) zu ändern. Die gegen die Festsetzung des Streitwerts vorgebrachten Bedenken der Klägerin greifen nicht durch.
Im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist der Streitwert regelmäßig nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Bedeutung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ist für die Klägerin identisch mit der Bedeutung des Revisionsverfahrens selbst, weil für sie nur nach Zulassung der Revision die Möglichkeit besteht, daß das sie beschwerende Urteil des Finanzgerichts (FG) auf gehoben wird. Demnach entspricht der Streitwert des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde dem voraussichtlichen Streitwert des angestrebten Revisionsverfahrens (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. Oktober 1991 VII S 48/91, BFH/NV 1992, 262). Es ist davon auszugehen, daß mit einer Revision die Aufhebung des die Klage abweisenden finanzgerichtlichen Urteils und die Aufhebung der Duldungsbescheide und Einspruchsentscheidungen erreicht werden sollte. Der Streitwert ist deshalb auch in diesem Fall nach der Bedeutung zu bemessen, die die Duldungsbescheide für die Klägerin haben.
Bei Rechtsstreitigkeiten wegen Duldungsbescheiden (§ 191 Abs. 1 AO 1977) ist der Streitwert grundsätzlich nach der Forderung zu bemessen, wegen derer durch den Duldungsbescheid die Anfechtung nach dem AnfG erfolgt ist. Zwar wurde mit den Duldungsbescheiden nicht unmittelbar die Begleichung der Forderungen des FA gegen R durch die Klägerin gefordert. Die durch die Duldungsbescheide ausgesprochene Anfechtung der in Rede stehenden Abtretung von Rechten des R an die Klägerin (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG) diente dem FA aber dazu, gemäß § 7 AnfG eine Befriedigung seiner Forderungen gegen R aus den der Klägerin abgetretenen Rechten zu erlangen. Deshalb wird die Klägerin durch die Duldungsbescheide in Höhe der Forderungen, derentwegen die Duldungsbescheide ergangen sind, belastet (vgl. BFH-Entscheidung vom 11. Oktober 1988 VII E 6/88, BFH/NV 1989, 383). Der Umfang dieser Belastung ist unabhängig davon, ob das FA angesichts der Vermögensverhältnisse des Haftungs- und Steuerschuldners R seine Forderungen in voller Höhe gegen diesen durchsetzen könnte. Denn gerade weil unsicher ist, ob die Vollstreckung der Forderungen in das Vermögen des R erfolgreich sein wird, sind die Duldungsbescheide gegen die Klägerin ergangen.
Die Belastung der Klägerin durch die Duldungsbescheide wäre allerdings geringer zu bewerten, wenn der Wert der der Klägerin abgetretenen Rechte niedriger als die Forderungsbeträge wäre, wegen derer die Duldungsbescheide ergangen sind. Denn aufgrund des Duldungsbescheides wäre die Klägerin gemäß § 191 Abs. 1 AO 1977 i. V. m. § 7 AnfG nur verpflichtet, die Vollstreckung in die ihr abgetretenen Rechte zu dulden (vgl. BFH-Urteil vom 2. März 1983 VII R 120/82, BFHE 138, 10, BStBl II 1983, 398). Auch in ihrem Schriftsatz, mit dem sich die Klägerin gegen die Höhe des festgesetzten Streitwertes wendet, hat sie jedoch nichts vorgetragen, was darauf schließen läßt, daß der Wert der ihr abgetretenen Rechte niedriger als die Beträge der Forderungen ist, derentwegen die Duldungsbescheide ergangen sind.
Ein inzwischen möglicherweise zwischen R und dem FA zustande gekommener Vergleich bezüglich der Anmeldung von Forderungen des FA im Verteilungstermin kann auf die Bemessung des Werts der streitig gewesenen Duldungsbescheide keinen Einfluß haben.
Fundstellen
Haufe-Index 421174 |
BFH/NV 1996, 433 |